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Fuggerei: Heimat für Generationen

Fuggerei

Heimat für Generationen

Heimat für Generationen
Heimat für Generationen

Was macht gute (Jung-)Unternehmer aus? Sie haben Ideen – und tun alles, um diese Idee Realität werden zu lassen. Sie sind Pioniere auf ihrem Gebiet, lassen sich von Rückschlägen nicht unterkriegen (im Gegenteil, Niederlagen sind Ansporn für sie) und wollen mit ihrem Tun etwas für die Ewigkeit schaffen.

Ein Unternehmer, der als Vorbild dienen kann, agierte in Augsburg bereits vor 500 Jahren: Jakob ­Fugger der Reiche. Er brauchte nur wenige Jahrzehnte, um ein europaweit tätiges Unternehmen aufzubauen – und das, weil er sich an ein paar einfache Grundsätze hielt, die Start-ups und Unternehmen noch heute zum Erfolg verhelfen können, wie Maria Elisabeth Gräfin Thun-Fugger, Vorsitzende des Fuggerschen Familienseniorats, weiß: ­„Jakob Fugger zeichnete sich vor allem durch harte Arbeit aus. Er war nicht nur Chef, sondern auch intensiv ins operative Geschäft eingebunden.“ Er habe dabei aber nicht vergessen, dass es auch ein Leben nach der Arbeit gibt: „Er trennte – im Gegensatz zur modernen 24/7-Mentalität – klar zwischen ­Arbeit und Nicht-Arbeit, sodass er jeden Abend, wie er einmal selbst festhält, mit seinem Hemd auch seine Sorgen des Tages ablegen kann.“ Auch wusste er: Man kann und muss nicht alles selber machen. „Er delegierte Aufgaben klar und deutlich – und wenn er neue Geschäftsfelder im Ausland anpackte, dann suchte er sich stets einen kompetenten Partner vor Ort, der Vor-Erkundigungen anstellen sollte“, erzählt Maria Elisabeth Gräfin Thun-Fugger. Doch vor allem ging es ihm auch darum, etwas von seinem Tun auf der Welt zu belassen. Deswegen gründete er bereits zu Lebzeiten eine Stiftung, deren Wirken bis heute das Leben vieler Menschen verändert hat – und zwar zum Besseren.

Eine Idee soll „auf ewig“ bestehen

Wir schreiben den 23. August 1521. Jakob Fugger der Reiche stiftete an diesem Tag eine soziale Heimat für Bedürftige, die „auf ewig“ bestehen sollte: die Fuggerei. Dieses Versprechen hat er im Stiftungsbrief niedergeschrieben – und dieses Versprechen hat die Familie Fugger gehalten. Der Kaufmann, der bis heute als der reichste Mann der Geschichte gilt, hat eine smarte Basis geschaffen, auf der die Familie Fugger über die Jahrhunderte hinweg etwas aufgebaut hat und bis heute den Stiftungszweck erfüllt: Menschen, die in Not geraten sind, wieder auf die Beine zu helfen. Und zwar nicht irgendwie. Sondern durch „Hilfe zur Selbsthilfe“.

"Unsere Vision: weltweit sollen Fuggereien Menschen Hilfe zur Selbsthilfe bieten"

Maria Elisabeth Gräfin Thun-Fugger, Senioratsvorsitzende

Jakob Fugger sah sich immer als Bürger der Stadt Augsburg. Und auch, wenn er zu den reichsten und erfolgreichsten Persönlichkeiten seiner Zeit zählte, so begegnete er laut historischen Chroniken den Menschen auf Augenhöhe. „Deswegen kam für ihn auch nicht infrage, Bedürftige ganz ohne Gegenleistung wie Almosenempfänger in der Fuggerei leben zu lassen“, erklärt Maria Elisabeth Gräfin Thun-Fugger. „Er legte die Gegenleistung auf drei Gebete am Tag und einen Rheinischen Gulden im Jahr fest – damals etwa der Wochenlohn eines Handwerkers.“ Und bis heute ist es dabei geblieben: 88 Cent müssen die Bewohner:innen im Jahr bezahlen, wobei Nebenkosten wie Strom oder Heizung von den Bewohner:innen selbst getragen werden.

Was Jakob Fugger hier erschaffen hat, sorgte schon vor 500 Jahren weit über die Grenzen Augsburgs hinaus für Staunen. Mehr als 300 Menschen fanden damals in der Fuggerei ein Zuhause. Bedenkt man, dass Augsburg zur damaligen Zeit nur 30.000 Einwohner hatte, hat er das damalige Sozialsystem auf einen Schlag deutlich erleichtert. „Die Fuggerei wurde immer wieder von Delegationen aus der ganzen Welt besichtigt. Das Ziel: ein ähnliches Konstrukt auch an anderen Orten aufzubauen“, erzählt ­Maria Elisabeth Gräfin Thun-Fugger. Doch bisher scheiterten alle Versuche – oder waren bei Weitem nicht so erfolgreich wie das Augsburger Vorbild. Die Fuggerei schien unkopierbar. Und das, obwohl der Stifter selbst festgelegt hatte, dass die Sozialsiedlung „in exemplum“, also „beispielhaft“ gestiftet sei. Nachahmung also eindeutig erwünscht.

„Und genau diesem Wunsch wollten wir nachkommen“, betont Maria Elisabeth Gräfin Thun-­Fugger. „Zum 500. Geburtstag der Fuggerei haben wir uns vorgenommen, dass dieses Konzept auf der ganzen Welt umsetzbar sein muss.“ Also trafen sich die Mitglieder der Familie Fugger mit Philosophen, Historikern und anderen Experten, um der DNA der Fuggerei auf die Spur zu kommen. „Nach langen ­Gesprächen und Diskussionen entstand hieraus der sogenannte Fuggerei-Code“, erklärt die Senioratsvorsitzende. Das sind drei Sätze, welche die Essenz der Fuggerei auf den Punkt bringen und so das scheinbar Unkopierbare kopierbar machen:

"Dieser Ort ist ein kuratierter Lebensraum für die Ewigkeit. Für eine minimale spirituelle und monetäre Gegenleistung ermächtigt die Stiftung Bedürftige aus der Region, ein selbstbestimmtes Leben in Würde zu führen. Das Konzept der Fuggerei setzt Maßstäbe seit 1521."

Kurz zusammengefasst steckt dahinter, dass eine zweite Fuggerei nur klappen kann, wenn ein paar essenzielle Punkte erfüllt sind. Etwa, dass dem Einzelnen ausreichend Lebensraum zur Verfügung steht – und dieser sollte nicht „schnell und billig“, sondern auf Langfristigkeit ausgelegt entstehen. Auch die Gegenleistung der Bewohner:innen ist wichtig: und zwar als Geldleistung, aber auch als spirituelle Leistung – das müssen nicht zwingend katholische Gebete sein, sondern kann sich an die jeweiligen spirituellen Ge­gebenheiten vor Ort anpassen. Ein selbstbestimmtes Leben in Würde war schon Jakob Fugger, der ja jedem auf Augenhöhe begegnete, äußerst wichtig.

Den Blick nach vorne gerichtet

Beim 500. Geburtstag ist es klar, dass man auch zurückblickt – vor allem geht es aber darum, den Blick nach vorne zu richten. So wie es Jakob Fugger bereits im Jahr 1521 gemacht hatte. Der Vorbildunternehmer, dessen Wirken bis heute das Leben von vielen Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind, verändert hat – und noch verändern wird. Wenn der Plan aufgeht, schon bald weltweit.

23. bis 29. August 2021: eine Festwoche für Augsburg

Am 23. August findet der Auftakt zur Festwoche in der Fuggerei statt. Damit alle Augsburger:innnen mitfeiern können, ist in dieser Woche der Eintritt frei. Es gibt ein buntes Programm für die ganze Familie, für Jung und Alt, von Kinder- bis Kulturprogramm. Abschluss der Feierlichkeiten ist ein Festgottesdienst mit Bischof Dr. Bertram Meier in der Kirche St. Moritz mit anschließendem Ausklang der Festwoche in der Fuggerei. Das detaillierte Programm finden Sie ab Anfang August auf www.fuggerei-next500.de

Das neue Museum der Geschichte und des Wohnens in der Fuggerei

Im neuen „Museum der Geschichte und des Wohnens“ in der Fuggerei können Besucher die Geschichte der Sozialsiedlung multimedial erleben: die Stiftungsurkunde, das Fuggerei-Modell, Bilder sowie Hörstationen und Animationen machen die Fuggerei auf ganz neue Art und Weise erlebbar. Zu finden ist es in der Mittleren Gasse 13 und 14. Dort liegt auch die historische Wohnung. Zu sehen ist nicht nur, wie sich die Fuggerei über die Jahrhunderte verändert hat. Vor allem kommt man den Menschen, die in der Fuggerei leben, ein Stück näher. Denn für jedes Jahrhundert wurde eine Familie herausgehoben – eine, die hier wirklich gelebt hat.

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