Anton Holzmüller, Mesner der Basilika St. Ulrich und Afra, kennt die Heiltumskammer in- und auswendig. Er sperrt den besonderen Raum für Besuchergruppen auf, er ist es, der spezielle Reliquien zu bestimmten Anlässen aus den Schaukästen herausholt. "Aber eines fasziniert mich besonders. Fast in jeder Nische ist ein Kamm", sagt er. In der Tat: Während auf der einen Seite ein vergleichsweise schlichter Doppelkamm, der Konradkamm, zu sehen ist, ein anderer Gegenstand ebenfalls klar durch seine Zähne als Kamm identifiziert werden kann, lenkt ein besonderes Exemplar alle Blicke auf sich - der Ulrichskamm.
Ein Kamm auf Elfenbein mit abgebildeten Kampfszenen
Der Doppelkamm - vermutlich im 12. Jahrhundert in Süditalien gefertigt - besitzt auf jeder Seite ein vertieftes Bildfeld, auf der jeweils eine Kampfszene dargestellt ist. Das Elfenbeinstück wird traditionell als Kamm des Heiligen Ulrich angesehen, obwohl er wegen seiner Entstehungszeit nicht mit dem historischen Ulrich in Verbindung stehen kann. Dennoch ist die Verwendung liturgischer Kämme auch fürs 10. Jahrhundert bezeugt. So soll sich Ulrich nach dem Anlegen der bischöflichen Gewänder mit solch einem Kamm seine Haare gerichtet haben.
Ulrichs Grab wurde 210 Jahre nach seinem Tod geöffnet
Gezeigt wird in der Kammer im Seitenschiff ein bedeutender mittelalterlicher Reliquienschatz. Seinen Kern bilden die Reliquien von Bischof Ulrich (923-973), die als Beigaben in seinem Grab gefunden wurden. 210 Jahre nach seinem Tod wurde es 1183 in Anwesenheit von Kaiser Friedrich Barbarossa geöffnet. Man barg seinen Pontifikalornat, also Gewänder und Messkelch. Die Inschrift auf dem Kelchfuß besagt, dass er auf der Brust des Bischofs gefunden worden war, wenn auch damals wohl noch in einem kleineren Format. Eine Kette, an der ein mit Silber ummantelter und mit einem Bergkristall verzierter Zahn des Bischofs zu sehen ist, hing früher an dem Kelch, der auch heute noch in Gebrauch ist. "In der Ulrichswoche wird der Messkelch verwendet", sagt Holzmüller.
Das Ulrichskreuz ist immer zu sehen
Zu dem "Kirchenschatz" gehört vor allem auch ein Gegenstand: das Ulrichskreuz, das man auch bei geschlossener Heiltumskammer durch ein kleines Fenster in der Tür sehen kann. Der Überlieferung nach soll es einen Splitter des Kreuzes Christi enthalten. Das Siegkreuz habe Bischof Ulrich bei seinem Ausritt zur Lechfeldschlacht (955) begleitet, heißt es. Er überwachte persönlich die Verteidigung des Osttors der Stadt. Im Nachhinein wurde das schlichte Holzkreuz in kostbare Fassungen eingelassen. "Neben der Ulrichswoche wird das Kreuz auch bei Trauergottesdiensten von unseren Pfarreimitgliedern verwendet", sagt Anton Holzmüller.
Die Heiltumskammer war 2004 eröffnet worden - davor war eine Abstellkammer. Mit der Kammer wurden die Reliquien zusammengeführt, die zuvor an unterschiedlichen Orten der Basilika untergebracht und teilweise für die Öffentlichkeit gar nicht zugänglich waren.