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1860 München: Zum Missfallen von Ismaik: 1860 München hat neuen Geschäftsführer

1860 München

Zum Missfallen von Ismaik: 1860 München hat neuen Geschäftsführer

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    Hasan Ismaik ist skeptisch gegenüber Personalentscheidungen beim TSV 1860 München.
    Hasan Ismaik ist skeptisch gegenüber Personalentscheidungen beim TSV 1860 München. Foto: Andreas Gebert, dpa

    Der TSV 1860 München hat sich durch die Berufung seines neuen Geschäftsführers mal wieder Ärger mit seinem umstrittenen Investor Hasan Ismaik eingehandelt. Der Jordanier reagierte mit Unverständnis auf die Ernennung von Michael Scharold zum Nachfolger von Markus Fauser, der seinen Abschied angekündigt hatte.

    "Ich stelle in Frage, warum unser Kandidat mit nachgewiesener sportlicher Vergangenheit im Managementbereich ohne Chance war. Für die finanzielle Stabilität ist für die nächsten 18 Monate gesorgt", kritisierte Ismaik, der dem Vernehmen nach den früheren Bayern-Spieler Franz Gerber vorgezogen hätte. "Für uns gibt es gute Gründe, warum wir Michael Scharold abgelehnt haben. Meine neue Vertrauensperson in München wird dazu demnächst Stellung beziehen."

    Der in die vierte Fußball-Liga abgestürzte Traditionsverein hatte in der Nacht zu Dienstag Scharold als neuen Geschäftsführer verkündet. Der 37-Jährige leitete bereits seit April 2017 die kaufmännische Abteilung des Regionalligisten. Zuvor war Scharold sieben Jahre im Finanzressort des Bundesligisten FC Schalke 04 tätig gewesen.

    1860 München hat neuen Geschäftsführer

    "Die Stabübergabe an Michael Scharold ist eine logische Konsequenz, die auf der guten Zusammenarbeit in der Vergangenheit fußt", sagte Fauser. "Es ist ein Glücksfall, diese wichtige Position aus den eigenen Reihen heraus besetzen zu können."

    Fauser war im Juni vergangenen Jahres Geschäftsführer bei den Löwen geworden, um nach dem Absturz aus dem Profifußball für die Handlungsfähigkeit des Vereins zu sorgen. Der Wirtschaftswissenschaftler wendet sich nun wieder seinem Hauptberuf in einer Kanzlei zu.

    Scharold will den Sanierungskurs fortsetzen. "Zusammen mit Herrn Fauser konnte ich im abgelaufenen Jahr mitwirken, Ruhe in das operative Geschäft der KGaA (Kommanditgesellschaft auf Aktien) zu bringen", berichtete der Diplom-Kaufmann. "Vor meiner Verpflichtung hatte ich den Gremien ein strategisches Konzept zur Weiterentwicklung vorgelegt. Zu diesem erhielt ich positive Signale, die mich für die Bewerbung als Geschäftsführer massiv bestärkt haben."

    Ismaik wollte aber dem Vernehmen nach Gerber als Geschäftsführer einsetzen. Auf einer Beiratssitzung wurde jedoch die Übergabe von Fauser zu Scharold vollzogen. "Ja, sie haben 50+1 gezogen", sagte Ismaik nach Angaben von Süddeutscher Zeitung, Merkur und tz mit Blick auf das Treffen. Bereits vor der Sitzung sei klar gewesen, dass bei einem Stimmengleichstand der Verein seinen Vertreter notfalls gegen den Willen des Jordaniers durchsetzen wollte.

    1860 München und Ismaik: Eine Chronologie des Chaos

    Im Frühjahr 2011 stand 1860 München bereits vor dem Aus - erst Investor Hasan Ismaik bewahrte die "Löwen" durch seinen millionenschweren Einstieg vor der Insolvenz. Der Jordanier erschien in Giesing als strahlender Retter und hatte Visionen von der Rückkehr in die Fußball-Bundesliga und sogar einem Angriff auf die besten Vereine Europas um den Stadtrivalen FC Bayern und den FC Barcelona.

    Das 1860-Drama in sechs Akten:

    2011/12: Euphorisiert vom Einstieg des Geschäftsmannes aus Abu Dhabi werden erste Dissonanzen zwischen Investor und Verein noch großteils wegmoderiert. "Wir haben klar gesagt, dass wir als Team erfolgreich sein wollen", sagt der damalige Geschäftsführer Robert Schäfer. Die Mannschaft unter Trainer Rainer Maurer spielt eine gute Saison, rangiert ab Spieltag drei bis zum Schluss auf einem einstelligen Tabellenplatz und verpasst als Sechster die Aufstiegsränge nur knapp.

    2012/13: Auch die Spielzeit kann sich sportlich sehen lassen, 1860 landet wieder auf Rang sechs. Coach Maurer erlebt das aber schon nicht mehr als Verantwortlicher mit, er muss im November gehen. Nachfolger wird Alexander Schmidt, der international erfahrene Sven-Göran Eriksson soll ebenfalls einsteigen. Als der Schwede überraschend doch absagt, gibt Ismaik dem Präsidenten Dieter Schneider die Schuld. Es ist nicht der erste Angriff Ismaiks auf Schneider, der im März hinwirft. 

    2013/14: Nun probiert sich Gerhard Mayrhofer an der Spitze des TSV und wird von Ismaik erstmal als "Profi durch und durch" gelobt. In der Geschäftsleitung soll Markus Rejek als Finanzfachmann für neue Impulse sorgen, kurz vor Saisonende wird Gerhard Poschner für die sportliche Seite und vor allem Spielertransfers verpflichtet. Trainer Schmidt wird schon vor Herbstbeginn gefeuert und durch Friedhelm Funkel ersetzt. Als der seinen Weggang zum Saisonende verkündet, wird er im April freigestellt. Co-Trainer Markus von Ahlen übernimmt bis zum 34. Spieltag und führt die Münchner auf den siebten Platz.

    2014/15: Die Ränge sechs, sechs und sieben sind Ismaiks Sechzigern zu wenig, also soll der Niederländer Ricardo Moniz endlich für den Aufstieg sorgen. "Wir werden Meister", tönt er. Doch der sportliche Niedergang nimmt Fahrt auf. Schon im September ist Moniz' Zeit vorbei, nach ihm versuchen sich erneut von Ahlen und ab Februar U21-Trainer Torsten Fröhling. Statt Aufstieg steht der Kampf gegen den Abstieg im Fokus, am Ende retten sich die "Löwen" erst in der Relegation gegen Holstein Kiel durch ein Tor in der Nachspielzeit des Rückspiels. Ismaik wird immer ungeduldiger, auch weil Poschners Transferpolitik grandios scheitert. Am Saisonende hört Präsident Mayrhofer auf, genervt vom "Kasperltheater" und der "Katzbuckelei" vor Ismaik, wie er sagt.

    2015/16: Jetzt probiert es Interimspräsident Siegfried Schneider und geht auf Ismaik zu. Dessen Cousin Noor Basha, ein gelernter Apotheker, darf sogar Sport-Geschäftsführer werden und neben Finanzmann Rejek die Geschicke der Profis leiten. Neuer Manager wird Oliver Kreuzer. Auch Neu-Präsident Peter Cassalette wählt einen Kuschelkurs mit Ismaik. Sportlich läuft es wieder katastrophal: Die vier verschiedenen Trainer Fröhling, Benno Möhlmann, Daniel Bierofka und Denis Buschujew kriegen es wenigstens hin, als 15. nicht in die Relegation zu müssen.

    2016/17: Cassalette ist inzwischen voll auf Ismaiks Linie eingeschwenkt und wirkt wie ein Erfüllungsgehilfe, ein Contra erscheint ihm offenbar zwecklos. Als Manager schafft Thomas Eichin bis zu seiner Beurlaubung gerade mal dreieinhalb Monate und wird ersetzt von einem gewissen Anthony Power, seines Zeichens Maschinenbauer und Ismaik-Vertrauter.  Zwischendurch sorgt der Verein mit einem Presseboykott für Aufsehen. Mit dem Liverpool-Manager Ian Ayre hofft Ismaik ab April endlich auf internationales Flair, doch Ayre wirft nach zwei Monaten hin. Wieder verbraucht 1860 in einer Saison vier Trainer: Unter dem einstigen Champions-League-Coach Vitor Pereira steigt 1860 aus der 2. Liga ab.

    Ismaik ist zwar Mehrheitseigner bei den Löwen, die Mehrheit der Stimmen liegt jedoch beim Verein. Die 50+1-Regel soll verhindern, dass Investoren die Macht in einem Verein übernehmen. (AZ/dpa)

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