Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Analyse: Ein Plädoyer für den Ballbesitz

Analyse

Ein Plädoyer für den Ballbesitz

    • |
    Bastian Schweinsteiger am Ball. Ein Bild das man häufig gesheen hat - und noch häufig sehen wird.
    Bastian Schweinsteiger am Ball. Ein Bild das man häufig gesheen hat - und noch häufig sehen wird. Foto: dpa

    Unter Louis van Gaal haben die Münchner Ballbesitz-Quoten, die an Volkskammer-Wahlen in der DDR erinnern. In der vergangenen Saison wurde der Trainer deshalb von Medien und Presse gefeiert. Endlich spielt der FC Bayern Fußball mit Wiedererkennunswert. Kein beliebiges Gegurke wie die ganzen anderen Mannschaften. Toll, dieses Kurzpass-Spiel. Neun Monate später dagegen wird der Ballbesitz als Ursache allen Übels angesehen. So könne man ja nie ein Tor schießen, die Gegner hätten sich nunmal jetzt darauf eingestellt. Das ist Unfug.

    Die Ergebnis-Krise der vergangenen beiden Spiele hat ganz andere Gründe. Der Ballbesitz ist nicht das Problem. Bis zu der Partie gegen das derzeit überragende Team aus Dortmund schienen die Münchner eine gute Rückrunde zu spielen. Nun ist alles schlecht. Dabei hängt die derzeitige Schwäche der Münchner hauptsächlich mit der Formschwächen der entscheidenden Säulen des Bayern-Spiels zusammen.

    Bei Franck Ribéry und Arjen Robben war das Tief sogar vorherzusehen. Beide kamen nach Verletzungen schnell wieder in die Mannschaft zurück, sollten den Rythmus finden und taten das kurzzeitig auch. Doch es ist normal, dass Spieler die lange Zeit nicht auf dem Platz standen nach einigen Wochen in ein Loch fallen. Nicht vorherzusehen war dagegen die Schwächeperiode, die derzeit Bastian Schweinsteiger durchlebt.

    Zurück zum Ballbesitz. Den Ball um des Ballbesitzes wegen in den eigenen Reihen zu halten, ist natürlich Schwachsinn. Das ist aber auch nicht die Ausrichtung des Bayern-Spiels. War es auch nicht in der vergangenen Saison. Der Ball zirkulierte damals schnell und ausdauernd durchs Mittelfeld der Münchner. Die Bayern verschafften sich so den Platz im Mittelfeld, den sie brauchen. Es taten sich Löcher im gegnerischen Defensivverbund auf - die dann meistens Robben auf ansehnliche Weise ausnutzte. Mit Mark van Bommel fehlt mittlerweile ein Spieler, der - allen Unkenrufen zum Trotz - den Ball schnell, präzise und vor allem scharf weiterleiten konnte. Bastian Schweinsteiger befindet sich derzeit nicht in der Verfassung um das zu tun. Luiz Gustavo trennt sich häufig zu spät vom Ball und lässt wichtige Sekundenbruchteile verstreichen. Das summiert sich zu einer Kettenreaktion, die den Ballbesitz als schädliche Geschwulst des Fußballs aussehen lässt. Im zentralen Mittelfeld wird der Ball zu langsam und zu ungenau bewegt. Auf den Außenpositionen erhalten die derzeit formschwachen Ribéry und Robben den Ball zu spät und sehen sich meist zwei Gegenspielern gegenüber. Im Dribbling fehlt beiden derzeit zudem das richtige Timing und so treffen sich häufig falsche Entscheidungen.

    Ohne Frage, Schalke und vor allem Dortmund haben gute Spiele gegen die Münchner gemacht. Nun so zu tun, als hätten die beiden Revierklubs Louis van Gaal und seinen Fußball entzaubert, ist schlichtweg falsch. Obwohl ganz gerne mal etwas anderes vermittelt wird: Die meisten Trainer beschäftigen sich intensiv mit dem Gegner und suchen Lösungsmöglichkeiten, Stärken auszuschalten und Schwächen auszunutzen. Das haben sie auch in der vergangenen Saison gemacht. Einfach mal Sir Alex Ferguson fragen. Sie kamen damals schon zu dem Schluss, so häufig wie möglich die Flügelspieler der Münchner zu doppeln. Damals gelang es dem deutschen Rekordmeister schlichtweg aus besagten Gründen, vor allem Robben häufiger frei zu spielen.

    Die Münchner haben keine andere Wahl, als es weiterhin mit dem bisher praktizierten System zu versuchen. Mario Gomez ist kein mitspielender Stürmer. Ihn als Wandspieler zu nutzen, fällt aus. Dem Gegner das Spiel zu überlassen und auf Konter zu setzen, fällt aufgrund der Spielertypen aus. Mit Gomez, Ribéry , Robben und Thomas Müller lässt sich das nicht praktizieren. Auf dem Reißbrett mag das zwar ganz nett ausschauen. Vor allem Ribéry und Robben in die dann notwendige Defensivarbeit einzubinden, ist allerdings unmöglich.

    Dazu kommt, dass es unwahrscheinlich ist, ein einstudiertes System reibungslos während der Saison zu ändern. Die Münchner haben in der vergangenen Saison und auch teilweise noch in dieser Spielzeit mit ihrer Spielweise begeistert. Es wäre ein Verlust für den Fußball, wenn die Münchner mit ihren herausragenden Fähigkeiten auf schnöden Ergebnisfußball umstellen würden.

    Als Vorbild der Münchner wurde immer wieder der FC Barcelona genannt. Er sollte weiterhin als Maxime dienen. Die Katalanen haben die selben exorbitanten Zahlen, was den Ballbesitz betrifft. Genauso wie die spanische Nationalmannschaft. Das sind die beiden stilbildenden Mannschaften der vergangenen Jahre. Louis van Gaal hat immer noch das notwendige Personal, um sich diese Team zum Vorbild zu nehmen. Der FC Bayern wird auch in Zukunft keinen 08/15-Fußball spielen. Ob das erfolgreich ist? Abwarten. Ob das gut für den Fußball ist? Ja.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden