Naomi Osaka kamen die Tränen, doch sie war noch nicht fertig. Nach dem unerwartet frühen Ausscheiden bei den US Open wollte der Medien-Verantwortliche die emotionale Pressekonferenz des Tennis-Stars bereits abbrechen. Die 23-Jährige rang um Fassung und Worte, fuhr aber kurz fort. "Ich fühle mich, als wenn ich an diesem Punkt bin, wo ich versuche herauszufinden, was ich machen will", sagte die Titelverteidigerin. "Und ich weiß ehrlich gesagt nicht, wann ich mein nächstes Tennis-Match spiele." Die Japanerin stockte, zog ihre Schirmmütze über ihre Augen, wischte sich übers Gesicht und beendete die Pressekonferenz mit den Worten: "Ich denke, ich werde für eine Weile mit dem Spielen pausieren."
Siege würden sie inzwischen nicht mehr glücklich machen, hatte sie zuvor aufgewühlt erklärt. "Es fühlt sich mehr wie eine Erleichterung an. Und wenn ich dann verliere, bin ich sehr traurig. Ich glaube nicht, dass das normal ist." Die Weltranglisten-Dritte gewährte tiefe Einblicke in ihr Seelenleben. Völlig überraschend war die US-Open-Siegerin von 2018 und 2020 zuvor bereits in der dritten Runde des Grand-Slam-Turniers ausgeschieden. Sie verlor 7:5, 6:7 (2:7), 4:6 gegen die erst 18-jährige Kanadierin Leylah Fernandez.
Einzug ins Viertelfinale bei den US Open: Kerber gegen Fernandez
Damit war auch das mögliche Achtelfinal-Duell mit Angelique Kerber geplatzt. Die Kielerin entschied am Freitag (Ortszeit) in New York den hochklassigen Vergleich zweier ehemaliger Turniersiegerinnen mit der US-Amerikanerin Sloane Stephens 5:7, 6:2, 6:3 für sich. Kerber spielt nun gegen Fernandez um den Einzug ins Viertelfinale - gegen die Nummer 73 der Weltrangliste, die Osaka in Runde drei stoppte.
Vor gut drei Monaten hatte Osaka öffentlich gemacht, dass sie unter Depressionsphasen leide und sich schon einmal eine Auszeit genommen. Die US Open waren für Osaka, die in New York aufgewachsen war, der erste Auftritt bei einem Grand-Slam-Turnier seit den French Open. In Paris hatte sie zunächst angekündigt, Medienrunden nicht wahrnehmen zu wollen. Nach ihrem Sieg in der ersten Runde hatte sie vom Turnier zurückgezogen. Knapp zwei Monate lang hatte die Topspielerin vor den Olympischen Spielen in ihrer Heimat Tokio auf Turniere verzichtet und auch Wimbledon ausgelassen. Bei den Sommerspielen war sie überraschend im Achtelfinale ausgeschieden.
Gegen Fernandez wirkte Osaka fahrig, leistete sich etliche leichte Fehler und ließ ihrem Frust teils freien Lauf. Im dritten Satz schmiss sie gar mehrmals ihren Schläger auf den Hartplatz und schlich mit gesenktem Kopf über die Anlage in Flushing Meadows.
Tennis-Star Osaka lässt Zeitpunkt für ihre Rückkehr offen
Sie habe vergeblich versucht, ruhig zu bleiben, erzählte Osaka später während der Pressekonferenz. "Normalerweise mag ich Herausforderungen, aber in letzter Zeit fühle ich mich sehr verunsichert, wenn es nicht so gut läuft für mich, und ich habe das Gefühl, dass man das auch spürt." Auf dem Platz habe sie sich "wie ein kleines Kind" verhalten. Den Zeitpunkt ihrer Rückkehr ließ sie offen.
Eine weitere große Überraschung gab es auch bei den Herren. Der Weltranglisten-Dritte und Mitfavorit Stefanos Tsitsipas schied ebenfalls unerwartet früh aus. In einem Fünf-Satz-Match über etwas mehr als vier Stunden verlor der Grieche mit 3:6, 6:4, 6:7 (2:7), 6:0, 6:7 (5:7) gegen den erst 18 Jahre alten Spanier Carlos Alcaraz.
Damit trifft der Qualifikant Peter Gojowczyk bei seiner Achtelfinal-Premiere nicht auf Tsitsipas, sondern auf den Weltranglisten-55. Alcaraz, dem eine große Zukunft vorhergesagt wird. Gojowczyk gewann zuvor sein Qualifikanten-Duell mit Henri Laaksonen aus der Schweiz 3:6, 6:3, 6:1, 6:4 und steht im Alter von 32 Jahren zum ersten Mal bei einem Grand-Slam-Turnier unter den besten 16. (dpa)