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Alpine WM: Neureuther holt Silber mit Ritt auf Rasierklinge

Alpine WM

Neureuther holt Silber mit Ritt auf Rasierklinge

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    Erleichterung und Jubel: Felix Neureuther hat Silber beim Slalom in Schladming gewonnen.
    Erleichterung und Jubel: Felix Neureuther hat Silber beim Slalom in Schladming gewonnen. Foto: Samuel Kubani

    Spätestens, als ihm Alberto Tomba mit der Wucht seiner geschätzten 100 Kilo italienischer Lebensfreude um den Hals fiel, wusste Felix Neureuther, dass er Großes geleistet haben musste. Tomba, einst bester Slalomfahrer der Welt, herzte den Deutschen derart inniglich, dass es dem wartenden Reporter des ZDF die Zornesröte ins Gesicht trieb. Neureuther sollte doch vor dessen orangefarbenem Mikrofon der Welt darüber berichten, wie er es geschafft hatte, sich seinen Traum von einer WM-Medaille zu erfüllen.

    "Die schönste Stille" für Neureuther

    Tomba allerdings scherte sich nicht um die Welt und das ZDF. Erst als er abließ, durfte Neureuther beginnen zu erzählen. Von diesem Rennen, das so dramatisch war. Von dem Ritt auf der Rasierklinge, der ihm die Silbermedaille bescherte. Wie er im zweiten Lauf versucht hatte, die Balance zwischen Attacke und Kontrolle zu finden. Als in dem gigantischen Stadion auf der Planai 40 000 Menschen mit rot-weiß-roten Fähnchen in Händen den Atem anhielten. Er wolle, dass es ganz ruhig sei, wenn er ins Ziel komme, hatte Neureuther vor dem Rennen mit seinem typisch verschmitzten Grinsen gesagt.

    Schweigende Österreicher bedeuten eine gute Zeit für den Deutschen. Und es war ruhig im Stadion, als Neureuther die rote Ziellinie passierte. Bestzeit. „Es war die schönste Stille, die ich je erlebt habe“, sagte Neureuther.

    Österreicher Marcel Hirscher holt Gold

    Und oben stand nur noch einer. Marcel Hirscher. Österreicher. Bester Slalomfahrer der Gegenwart. Weltcupführender. Schnellster des ersten Durchgangs. Ganz Österreich fieberte mit. Hirscher hat in der Alpenrepublik den Status eines Popstars. Zeitungen drucken Poster von ihm. Seine Mission für Schladming: Gold.

    Hirscher hielt dem enormen Druck stand. Mit unvergleichlicher Eleganz kurvte er durch die Stangen, hinein in den tobenden Hexenkessel der 40 000. Ganz so, als täte er das jeden Tag. „Ich wollte lieber ausscheiden als verlieren“, sagte Hirscher danach.

    Im Zielraum stand Neureuther und wartete und wusste nicht so recht, wie er sich fühlen sollte. Silber hatte er sicher. Und Gold? Natürlich habe er in der knappen Minute, die Hirscher auf der Piste unterwegs war, noch gehofft, dass der Österreicher einen Fehler macht. „Den Gefallen hat er mir aber nicht getan. Und ich weiß, was es bedeutet, bei einer Heim-WM zu fahren. Marcel ist ein würdiger Weltmeister.“ Unter diesen Bedingungen einen Titel zu gewinnen, zeichne die ganz Großen des Sports aus.

    Felix Neureuther: "So etwas erlebt man vielleicht nur einmal"

    Spätestens jetzt darf sich aber auch Neureuther zu diesen zählen. Bei seiner sechsten WM hat er endlich die ersehnte Einzelmedaille gewonnen. „Der Druck war schon sehr groß und ich bin stolz darauf, dass ich es geschafft habe, locker zu bleiben“, sagte Neureuther. Einfach war das nicht. Als er oben am Start stand und unten der spätere Bronzemedaillengewinner Mario Matt aus Österreich Bestzeit fuhr, sei eine Euphoriewelle den Hang hinaufgerast, „die mich fast wieder rückwärts aus dem Starthäuserl rausgeblasen hat“. Neureuther blieb trotzdem „cool“. „Eine Medaille bei einem Großereignis hat mir noch gefehlt, die wollte ich hier unbedingt haben. Ich bin wahnsinnig stolz, dass ich das geschafft habe.“

    Im familieninternen Vergleich mit seinem Vater hat sich Felix damit einen uneinholbaren Vorsprung erarbeitet, denn Christian Neureuther blieb dieses Erfolgserlebnis versagt. Ob er seinem Sohn aber auch in naher Zukunft zu dessen Erfolg persönlich gratulieren kann, war gestern nicht zu erfahren. „Ich weiß nicht so genau, was jetzt passiert“, sagte Neureuther, angesprochen auf die anstehenden Feierlichkeiten.

    Seine Anwesenheit beim Heim-Weltcup am kommenden Wochenende in Garmisch-Partenkirchen wollte er nicht versprechen. „Keine Ahnung, ob ich da schon zuhause bin.“ Nur eines sei sicher: „Ich werde jeden Moment genießen und in mich aufsaugen. So etwas erlebt man vielleicht nur einmal.“

    Andere Deutsche enttäuscht

    Weniger Grund zur Freude hatte dagegen sein Mannschaftskollege Fritz Dopfer, der auf Platz sieben fuhr. Nicht ganz zufrieden war auch Stephan Luitz aus Bolsterlang, der auf Rang 21 einfuhr.

    Tags zuvor waren auch die deutschen Slalom-Frauen enttäuscht. Maria Höfl-Riesch lag lange Zeit auf Medaillenkurs, fädelte dann aber ein. „Das war sehr ärgerlich“, sagte sie. „Aber ich habe drei Medaillen gewonnen, ich kann zufrieden sein.“

    Nachdem Christina Geiger (Oberstdorf) schon im ersten Lauf ausgeschieden war, stand am Ende nur Lena Dürr als 21. in der Ergebnisliste.

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