Es ist ein beschwerlicher Weg, den die Besucher in Kauf nehmen müssen: 392 Stufen führen auf den Oberhauser Gaskessel hinauf. Oben angekommen, in 86 Metern Höhe, wird man dafür aber allemal belohnt. Die Aussicht von der Plattform ist beeindruckend. Es ist nicht das Einzige, was die Besucher des Industriedenkmals staunen lässt. Im Inneren des Gaskessels, einem von zwei sogenannten Scheibengasbehältern, die noch in Bayern existieren, befindet sich eine besondere Klanginstallation mit Orgelpfeifen.
Das Pendel macht die Erdrotation sichtbar
Es sind insgesamt 58 Orgelpfeifen, die rund um ein 70 Meter langes Foucaultsches Pendel angebracht sind, eines der längsten seiner Art in Deutschland. Das Pendel macht die Erdrotation sichtbar - je näher man den Erdpolen kommt, desto stärker ist die Drehung des Pendels. Am Äquator hingegen dreht es sich nicht.
In Augsburg gibt das Foucaultsche Pendel außerdem den Takt vor, in dem Töne aus den Orgelpfeifen erklingen. Das Pendel wurde 2008 installiert, die Orgelpfeifen kamen 2009 hinzu.
Sie lassen Bachs C-Dur Preludium ertönen. Allerdings ist die Melodie nicht wiederzuerkennen, weil nur alle 17 Sekunden ein Ton zu hören ist. Um das gesamte Stück hören zu können, müssten Besucher drei Stunden einplanen anstatt der eigenlichten anderthalb Minuten.
Einmal musste das Pendel weichen
Künstler Jürgen Scriba, der für die Klanginstallation verantwortlich ist, will damit sinnlich erfahrbar machen, was man mit bloßem Auge nicht mehr sehen könne.
Das Pendel musste bislang nur einmal weichen - für eine andere Installation. Das Geheimherz des katalanischen Künstlers Jaume Plensa fand dort im Juni 2014 genug Raum. Die 25 mal 28 Meter große Skulptur war ein Besuchermagnet: Rund 8000 Besucher kamen innerhalb von sieben Monaten zur Oberhauser Industriebrache.
Führungen im Gaswerk
Der Gaskessel ist aber auch ohne das Herz ein beliebter Ausflugsort. Der Verein der Gaswerksfreunde bietet ein umfangreiches Besuchsprogramm an: Vom 9. April bis 24. September finden jeden Sonntag um 14 Uhr Führungen im Gaswerk statt. Sie sind kostenlos und dauern rund zwei Stunden. Das Foucaultsche Pendel wird weiterhin zu sehen sein, nur den beschwerlichen Aufstieg ist für die Besucher in diesem Jahr nicht möglich - das Abseilen ebenfalls nicht. Denn das ehemalige Gaswerk-Areal wird zum Kreativquartier umgebaut. Im Zuge des Umbaus wird auch der Scheibengasbehälter eingerüstet und saniert. Die Stadt wird künftig auf dem Gaswerk-Areal rund 5000 Quadratmeter Fläche anmieten. Vor allem die Künstler und Musiker, die bislang im Kulturpark West an der Sommestraße Ateliers und Proberäume hatten, sollen in Oberhausen eine neue Heimat finden.
Führung: Anmeldungen untermail@gaswerk-augsburg.de, alle weiteren Infos unter www.gaswerk-augsburg.de