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Affäre um WM 2006: Franz Beckenbauer soll 5,5 Millionen Euro Honorar kassiert haben

Affäre um WM 2006

Franz Beckenbauer soll 5,5 Millionen Euro Honorar kassiert haben

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    WM-Skandal 2006: Franz Beckenbauer soll 5,5 Millionen Euro erhalten haben.
    WM-Skandal 2006: Franz Beckenbauer soll 5,5 Millionen Euro erhalten haben. Foto: Marc Mueller (dpa), Archiv

    Franz Beckenbauer hat im Rahmen seines eigentlich ehrenamtlichen Jobs als Chef des Organisationskomitees bei der Fußball-WM 2006 5,5 Millionen Euro durch einen Sponsorenvertrag kassiert. Beckenbauer wurde im Vorfeld der WM als Gegenleistung für bestimmte Tätigkeiten für den DFB-Sponsor Oddset an den Erlösen eines Werbevertrages beteiligt, wie der Deutsche Fußball-Bund am Dienstag in einer Stellungnahme bestätigte. Zunächst hatte das Magazin Der Spiegel über den Sachverhalt berichtet.

    Franz Beckenbauer als Zugpferd

    Beckenbauer habe auf diesem Wege bis 2006 die Millionensumme erhalten. Versteuert wurde das Geld demnach erst vier Jahre später. Im Rahmen einer Betriebsprüfung im Dezember 2010 wurden nach DFB-Angaben 1,16 Millionen Euro an Abzugssteuern an das Finanzamt Frankfurt gezahlt. Der Verband stellte das Geld Beckenbauer in Rechnung, dieser erstattete die Summe dem DFB im März des folgenden Jahres.

    Mit Beckenbauer als Zugpferd konnte offensichtlich der Deutsche Lotto- und Totoblock, der die Sportwette Oddset betreibt, als fünfter von sechs nationalen Förderern für die WM gewonnen werden. Das Unternehmen habe "Wert auf die aktive Einbindung" Beckenbauers die Werbung gelegt, erklärte der Verband. 

    In dem Vertrag zwischen DFB und Beckenbauer sei eine "erfolgsabhängige Beteiligung" vereinbart gewesen, die Millionensumme wurde von Februar 2005 bis Oktober 2006 in fünf Raten an den OK-Chef gezahlt. Beckenbauer hatte im Jahr 2000 bei seiner Vorstellung als OK-Chef versprochen: "Ich mache das natürlich ehrenamtlich."

    Affäre um WM 2006: Schweizer Bundesanwaltschaft ermittelt

    Chronologie: Affäre um die WM 2006

    16. Oktober: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) räumt in einer Pressemitteilung Ungereimtheiten rund um eine Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro an den Weltverband FIFA ein.

    16. Oktober: Das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» berichtet, dass für den Zuschlag der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 Geld aus einer schwarzen Kasse des Bewerbungskomitees geflossen sei, um damit vier entscheidende Stimmen im FIFA-Exekutivkomitee zu kaufen. Das Geld soll vom ehemaligen Adidas-Boss Robert Louis-Dreyfus gekommen sein. Der DFB weist den «Spiegel»-Bericht als haltlos zurück.

    17. Oktober: Erstmals äußert sich DFB-Präsident Niersbach: «Ich kann versichern, dass es im Zusammenhang mit der Bewerbung und Vergabe der WM 2006 definitiv keine schwarzen Kassen beim DFB, dem Bewerbungskomitee noch dem späteren Organisationskomitee gegeben hat.»

    18. Oktober: Franz Beckenbauer meldet sich zu Wort und dementiert den «Spiegel»-Bericht: «Ich habe niemandem Geld zukommen lassen, um Stimmen für die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 nach Deutschland zu akquirieren. Und ich bin sicher, dass dies auch kein anderes Mitglied des Bewerbungskomitees getan hat.»

    19. Oktober: Die Staatsanwaltschaft prüft einen Anfangsverdacht für ein Ermittlungsverfahren. Als mögliche Tatbestände nennt eine Sprecherin Betrug, Untreue oder Korruption.

    19. Oktober: Niersbach weist die Korruptionsvorwürfe erneut zurück, räumt aber erstmals «den einen offenen Punkt» ein: «Dass man die Frage stellen muss, (...) wofür diese Überweisungen der 6,7 Millionen verwendet wurden.»

    21. Oktober: Ex-DFB-Boss Theo Zwanziger äußert Zweifel an der internen Aufarbeitung des DFB.

    22. Oktober: Die DFB-Landesverbände fordern von Niersbach eine schnelle Aufklärung der Korruptionsvorwürfe.

    22. Oktober: Niersbach tritt in Frankfurt sichtlich erschöpft vor die Presse und bringt nur wenig Licht ins Dunkel um die WM 2006.

    23. Oktober: Das DFB-Präsidium stärkt Niersbach den Rücken, hält aber «strikt daran fest [...], dass lückenlos aufgeklärt wird.»

    23. Oktober: Zwanziger bezichtigt Niersbach der Lüge und berichtet im «Spiegel» von der vermeintlichen Existenz einer schwarzen Kasse «in der deutschen WM-Bewerbung». Es sei «ebenso klar, dass der heutige Präsident des DFB davon nicht erst seit ein paar Wochen weiß, wie er behauptet, sondern schon seit mindestens 2005».

    26. Oktober: Beckenbauer räumt in der Affäre erstmals einen «Fehler» ein. Das Organisationskomitee hätte nicht auf einen Vorschlag der FIFA-Finanzkommission eingehen dürfen, um einen Finanzzuschuss zu bekommen, teilte der damalige OK-Präsident mit.

    27. Oktober: Die vom DFB beauftragte Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer erklärt, mit Ergebnissen in der Affäre sei nicht schnell zu rechnen.

    28. Oktober: Zwanziger sagt vor den externen Ermittlern der Anwaltskanzlei aus.

    3. November: Die Staatsanwaltschaft führt beim DFB in Frankfurt/Main eine Steuer-Razzia durch. Zudem durchsucht sie die Wohnungen von Niersbach, Zwanziger und dem ehemaligen DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt. Die Beamten ermitteln im Zusammenhang mit 6,7-Millionen-Euro-Zahlung wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall.

    6. November: Das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» veröffentlicht angeblich von Niersbach stammende handschriftliche Notizen auf einem Schreiben des WM-OK an die FIFA aus dem Jahr 2004. Diese sollen belegen, dass er nicht erst 2015 von den Vorgängen Kenntnis hatte.

    9. November: Am Nachmittag trifft sich das DFB-Präsidium zu einer außerordentlichen Sitzung mit Niersbach. Der 64-Jährige erklärt seinen Rücktritt: ««Ich habe für mich erkannt, dass der Zeitpunkt gekommen ist, die politische Verantwortung zu übernehmen.»

    Im Zentrum der eigentlichen Affäre um die WM 2006 steht eine ungeklärte Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro. Diese hatte der frühere Adidas-Chef Louis-Dreyfus zunächst im Auftrag der deutschen WM-Macher an die FIFA geleistet, das Geld wurde dann kurz vor der WM falsch deklariert an den Franzosen zurückgezahlt.

    Im Zusammenhang mit der Affäre um das WM-Sommermärchen 2006 ermittelt derzeit die Schweizer Bundesanwaltschaft unter anderem gegen Beckenbauer und die früheren DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger. Die Behörde hatte kürzlich mitgeteilt, dass sie ein Strafverfahren "insbesondere wegen des Verdachts des Betrugs, der ungetreuen Geschäftsbesorgung, der Geldwäscherei sowie der Veruntreuung" eröffnet habe. 

    Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt in der Causa gegen Niersbach, Zwanziger und den früheren Generalsekretär Horst R. Schmidt wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung.

    Zudem hat die FIFA-Ethikkommission Ermittlungen gegen das Trio und weitere mögliche Beteiligte eingeleitet. Ex-DFB-Präsident Niersbach ist bereits für ein Jahr für alle Aktivitäten im Fußball gesperrt worden, weil er nach Ansicht der Ethikkommission das DFB-Präsidium über verdächtige Geldflüsse rund um das Sommermärchen bewusst nicht informiert hatte. Niersbach will gegen das Urteil juristisch vorgehen.  dpa/AZ

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