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Basketball: BBL-Finalturnier in München: Ein ungewohntes Erlebnis

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BBL-Finalturnier in München: Ein ungewohntes Erlebnis

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    Ulms Derek Williams zeigte Sehenswertes gegen Frankfurt. Fans in der Arena haben den Dunking aber nicht bejubelt.
    Ulms Derek Williams zeigte Sehenswertes gegen Frankfurt. Fans in der Arena haben den Dunking aber nicht bejubelt. Foto: Markus Ulmer, Eibner

    Wer schon mal ein Profi-Basketballspiel live gesehen hat, kennt das: Die Einlauf-Show der Spieler ist ein Riesenspektakel, von den Rängen hallen die Klatschpappen, die Hallensprecher überschlagen sich fast in ihrer Begeisterung, aber in München läuft es gerade ganz anders.

    Im Audi Dome findet das Finalturnier statt, mit dem die Bundesliga BBL ihre Saison trotz Corona zu einem einigermaßen versöhnlichen Ende bringen möchte. Aus dem Fernsehen weiß man schon, dass die Stimmung gewöhnungsbedürftig ist, wenn man aber als Journalist nach München fährt, um über ein Spiel zu berichten, merkt man erst, wie ungewohnt die ganze Sache wirklich ist.

    Finalturnier der BBL: Sportliche Seite rückt in den Hintergrund

    Es ist Mittwochnachmittag, auf dem Spielplan steht das erste Viertelfinale des Turniers, Frankfurt gegen Ratiopharm Ulm. Am Ende setzen sich die Ulmer deutlich mit 101:61 durch. Der Sieg ist erwartungsgemäß und verschafft dem Team von Trainer Jaka Lakovic eine hervorragende Ausgangsposition für das Rückspiel am Freitagabend. Bester Werfer der Partie ist Dylan Osetkowski (18 Punkte), mit sechs Assists bester Vorlagengeber ist Archie Goodwin. Insgesamt punkten fünf Ulmer zweistellig. Die sportliche Seite rückt vor Ort aber schnell in den Hintergrund, weil die Begleitumstände weltweit wohl beispiellos sein dürften.

    Das Turnier hat eine riesige Signalwirkung für den Basketball in Deutschland. Deshalb soll nichts dem Zufall überlassen werden. Um überhaupt in die Münchner Spielstätte zu dürfen, bedarf es einer Einladung eines der insgesamt zehn Teams, die jeweils einen lokalen Medienvertreter zu einem Spiel mitbringen dürfen. In einem Fragebogen muss bestätigt werden, dass man keine Symptome von Covid-19 aufweist und auch nicht wissentlich mit einem Infizierten Kontakt hatte.

    Journalisten werden durch einen Sprühregen aus Hygienemittel geleitet

    Vor der Halle werden Journalisten durch einen Sprühregen aus Hygienemittel geleitet, müssen anschließend Hände waschen, die Hände desinfizieren und zu guter Letzt wird noch die Temperatur gemessen. „Alles okay“, sagt der Mitarbeiter und gibt den Weg frei zu einem äußerst ungewöhnlichen Basketballspiel: Einen Hallensprecher gibt es zwar schon in München, die Vorstellung der Spieler ist angesichts einer leeren Halle und fehlender Klatschpappen aber weniger mitreißend als gewohnt. Immerhin dröhnt die Musik schön laut aus den Boxen – und weil die unteren Sitzreihen mit großen Werbeplanen überdeckt sind, wirkt die Halle optisch nicht so leer, wie sie es eigentlich ist. Dass die Kampfrichter abgeschirmt hinter einer Plexiglaswand am Spielfeldrand sitzen, rundet den merkwürdigen Eindruck ab.

    Was für einen Reporter schon ein ungewohntes Erlebnis ist, steht in keinem Vergleich zu den Bürden, die Trainer, Spieler und andere Klubmitarbeiter auf sich nehmen müssen für den dreiwöchigen Wettkampf. Sie sind für die komplette Dauer im Münchner Leonardo Hotel untergebracht, das rund acht Kilometer nördlich des Audi Domes liegt, am Rand des Olympiaparks. Vor Ort verraten nur Details wie Fahnen der BBL, dass das Hotel gerade eine besondere Rolle einnimmt.

    Ein Blick von außen ist das höchste der Gefühle, wenn man sich zu dem Domizil begeben hat. Türen lassen sich nur von innen öffnen, wer nicht direkt am sportlichen Geschehen mitwirkt, hat keine Chance, reinzukommen.

    Bretzel: "Quarantäne-Situation macht es besonders"

    Einen Eindruck von innen gibt es nur in den sozialen Netzwerken der Teams und Spieler oder in einem Video des übertragenden Senders Magenta-Sport. 260 Personen sind im Hotel untergebracht. Jedes Team durfte 22 Mitglieder nominieren, die zuvor regelmäßige Tests und negative Corona-Befunde vorweisen mussten.

    Außerdem leben in dem Hotel gerade Schiedsrichter, Liga-Vertreter und ein paar Hotelmitarbeiter. Jeder hat ein Doppelzimmer für sich alleine, nach draußen zum Spazieren oder Radfahren dürfen sie maximal zu dritt, Kontakt zu anderen ist untersagt. Gegessen wird nach einem strengen Zeitplan und Saunieren ist nicht möglich – dort stehen gerade die Waschmaschinen.

    Das dürfte die Sportler vor Ort aber weniger tangieren, die viel größere Angst der Turnierveranstalter lautet: Lagerkoller. Drei Wochen von der Familie getrennt zu sein, in einem sterilen Hotel mit den immer gleichen Leuten – einige Profis haben deshalb in den vergangenen Wochen Bedenken geäußert. „Ich kenne das von anderen Turnieren, aber die Quarantäne-Situation macht es schon besonders“, sagt Ulms Nicolas Bretzel. „Du musst dir ja ganz genau überlegen, was du mit deiner freien Zeit anfangen darfst.“ Deshalb hat das Hotel einen „Play-Room“ eingerichtet für die spiel- und trainingsfreie Zeit. Dort stehen eine Tischtennisplatte, Dartscheiben und sogar ein Golfsimulator. „Sehr wichtig“ sei das, sagt Bretzel. Viele junge Sportler und ein Spielzimmer – wenn jemand von Jugendherbergsgefühlen spricht, trifft es das ziemlich gut. Nur eben mit dem Unterschied, dass die Bewohner vom Rest der Welt abgeschottet werden.

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