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Biathlon-WM: Magdalena Neuner: Vom Winde verweht

Biathlon-WM

Magdalena Neuner: Vom Winde verweht

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    Magdalena Neuner haderte mit ihrer Schießleistung im Einzelrennen der Biathlon-WM.
    Magdalena Neuner haderte mit ihrer Schießleistung im Einzelrennen der Biathlon-WM. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Weg, einfach nur weg. Magdalena Neuner eilte schnellen Schrittes an den Kameras, Mikrofonen und Notizblöcken der Journalisten vorbei. Einem Betreuer drückte sie Skier, Stöcke und Gewehr in die Hand, dann verschwand sie erst einmal in den Katakomben der Chiemgau-Arena. Das Rennen lief noch, aber eines war klar: Neuners Traum von sechs Medaillen ist geplatzt. Im gestrigen Einzelrennen schoss die 25-Jährige gleich im ersten Anschlag zweimal vorbei. Das bedeutet zwei Strafminuten. Am Ende standen gar sechs Fehler und Platz 23. Ganz vorne zog die Norwegerin Tora Berger einsam ihre Kreise. Mit nur einem Fehler holte sie Gold vor Marie Laure Brunet (Frankreich) und Helena Ekholm (Schweden).

    Neuners Lächeln kehrt zurück

    Die Biathlon-Disziplinen im Überblick

    Biathlon kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie «Doppelkampf» - Skilaufen und Schießen im Wechsel. Die erste offizielle Weltmeisterschaft fand 1958 im österreichischen Saalfelden statt, aber nur für die Männer. Die Frauen kämpfen seit 1984 um WM-Medaillen. 1960 wurde es mit dem Männer-Einzel olympisch. Erst 1992 folgten die Damen. Derzeit sind Einzel, Verfolgung, Sprint, Massenstart und Staffeln olympisch. Ab 2014 ist auch die Mixed-Staffel im Olympia-Programm.

    Einzel: Der älteste Biathlon-Wettkampf ist mit 15 Kilometern bei den Damen sowie 20 Kilometern bei den Männern der längste. Viermal wird geschossen, zweimal liegend, zweimal stehend - im Wechsel. Pro Fehlschuss gibt es eine Strafminute. Der Zeitschnellste gewinnt. Der Fokus liegt auf dem Schießen, gute Schützen haben die besten Siegchancen. Erster Olympiasieger war der Schwede Klas Lestander, Weltmeister 1958 wurde in Adolf Wiklund ebenfalls ein Schwede.

    Sprint: Mit 7,5 Kilometern bei den Damen und 10 Kilometern bei den Herren der kürzeste Wettkampf. Erst wird fünfmal liegend geschossen, dann fünfmal stehend. Pro Fehler muss eine Strafrunde von 150 Metern absolviert werden. Starke Läufer können einige Fehler kompensieren und schaffen dennoch den Sprung aufs Podest. Der Zeitschnellste gewinnt.

    Verfolgung: Oder auch Jagdrennen genannt. Der Sieger des Sprints geht als Erster in die Loipe. 10 bzw. 12,5 Kilometer sind zu absolvieren. In den Zeitabständen aus dem Sprintrennen jagt das restliche Feld den Führenden. Viermal wird geschossen, erst zweimal liegend, dann zweimal stehend. Pro Fehler gibt es eine Strafrunde. Wer als Erster das Ziel erreicht, gewinnt.

    Massenstart: Seit 1998 im Weltcup-Programm. Die 30 Bestplatzierten der Weltcup-Wertung dürfen starten. Wie im Massenstart stehen vier Schießeinlagen auf dem Programm, die Laufstrecke beträgt 12,5 bzw. 15 Kilometer. Geht ein Schuss daneben, wartet die Strafrunde. Sieger ist, wer zuerst die Ziellinie überquert.

    Staffel: Gestartet wird im Quartett - die Damen müssen 4 x 6 Kilometer laufen, die Herren 4 x 7,5 Kilometer. Jeder Läufer hat bei seinen zwei Schießeinlagen jeweils drei Nachlader (Zusatzschuss). Reichen diese nicht aus, muss pro nicht getroffener Scheibe eine Strafrunde absolviert werden. Beim Wechsel muss es zwischen den Teamgefährten in der 30 Meter langen Wechselzone einen eindeutigen Körperkontakt geben, sonst droht die Disqualifikation. Der Schnellste gewinnt.

    Mixed-Staffel: Das Quartett besteht aus zwei Damen und zwei Herren. Erst laufen die Damen jeweils 6, dann die Herren jeweils 7,5 Kilometer. Jeder Starter muss zweimal schießen. Es gibt drei Nachlader pro Starter, sonst droht die Strafrunde. Sieger ist das Quartett, welches als erstes im Ziel ist. dpa

    Als sich die drei noch von dem nur mittelmäßig begeisterten Publikum feiern ließen, kehrte Neuner zurück. Mit blauer Mütze, dicker Jacke und einem zaghaften Lächeln im Gesicht. Die Enttäuschung hatte sich nicht lang gehalten. „Das klingt jetzt blöd, aber ich bin froh, dass es kein vierter Platz war. Das wäre noch doofer gewesen. Dann lieber gar nichts“, sagte sie in ihrer charmanten Art. Mit zwei Fehlern im ersten Schießen zu starten, sei für den Kopf nicht ganz einfach gewesen.

    Nach einem fehlerfreien zweiten Anschlag keimte kurzfristig noch einmal Hoffnung auf, dass es vielleicht doch noch für eine Medaille reichen könnte. Im dritten und vierten Schießen allerdings kamen noch vier weitere Fehler dazu. Neuner: „Da war dann irgendwie die Luft raus und ich hatte mit dem Rennen schon abgeschlossen.“

    Das ist Uwe Müßiggang

    Geboren am 5. November 1951 in Pirna

    Karriere als Sportler Mitglied des Biathlon-B-Kaders der DDR.

    Zeit in der DDR: In den 1970ern Trainer der Talentzentren Karl-Marx-Stadt und Dresden. 1980 plant sein Zwillingsbruder einen Fluchtversuch. Müßiggang wird als Mitwisser verhaftet und sitzt ein Jahr im Gefängnis. Danach arbeitet er bis 1984 als Gabelstaplerfahrer, ehe ihm die Ausreise erlaubt wird.

    Neubeginn in Bayern: Von 1984 bis 1988 unterrichtet er in Berchtesgaden, wo er bis heute lebt, als Sportlehrer. Dann wechselt er zum DSV, ist zwei Jahre Männer-Trainer und wechselt 1990 zu den Frauen. Müßiggang macht Deutschland zur führenden Biathlon-Nation. Seit der Saison 2010/2011 ist er Cheftrainer der deutschen Biathleten.

    Ähnlich dürfte es ihren Mannschaftskolleginnen schon nach dem ersten Schießen gegangen sein. Andrea Henkel (20.), Miriam Gössner (36.) und Tina Bachmann (48.) hatten gleich zu Beginn große Probleme, die Projektile im Ziel unterzubringen. Die Trainer rätselten nach dem Rennen über die Gründe. „Alle vier haben nicht auf die veränderten Windverhältnisse reagiert“, befand ein verärgerter Cheftrainer Uwe Müßiggang. Beim Anschießen sei der Wind noch von links gekommen. Kurz nach dem Start allerdings habe er gedreht und sei dann von rechts gekommen. „Das haben wir per Funk auch an die Trainer an der Strecke weitergegeben und die an die Sportlerinnen. Wie die dann reagieren, ist deren Entscheidung.“

    Ricco Groß: Tag zum Abhaken

    Offenbar reagierten sie falsch. Frauentrainer Ricco Groß hatte dafür nur sehr begrenzt Verständnis: „Das ist unerklärlich. Die Bedingungen waren zwar schwierig, aber beherrschbar“, kommentierte er übellaunig die Geschehnisse. „Das war ein Tag zum Abhaken.“

    Ganz so drastisch wollte es Neuner nicht ausdrücken. Mit jedem der insgesamt elf TV-Interviews, das sie in der Mixed-Zone gab, wirkte sie entspannter. Bei den Radiostationen angekommen, hatte sich die gute Laune gefestigt. Und spätestens bei den schreibenden Journalisten, die traditionell ganz am Ende der medialen Verwertungskette stehen, war sie wieder bestens gelaunt. „Es hat heute einfach nicht sollen sein“, sagte sie. Und natürlich sei sie enttäuscht, „aber es geht eigentlich. Das ist halt Biathlon“. Neuner fand sogar noch Positives in ihrem Rennen. „Ich bin gut gelaufen, ich hatte zumindest einen fehlerfreien Anschlag und ich bin vor Darya geblieben – das war es aber auch.“

    Letztgenannte Darya Domratschewa hatte im Vorfeld als große Konkurrentin Neuners im Kampf um Gold gegolten. Aber auch die Weißrussin schoss gleich im ersten Anschlag viermal vorbei und vergab alle Chancen auf eine Medaille. Domratschewa musste sich mit Platz 25 zufriedengeben.

    Feiern durften gestern andere, Tora Berger zum Beispiel. Die neue Weltmeisterin konnte ihr Glück kaum fassen: „Ich habe mich richtig gut gefühlt, es war ein fast perfektes Rennen.“

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