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VISIONEN: Die Neumacher

VISIONEN

Die Neumacher

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    Erste Prototypen: Prof. Dr. Joachim Müller und Studentin Johanna diskutieren unterschiedliche Varianten aus Pilzmyzel und Aerogel-Wärmedämmung.
    Erste Prototypen: Prof. Dr. Joachim Müller und Studentin Johanna diskutieren unterschiedliche Varianten aus Pilzmyzel und Aerogel-Wärmedämmung. Foto: Melanie Lieberer

    Wenn das nicht passt. Die verlassene JVA in der Hochfeldstraße wird neuer Campus der Hochschule Augsburg. Raum-Upcycling sozusagen. Bestehendes nutzen, statt neu zu bauen. Bis es so weit ist, dauert es noch ein paar Jahre, doch genützt werden die Räume schon jetzt: Als Lagerhalle und Werkstatt von Studenten der Gruppe E2D-UP! – einem Projekt der Studiengänge „Energieeffizientes Planen und Bauen / Energie Effizienz Design (oder kurz: E2D), das sich mit dem Thema Upcycling befasst.

    E2D hat – grob gefasst – die Entwicklung von Gebäude- und Quartierskonzepten zum Ziel, die sowohl architektonisch als auch mit Blick auf ihren nachhaltigen Ressourcenverbrauch überzeugen. In kleinerem Maßstab denken die E2D-UP!-ler das Prinzip der Materialkreisläufe weiter: als UPcycling: Wiederverwenden. Umgestalten. Neues erschaffen. Seit 2016 arbeitet die Truppe an der Außenraumgestaltung des Modularfestivals mit.

    Keine Wegwerfgeschichten

    An das erste Projekt – die Sitzmodule aus alten Paletten, dreieckig in der Form und schlicht in der Optik – kann man sich nicht nur vom Modular her erinnern. Auch bei den Augsburger Sommernächten, bei der Radlnacht oder im Botanischen Garten konnte man auf ihnen chillen.

    „Für das Modular wollten wir keine Wegwerfgeschichte machen“, sagt Prof. Dr. Joachim Müller, der die Gruppe begleitet. „Wir wollten aus Material mit Vorgeschichte etwas schaffen, das langfristig weiter verwendet wird.“ Mit den Sitzmodulen hat das gut geklappt. Mit den „klUP!boxen“ könnte es ähnlich gut laufen: Diese Klapphäuschen wurden ebenfalls für das Modularfestival entwickelt. In den vergangenen beiden Jahren dienten sie als Bühne oder als Verkaufsstand auf dem Festivalgelände, zuletzt waren sie beim Augsburger Friedensfest im Einsatz. In Zukunft könnten sie dauerhaft am Waldrand stehen, umgenutzt als Rückzugsraum für Kinder eines Waldkindergartens.

    Dämmung soll natürlich sein

    „Wenn die genauen Anforderungen der Stadt definiert sind, geht es für die Studenten an die konkrete Planung: Wie kann man die Boxen zu einem großen Raum verbinden? Wie effizient beheizen? Und welches neue Kleid bekommen sie?“

    Eine Sache ist längst klar: Die ausrangierten Festivalbanner als Außenbespannung haben ausgedient – etwas Dauerhaftes und Wetterfestes muss her. Auch die Dämmung wurde unter den Studenten schon ausgiebig diskutiert. Sie sollte, thematisch passend, natürlich sein. Dämmung aus Blättern, geschäumter Lehm oder auch eine Dämmung aus Pilzen ist eine Idee. Studentin Johanna befasst sich für ihre Masterarbeit mit diesem Thema. Wie groß geratene Camemberts sehen sie aus, ihre Proben. Als Nahrung für den Pilz, ganz gewöhnlicher Austernpilz zum Beispiel, verwendete Johanna Holzspäne, Zellulose und Kaffeesatz. Das reicherte sie mit Aerogel an, einer modernen Hochleistungsdämmung. Über allem durfte der Pilz wachsen, anschließend wurden die Proben gebacken. Der nächste Schritt wird sein: Dämmwerte, Herstellungs- und Verarbeitungsmethoden optimieren, Festigkeit testen.

    Nachhaltig – auch in der Erinnerung

    „Genau das ist das Tolle an E2D-UP!“, schwärmt Johanna. „Dass man eine Aufgabe hat, ein konkretes Ziel, und dann darf man auch kreativ anders denken und ausprobieren.“ Auch Prof. Dr. Müller sieht die Projektgruppe nur positiv: „Hier haben die Studenten die Möglichkeit, eigene Projekterfahrungen in realen Situationen zu machen. Sie steuern Planungsprozesse, kümmern sich um Material, Ausführung, übernehmen Verantwortung für Zeitplanung und Kosten, bauen selbst, engagieren sich sozial – das bleibt nachhaltig in Erinnerung.“

    Nachhaltig ist ein Wort, das ganz schön häufig fällt im Gespräch mit den Studenten. Auch Jason spricht von Nachhaltigkeit. Er und noch ein paar andere haben sich für das diesjährige Modularfestival das Thema „Precious Plastic“ (kostbares Plastik) vorgenommen. Das Do-it-yourself-Phänomen macht gerade im Internet die Runde, initiiert wurde es vom Niederländer Dave Hakkens. Das Prinzip ist schnell erklärt: Jeder kann sich die Baupläne downloaden und anschließend in der heimischen Garage Plastikabfall schmelzen und in neue Form bringen. Genau das soll auch auf dem Modular passieren. „Im Idealfall wollen wir live zeigen, wie man den Plastikabfall der Besucher weiterverwenden kann“, sagt Jason.

    Altplastik ist eine wertvolle Ressource

    Der Prototyp der Maschine steht bereits in der Werkstatt in der ehemaligen JVA: Motor, Einfülltrichter, Förderschnecke, Heizklemmen und eine Düse, aus der das geschmolzene Plastik rauskommt, stehen bereits. Jetzt geht es an die konkrete Testphase.

    Plastikrecycling ist natürlich nichts Neues. „Unser Ziel ist aber, dass wir den Prozess sichtbar machen. Dass wir den Leuten zeigen können, dass Plastik nicht nur Müll ist, sondern wertvolle Ressource, aus der man wieder höherwertige Produkte herstellen kann.“ Und wenn die neu entstandenen Teile irgendwann nicht mehr gefallen, kaputt sind? Schreddern, schmelzen, neu formen, nutzen – upcyclen eben. Dann passt’s wieder.

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