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Abfahrt in Garmisch: Alle wollen Thomas Dreßen

Abfahrt in Garmisch

Alle wollen Thomas Dreßen

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    Auf der berühmt-berüchtigten Kandahar raste Thomas Dreßen auf den siebten Platz. Es war das letzte Weltcup-Abfahrtsrennen vor den Olympischen Winterspielen.
    Auf der berühmt-berüchtigten Kandahar raste Thomas Dreßen auf den siebten Platz. Es war das letzte Weltcup-Abfahrtsrennen vor den Olympischen Winterspielen. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Alle wollen Thomas Dreßen. Die Fans auf der mit 8000 Zuschauern so gut wie schon lange nicht mehr gefüllten Tribüne an der Kandahar-Abfahrt in Garmisch-Partenkirche jubeln dem Abfahrer zu. Der 24-Jährige winkt in die Menge, danach stapft er im Rennanzug durch den Zielraum, um Fragen zu beantworten. Alle wollen etwas wissen. Wie die Oma (72) aus Jülich in Nordrhein-Westfalen angereist ist. Warum er in Scharnstein in Oberösterreich bei seiner Freundin Birgit wohnt. Und überhaupt: Was hat sich geändert seit seinem Sieg vor einer Woche auf der Streif? Der Mittenwalder antwortet trocken: „Dass jetzt eine Gams daheim steht und dass jetzt nicht ein, sondern 15 Mikrofone vor der Nase hängen.“

    Zur Erklärung: Die Trophäe für den Weltcup-Sieg in Kitzbühel gleicht einer Gams. „Die steht jetzt alleine neben dem Fernseher, weil ich keinen anderen Platz gefunden habe. Und der Hund passt auch gut drauf auf“, erzählt Dreßen im breiten bayerischen Dialekt. Deutschland hat nach einer langen Durststrecke wieder einen Siegfahrer in der Speed-Disziplin. Zuletzt hatte Max Rauffer vor 13 Jahren eine Weltcup-Abfahrt gewonnen.

    Dreßen in Garmisch auf Rang sieben

    In Garmisch bleibt die Sensation aus. Die üblichen Verdächtigen Beat Feuz (Schweiz), der Südtiroler Dominik Paris und Vincent Kriechmayr aus Österreich landen vorne. Dreßen erklärt, warum es bei der Kandahar-Abfahrt mit Platz sieben nicht so sensationell gelaufen ist wie noch vor einer Woche. „Einmal war es nach dem Seilbahn-Sprung nicht optimal und dann die Anfahrt zum freien Fall. Da bin i a bisserl umatum gschwumma.“ Zu deutsch: herum geschwommen.

    Dreßen lässt sich von dem Kitzbühel-Ausreißer nach oben nicht verrückt machen. „Ich war jetzt viermal in den Top ten, war zweimal auf dem Podium und hab einmal gewonnen. Das Wichtigste ist für mich die Konstanz“, sagt er und schiebt nach: „Das sind ja auch keine Nasenbohrer nicht.“ Ein Nein reicht da nie nicht, da ist sie, die doppelte bayerische Verneinung.

    Markus Wasmeier, der sich im Zielraum von Garmisch ebenfalls das Rennen ansieht, bleibt damit letzter deutscher Sieger beim Kandahar-Rennen. Das ist 26 Jahre her.

    Hoffnung ist ins deutsche Männerteam zurückgekehrt

    Mit dem Erfolg auf der Streif ist die Hoffnung ins zuletzt gebeutelte deutsche Männerteam zurückgekehrt. Nach den Kreuzbandrissen von Felix Neureuther und Stefan Luitz herrschte ausgerechnet im Olympiawinter Katerstimmung. Von einem Tag auf den anderen findet sich ein DSV-Läufer in einer ungewohnten Rolle wieder: Der Abfahrer muss keine Pleiten, sondern den plötzlichen Erfolg erklären. Der Triumph in Österreich hat Dreßen in ganz andere Höhen katapultiert. Im Fußball hieße das: vom Bundesliga-Mittelmaß in die Champions League. Man müsse schauen, wie er darauf reagiert, sagt der deutsche Alpin-Direktor Wolfgang Maier. Es wird eine ganz andere Kategorie von Geschäftemachern auf den jungen Burschen zukommen.

    Mit diesen Fragen wird sich der Sportler nach der Saison beschäftigen. Am Samstag freute er sich, dass er nur fünf Zehntel hinter der Spitze lag. Schließlich sei die Kandahar-Abfahrt ähnlich anspruchsvoll wie die Streif. „Die Strecke ist immer unruhig, man fährt wie im Blindflug, weil die Sonne von hinten reinscheint. Man ist völlig am Ende hier im Ziel“, kommentierte Sieger Feuz die Fahrt vom Kreuzeck hinunter. Dreßen spricht ebenfalls mit Respekt von dem Kurs: „Hier hast du gar keine Sonne drinnen. Das ist ein finsteres Loch und da musst du erst mal runterfinden.“

    Garmisch war die letzte Weltcup-Abfahrt vor Olympia. Vor zwei Jahren fuhr der Mittenwalder bereits in Südkorea, aber die Situation sei eine andere gewesen, weil er von einer Verletzung zurückgekommen sei. „Da war ich technisch auf einem anderen Level.“ Eine Gams, die zu Hause neben dem Fernseher steht, hat nicht nur sein Leben, sondern auch seine Ziele verändert: „Es heißt jetzt für Olympia das Selbstvertrauen und die Lockerheit mitzunehmen. Und drüben werden wir schon sehen, was herauskommt.“

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