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Porträt: Große Klappe, viel dahinter: Holt Speerwerfer Johannes Vetter Gold?

Porträt

Große Klappe, viel dahinter: Holt Speerwerfer Johannes Vetter Gold?

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    Deutsche Medaillen-Hoffnung in Tokio: Speerwurf-Ass Johannes Vetter.
    Deutsche Medaillen-Hoffnung in Tokio: Speerwurf-Ass Johannes Vetter. Foto: Hendrik Schmidt, dpa

    Der Grat ist schmal, zwischen einem selbstbewussten und einem überheblichen Auftritt. Johannes Vetter schafft es bisher mit beeindruckender Sicherheit, sein Selbstbewusstsein zu demonstrieren, dabei aber nicht überheblich zu wirken. Er verfährt nach dem Prinzip: Große Klappe, aber viel dahinter. „Ich laufe an und haue drauf“, sagte der 28-jährige Speerwerfer über seinen Plan für Tokio. „Ich habe riesen Bock drauf, eine Bombe platzen zu lassen.“ Sport kann so herrlich einfach sein.

    Mit dieser klaren Herangehensweise hat sich Vetter zum Topfavoriten im Speerwurf gemacht. Aus dem deutschen Leichtathletik-Team ist vor ihm allenfalls die Olympiasiegerin im Weitspringen, Malaika Mihambo, ähnlich aussichtsreich an den Start gegangen.

    Vetter brach fast den Weltrekord

    Vetter ist der Einzige, der den Speer, die älteste Jagdwaffe der Menschheit, in diesem Jahr schon über 90 Meter weit geworfen hat. Seit 18 Wettkämpfen ist er unbesiegt. Im Vorjahr kam er mit 97,76 Metern bis auf 62 Zentimeter an den Weltrekord des Tschechen Jan Zelezny heran. Wer also soll diesen Mann in Tokio davon abhalten, Gold zu holen?

    Mental und körperlich scheint dem Modellathleten aus Offenburg niemand gewachsen. „Meine aktuelle Stabilität gibt mir natürlich ein enorm gutes Gefühl. Zurzeit kann mich eigentlich nichts stoppen“, sagt Vetter, Spitzname Jojo. Und: „Ich bin immer im Beast-Mode. Egal, ob gerade Wettkämpfe sind oder nicht. Ich pushe mich immer bis zum Limit und darüber hinaus.“

    Wie das dann aussieht, kann man auf dem Instagram-Kanal Vetters besichtigen. Dort ist dann zu sehen, wie das 1,88 Meter große und 103 Kilo schwere Kraftpaket mit nacktem Oberkörper Gewichte stemmt oder sich von seinem Trainer Boris Obergföll die Schulter aufdehnen lässt. Zu finden sind dort aber auch Kochrezepte für Pfannkuchen ohne Zucker auf Bananenbasis.

    Nach dem Tod seiner Mutter musste sich Vetter orientieren

    Ernährung und Training sind seit Jahren auf diesen Freitag abgestimmt, wenn in Tokio das Speerwurffinale ansteht. „Das Ziel ist auf alle Fälle Olympia-Gold mit über 90 Metern“, sagt Vetter. Das solle nicht arrogant klingen, aber er wisse eben, was er drauf habe. „Und eigentlich auch, dass ich momentan unschlagbar bin.“

    Bei allem demonstrativen Selbstbewusstsein funktioniert aber auch Vetter nach dem Prinzip: „Harte Schale, weicher Kern.“ Nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 2018, die an einem Gehirntumor starb, habe er erst eine neue Balance in seinem Leben finden müssen. Privat und auch in den Wettkämpfen sei er ruhiger und entspannter geworden. „Richtig verarbeiten tut man so etwas nie“, sagte er in Tokio. „Ich versuchte, anders damit zu leben. Es tut mir eher gut, darüber zu sprechen, als wenn ich es in mich hineinfresse.“ Das würde auch nicht passen zu diesem lautstarken, sympathischen Hünen.

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