Jürgen Klopp kämpfte mit den Tränen, überstand das rauschende Abschiedsfest aber erstaunlich souverän. Auf seiner Ehrenrunde entlang der bebenden Tribünen ließ sich der Dortmunder Coach bewusst viel Zeit und genoss die Ovationen des Publikums. Doch als der größte Trubel überstanden und die meisten Fans nach dem 3:2 (3:1) über Bremen längst auf dem Heimweg waren, wurde er doch noch einmal richtig sentimental. Bei der Antwort auf die Frage, was er in Zukunft am meisten vermissen werde, geriet seine Stimme kurz ins Stocken: "Ich liebe dieses Stadion." Rührselig fügte er an: "Das war eine der besten Geschichten im Fußball, von der ich je gehört habe."
Um sich einen ähnlich tränenreichen Schlussakt wie 2008 in Mainz zu ersparen, als er seine Rede vor tausenden Fans sichtlich bewegt mehrfach unterbrechen musste, griff Klopp in die Regie ein. Auf persönlichen Wunsch wurden seine Abschiedsworte vorher aufgezeichnet und nach dem Schlusspfiff über Videowände ausgestrahlt. "Zu etwas anderem wäre ich auch nicht in der Lage gewesen", bekannte er.
Gleichwohl traf Klopp den richtigen Ton und pflegte seinen Ruf als "Menschenfänger": "Ich habe jede Minute hier genossen und nehme einen großen Sack voller positiver Erinnerungen mit." Doch bevor er den Verein nach sieben Jahre echter Liebe verlässt, will er noch einmal auf einem Autokorso durch Dortmund fahren - als jubelnder Pokalsieger: "Vielleicht sehen wir uns ja am Sonntag noch einmal in der City - da hätte ich richtig Bock drauf."
Dass selbst die Bremer Fans nach der Partie noch minutenlang im Stadion verweilten und ihm bei der Ehrenrunde Applaus spendeten, erfüllte Klopp mit Stolz: "Wertschätzung tut gut. Ich bin auch nur ein Mensch."
Es passte zur Dramaturgie eines standesgemäßen Abschieds, dass im Schlussspurt einer schwierigen Saison mit zwischenzeitlicher Abstiegsgefahr doch noch die Qualifikation für die Europa League glückte. Die Tore von Shinji Kagawa (15.), Pierre-Emerick Aubameyang (17.) und Henrich Mchitarjan (41.) machten die imposante Aufholjagd von Rang 18 auf Platz sieben perfekt.
Das versüßte auch Sebastian Kehl den Abschied, der nach mehr als 13 Jahren beim BVB seine Karriere beenden wird. "Diesen Tag werde ich sicherlich nie vergessen", kommentierte der Routinier. Auf Wunsch des derzeitigen Spielführers Mats Hummels lief Kehl noch einmal als Kapitän der Borussia auf. Klopp und Dortmund: Eine Liebesbeziehung endet
Fragen nach seiner sportlichen Zukunft musste Kehl nicht mehr beantworten - ganz anders als Klopp. Kaum war die Partie vorbei, blühten die Spekulationen über seine Zukunft. Die Frage, ob für ihn ein Engagement beim FC Bayern vorstellbar sei, parierte Klopp gewohnt souverän: "Wieso soll ich mir das nicht vorstellen können? Ich bin Fußballtrainer und will noch eine Weile arbeiten." Diese Antwort löste vor allem im Internet einen Hype aus. Und das, obwohl die Münchner die kommende Saison mit Pep Guardiola planen.
Im Gegensatz zu den Dortmundern blieb Werder das ersehnte Happy End trotz der Treffer von Levin Mete Öztunali (26.) und Theodor Gebre Selassie (85.) verwehrt. Aus seinem Frust über den Sturz von Rang acht auf zehn machte Manager Thomas Eichin keinen Hehl: "Das kommt uns vor, als hätten wir bei den Olympischen Spielen den vierten Platz belegt. Es ist ein bisschen enttäuschend." Wie die Dortmunder hatten sich auch die Bremer aus dem Tabellenkeller nach oben gearbeitet und mit Europa geliebäugelt. Zumindest in einer Hinsicht konnte Eichin der Niederlage positive Seiten abgewinnen: "Dann wachsen die Bäume bei uns im Hinblick auf die nächste Saison nicht in den Himmel." dpa