Jessy Wellmer ist nicht unbedingt die geduldigste Person. "Es könnte jetzt schon endlich mal losgehen", sagte die 37-Jährige vor zwei Wochen in freudiger Erwartung des heutigen Samstags. Jenem Tag, an dem sie als zweite Frau nach Monica Lierhaus erstmals das Flaggschiff des deutschen Sportjournalismus, die Sportschau in der ARD, moderieren wird.
Jessy Wellmer beerbt Reinhold Beckmann bei der Sportschau
Viel ist über die schlagfertige, blonde Mecklenburgerin aus Güstrow geschrieben worden, seit bekannt ist, zu welchen Ehren sie nun kommt. Frech, charmant, unverbraucht, modern und professionell – das sind die Adjektive, die ihr zugeschrieben werden. Dass sie dazu noch eine Frau ist, sorgt in Kollegen- und Expertenkreisen mitunter für Diskussionen, juckt sie selbst aber nicht im geringsten. Schließlich ist der Ritterschlag zur Sportschau-Moderatorin und Nachfolgerin von Reinhold Beckmann nur die logische Folge einer geradlinigen beruflichen Entwicklung, die sie zwar konsequent, aber nie verbissen vorangetrieben hat.
Die Mutter zweier Kinder im Alter von vier und acht Jahren wollte am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn Psychologie studieren, orientierte sich dann aber anderweitig. Nach einigen Semestern an der Kunsthochschule entschied sie sich für ein Volontariat beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) – Schwerpunkt Sport. "Ich hätte auch Politik gemacht, aber ich bin in einer Sportlehrer-Familie groß geworden. Da gehörte der Sporthallen-Mief irgendwie dazu. Da war der Weg zur Sportberichterstattung nicht weit", sagte die passionierte Tennisspielerin und Leichtathletin kürzlich in einem Interview.
Neu bei der Sportschau: Jessy Wellmer erst im ZDF, jetzt in der ARD
Von 2009 bis 2014 moderierte sie den Sport im ZDF-Morgenmagazin, seit 2013 auch die Sendung "Arena Liga Live" auf Radio eins im rbb. Die Öffentlichkeit nahm Jessy Wellmer erstmals wahr, als sie 2014 in die ARD wechselte. Als Moderatorin der Sportschau am Sonntag und als Reporterin bei Fußball- und Biathlon-Übertragungen sowie den Olympischen Spielen in London und in Rio de Janeiro wurde sie auf dem Bildschirm immer präsenter. Da sie sich ihre neue Aufgabe in der Sportschau mit den Moderatoren Alexander Bommes, Gerhard Delling und Matthias Opdenhövel teilt, bleibt ihr noch Zeit für weitere Sportformate wie den Sportplatz im rbb oder die Sendung 11 Freunde TV.
Ihrem Mann verdankt sie, dass sie Beruf und Familie bestmöglich kombinieren kann. Er, ebenfalls Journalist, teile sich seine Arbeit entsprechend ein und sei "die zweite Mama im Haus", gibt Wellmer unumwunden zu. Doch trotz aller Erfahrung: Vor der ersten Sportschau-Sendung, die im Schnitt 5,5 Millionen Zuschauer erreicht, ist sie aufgeregt. Ihr großer Wunsch: ja nicht dazustehen wie "ein zerschossenes Eichhörnchen". Ihren starren Blick, den sie manchmal aufsetzt, will die selbstkritische Jessy Wellmer bei der Premiere unbedingt vermeiden.