Fußball-Deutschland trauert um Helmut Haller. Der Vize-Weltmeister von 1966 ist am Donnerstag im Alter von 73 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben. Für Uwe Seeler war der Augsburger nicht nur ein "unheimlich talentierter Fußballer", sondern auch ein Spaßvogel und eine Frohnatur. Franz Beckenbauer adelte seinen ehemaligen Mitspieler und Teamkollegen im legendären WM-Finale von Wembley. "Die Nachricht vom Tod von Helmut Haller stimmt mich sehr traurig! Er war definitiv einer der besten Mitspieler, die ich je hatte!", twitterte der "Kaiser" am Donnerstagabend.
"Helmut Haller gehörte zu den überragenden Persönlichkeiten des deutschen Fußballs. Unvergessen sind seine großartigen Leistungen - speziell bei der Weltmeisterschaft 1966", würdigte Wolfgang Niersbach, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), das Lebenswerk Hallers. "Sein Tod macht uns sehr traurig."
Auch bei seinem Heimatclub FC Augsburg herrschte tiefe Betroffenheit. "Helmut Haller war einer der größten Fußballhelden der Nachkriegsgeschichte und hat den Augsburger Fußball und Generationen von Fußballern geprägt", hob Peter Bircks, Aufsichtsratsvorsitzender des bayerisch-schwäbischen Bundesligisten, hervor. "Wir sind in Gedanken bei seiner Familie."
Bereits vor einigen Jahren fürchteten Familie und Fans nach einem Herzinfarkt um Hallers Leben. Doch er überstand diese schwierige Zeit, und selbst danach schnürte er für gute Zwecke ab und an die Fußballschuhe. "Es ist ein schönes Gefühl, wenn man das, was einem der Fußball gebracht hat, ein wenig zurückzahlen kann", sagte Haller danach einmal. Zuletzt hatte er sich dann aber weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.
Aushängeschild des deutschen Fußballs
"Fußball ist mein Leben!" Helmut Haller nannte sich selbst schon immer einen Fußballverrückten. Als kleiner Junge erzielte der Augsburger zwischen zerbombten Häusern die ersten Tore, auch als Senior konnte er seinen Sport nicht loslassen. Dazwischen feierte er eine Karriere, in der er in den Sechzigern und Siebzigern zu einem Aushängeschild des deutschen Fußballs wurde. Er gewann drei italienische Meisterschaften und war Protagonist im denkwürdigen Finale der Weltmeisterschaft 1966. Dabei erzielte er auf dem Rasen von Wembley das 1:0 bei der Niederlage gegen England.
„Augsburg verliert den größten Fußballer, den die Stadt hervor gebracht hat“, sagte gestern Claudia Roth, Bundesvorsitzende der Grünen. Haller habe nicht nur Geschichte geschrieben mit dem Führungstor in einem der berühmtesten Spiele, dem Finale von 1966 in Wembley gegen England, „sondern auch mit seinem Transfer nach Italien, als einer der ersten Fussball-Legionäre, in einer Zeit, als die Internationalisierung des Sports noch in den Anfängen steckte“.
Als Fußballer durch und durch sah ihn auch der frühere Mitspieler Uwe Seeler. Bei zwei Weltmeisterschaften kämpften die beiden gemeinsam im Trikot mit dem Bundesadler. "Er hat ja von klein auf nur Fußball gespielt. Er war nicht nur fußballverrückt, sondern auch ballverrückt", sagt Ehrenspielführer Seeler einmal und lobte: "Mit der Kugel konnte er alles machen."
Von Augsburg nach Italien
Helmut Haller: Die Fußball-Legende aus Augsburg
Der Augsburger Helmut Haller war in den 60er und 70er Jahren ein Aushängeschild des deutschen Fußballs. Bis heute wird er als Fußball-Idol verehrt.
Geboren wurde Helmut Haller am 21. Juli 1939 in Augsburg.
Von 1948 bis 1962 spielte er beim Ballspiel-Club Augsburg (BC Augsburg, BCA).
Von 1957 bis 1959 und in der Saison 1961/1962 spielt er in der Oberliga Süd.
Für gerade einmal 300.000 Mark wechselte das Nachwuchstalent 1962 nach Italien und bestritt dort für den FC Bologna Punktspiele in der Serie A.
Haller war einer der ersten deutschen Fußballer, die in der italienischen Serie A zum Weltstar reiften. Mit Juventus Turin und dem AC Bologna wurde er insgesamt dreimal Meister.
1964 wurde Helmut Haller zum italienischen «Fußballer des Jahres» gewählt.
1958 wurde er erstmals in der deutschen Elf eingesetzt, im A-Länderspiel gegen Dänemark. Deutscher Trainer war damals Sepp Herberger.
Der offensive Mittelfeldspieler trug insgesamt 33 Mal das deutsche Trikot.
Haller nahm 1962, 1966 und 1970 an der Fußball-Weltmeisterschaft teil.
Seinen größten WM-Erfolg feierte der Augsburger mit dem zweiten Platz bei der WM in England. Damals siegte England durch das berühmte "Wembley-Tor" gegen Deutschland. Haller schoß damals das deutsche Führungstor zum 1:0.
Bei der WM 1970 kam Helmut Haller mit der Auswahl auf den dritten Platz.
Mit seiner Heimkehr nach Augsburg und damit zum - damals aus BCA und Schwaben Augsburg entstandenen - FCA löste Helmut Haller 1973 eine regelrechte Fußball-Euphorie aus.
1979 beendete Haller seine Karriere als Fußballspieler.
Zuletzt hatte sich Helmut Haller auch aus gesundheitlichen Gründen aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.
2006 erlitt er einen Herzinfarkt, von dem er sich nie wieder richtig erholte.
Im Oktober 2012 starb Helmut Haller im Kreis seiner Familie.
In 33 Länderspielen (13 Treffer) war er von 1958 bis 1970 Mitglied im DFB-Team. Als junger Spieler hieß Haller "Hemad" ("Hemd"), später riefen die Fans in Italien einen der ersten Fußball-Legionäre "Il Biondo" ("Blondschopf"). Erst Augsburg, dann die Serie A in Italien - das sind die zwei Stationen, die den Weg des offensiven Mittelfeldspielers prägten. In der bayerischen Heimat stieg er als schmächtiger Hänfling bereits als 19-Jähriger zum Nationalspieler auf, zwischen 1962 und 1973 beim AC Bologna und bei Juventus Turin reifte er zum gestandenen Weltklassespieler.
Die Zuschauer kürten ihn wiederholt zu ihrem Liebling. In seinem Geburtsort Augsburg gilt Haller, der 1973 noch einmal zurückkehrte und einige Jahre später als 40-Jähriger einen Schlussstrich unter seine Karriere zog, vielen gar als lokale Legende und Idol. Erst vor einer Woche war in Ex-Handball-Nationalspieler Erhard Wunderlich eine weitere Augsburger Sportlerikone gestorben.
In das Abenteuer Italien hatte sich Haller 1962 gestürzt, um mit seinem Sport Geld zu verdienen. Nur zwei Jahre später gewann der feine Techniker mit Bologna die Meisterschaft - und holte damit als erster Deutscher in einer bedeutenden ausländischen Liga den Titel. Zwei weitere Meistertitel folgten mit Juve für den "Augsburger Bub", der nie in der 1963 gegründeten Bundesliga aufläuft - aber trotzdem in Fußball-Deutschland unvergessen ist. AZ/dpa