"Ein Kompliment an die Truppe. Sie hat ein Riesenrennen gelaufen", lobte Cheftrainer Uwe Müssiggang seine Gold-Mädels Tina Bachmann, Magdalena Neuner, Miriam Gössner und Andrea Henkel. "Wir haben es allen gezeigt", frohlockte Henkel, die nun acht WM-Titel gewonnen hat. "Hier Weltmeister zu werden, das ist einfach toll", meinte Neuner und freute sich über das vollgemachte Titel-Dutzend.
"Gold-Rosi" Mittermaier sang mit den 28 000 begeisterten Biathlon-Fans "Oh, wie ist das schön", Ehemann Christian Neureuther hielt den schwarz-rot-goldenen Freudenrausch mit der Kamera fest. Und auch Monacos Prinz Albert war hellauf begeistert. Deutschlands höchster Sportfunktionär Thomas Bach befand nach den 4x6 Kilometern, die einem Wechselbad der Gefühle gleichkamen: "Was für ein grandioses Rennen. Toll, dass die Miri die Lena wieder rausgeschossen hat."
Als Andrea Henkel mit ihrem zehnten und letzten Schuss getroffen hatte, gab es am Schießstand bei Bundestrainer Gerald Hönig Freudentränen. Wenig später kniete sein Kollege Ricco Groß an der Strecke im Schnee und huldigte seiner Schlussläuferin. Längst hallten die Sprechchöre der Zuschauer durch das Tal - und Henkels Kolleginnen machten sich für das Freudenfest bereit. Mit der Deutschland-Fahne in der Hand lief die Thüringerin ins Ziel. Das Trio nahm seinen "Gold-Schatz" in den Arm, Gössner und Neuner schnallten Henkel wenig später die Ski ab. Dann machte das Quartett, eingewickelt in die Fahne, die La-Ola-Welle vor der Stahlrohrtribüne. Und die Fans machten begeistert mit.
Über den Coup, den ihr die wenigsten zugetraut hatten, freute sich Gössner wie eine Schneekönigin. "Der war gut, mein Stehendanschlag", sagte sie zu Müssiggang und lachte. Neuners Zimmerkollegin, die in diesem Winter keine tollen Quoten am Schießstand (liegend 72 Prozent, stehend 67 Prozent) aufzuweisen hatte und sich als einzige aus der Gold-Staffel nicht für den Massenstart am Sonntag qualifiziert hat, rettete die Goldmedaille.
So gesehen schenkte Gössner ihrer Freundin Neuner, die nach dem Stehendschießen einmal in die Strafrunde musste, den zwölften WM-Titel. Im Vorjahr war es noch andersherum gewesen. Da hatte Gössner in Chanty-Mansijsk zwei Strafrunden drehen müssen. Neuner, damals Schlussläuferin, hatte vor der letzten Runde über eine Minute zurückgelegen, war über den Schnee geflogen und hatte Gold gewonnen. "Jetzt steht es 1:1", sagte die Rekord-Weltmeisterin.
Bei der Suche nach den Gründen für ihre Fehlschüsse wurde Neuner schnell fündig. "Es ist so schwer in Ruhpolding zu laufen, der flache Anlauf zum Schießstand bringt den Puls so weit runter, dass ich schon nach dem ersten Schuss eine Nähmaschine hatte. Es wäre besser gewesen, schneller zu laufen", sagte Neuner nach ihrem vorletzten WM-Rennen, in dem sie im Windschatten von Anastasiya Kuzmina, der Sprint-Olympiasiegerin aus der Slowakei, geblieben war. "Das war anders geplant", sagte Müssiggang zur Halbzeit der Staffel. Die Sorgenfalten der Trainer waren nicht zu übersehen, denn es drohte eine Diskussion über die taktische Aufstellung der Staffel.
Doch am Ende hatten die Trainer alles richtig gemacht. Denn Gössner zeigte, was sie wirklich kann. Zwei Nachlader im Liegen, einer im Stehen - als Erste übergab die 21-Jährige an Andrea Henkel. "Es war schön, dass ich die letzte Runde genießen konnte und nicht noch Kräfte brauchte für einen harten Zweikampf. Ich dachte, ich kann es mir nur schwer machen, wenn ich am Schießstand nicht das mache, was ich kann", sagte die Staffel-Älteste. Henkel machte es sich einfach mit ihren zehn Treffern - nur erahnen konnte man, wie schwer es wirklich war, diesem Druck standzuhalten.
Henkel macht weiter bis zu den Winterspielen 2014 in Sotschi. Magdalena Neuner, in Ruhpolding nun mit zweimal Gold, einmal Silber und einmal Bronze dekoriert, dagegen bestreitet am Sonntag ihr letztes WM-Rennen. "Ich habe ein gutes Gefühl für den Massenstart und hoffe, dass ich mit fünf Medaillen nach Hause fahren kann", sagte sie. (dpa)