Es ist ein Mord, dessen Motiv bis heute nicht zweifelsfrei geklärt ist. Die einen sprechen von einem Racheakt aus Eifersucht, andere von einer politischen Verschwörung. Fest steht aber: Dieser Mord an einem König ist schuld daran, dass Oberwittelsbach, vor knapp 1000 Jahren noch ein Zentrum bayerischer Macht, landesweit nur Geschichtsfreunden ein Begriff ist. Welche Bedeutung hätte der Aichacher Ortsteil wohl heutzutage, wenn er Stammsitz der Wittelsbacher geblieben wäre?
Der Reihe nach: Es war 1115, als sich erstmals ein Graf Otto von Scheyern nach der Burg Wittelsbach an der Straße von Augsburg nach Regensburg benannte. Otto IV. verlegte seine Residenz von Scheyern auf den Berg von Oberwittelsbach, der über dem Paartal thront. Der Burgherr war Pfalzgraf, also ein Vertreter des Königs im Herzogtum, wie Wolfgang Brandner, Vorsitzender des Heimatvereins Aichach, erklärt. Otto ließ die Burganlage erweitern. Der Stammsitz des Bayerischen Herrschergeschlechtes gedieh. Krönung des Aufstiegs war 1180, als die Wittelsbacher das Herzogtum Bayern erhielten.
Pfalzgraf Otto wurde geächtet und hingerichtet
100 Jahre nach der Stammsitzverlegung setzte ein Nachfahre jenes Pfalzgrafen der Immobilie nachhaltig zu - als Folge einer Mordtat, die er beging: Pfalzgraf Otto VIII. nahm am 21. Juni 1208 im Bischofspalast Bamberg dem Stauferkönig Philipp von Schwaben mit dem Schwert das Leben. Damit besiegelte er sein Schicksal und das seiner Burg. Otto VIII. wurde geächtet und hingerichtet, die Burg geschleift. Sie diente der Bevölkerung als Steinbruch.
Den Burgplatz gibt es heute noch. Ihn krönt eine Kirche. Quader im Sockel des Turms gehen auf die Stammburg zurück. Teile der Burg-Grundmauern sind laut Brandner heute noch vorhanden. Der Überlieferung nach ist das Gotteshaus 1418 als "Sühnekirche" des Herzoghauses zur Wiedergutmachung des Mordes entstanden.
2020 findet im Wittelsbacher Land die Bayerische Landesausstellung statt
Jahrhundertelang interessierte Oberwittelsbach kaum jemanden. Auch die Wittelsbacher mochten mit ihrem früheren Stammsitz nichts mehr zu tun haben. Das änderte sich im 19. Jahrhundert. König Ludwig I. plante ein großes Denkmal. "Aber Geld steuerten die Wittelsbacher nicht bei", weiß Brandner. Das Geld wurde gesammelt. Auch in der Bevölkerung. 1834 feierten die Menschen das neue Nationaldenkmal, das noch heute auf dem Burgplatz steht.
Mit der landesweiten Bekanntheit könnte es 2020 doch noch etwas werden. Dann findet im Wittelsbacher Land die Bayerische Landesausstellung statt (Mehr dazu lesen Sie hier.) Auf diese Weise wird Oberwittelsbach in den Fokus rücken, wenngleich es wegen der sich hinziehenden Sanierung der Burgkirche nicht wie geplant im Zentrum stehen kann. Im Mittelpunkt sind nun die frühen Wittelsbacher als Städtegründer und damit die Städte Aichach und Friedberg. Ohne den Königsmord hätte das Wittelsbacher Land diese Werbekampagne kaum nötig. Vielleicht wäre es sogar bekannter als München? Nun ja - pure Spekulation.