Der Präsident des Fußball-Weltverbandes Fifa, Gianni Infantino und der Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani haben es vermutlich genau so gewollt: Mit Frankreich und Argentinien stehen im WM-Finale nun genau jene Teams mit ihren Lichtgestalten, die die engste, schillerndste und lukrativste Bindung ins Wüstenemirat besitzen.
Nach Weltstar Lionel Messi folgte am Tag danach auch Superstar Kylian Mbappé: Weltmeister Frankreich löste mit einem schwer erkämpften 2:0 (1:0) gegen Außenseiter Marokko erneut das Endspielticket, obwohl die Nordafrikaner im Al-Bayt-Stadium in der Küstenstadt Al Khor eine frenetische Rückendeckung von den Rängen hatten.
Mit Kolo Muani macht auch ein Bundesliga-Spieler ein Tor
Doch letztlich entschied auf dem Rasen ein Blitztor von Theo Hernandez (5.) und der eingewechselte Randal Kolo Muani vom Bundesligisten Eintracht Frankfurt (79.) das umkämpfte Halbfinale. Abermals begnügte sich die Equipe Tricolore eines höchst pragmatischen Ansatzes. Aber Nationaltrainer Didier Deschamps argumentierte am Vortag nicht zufällig damit, dass ihm Resultate das Wichtigste sind. Und diese Prämisse setzen seine Profis wie schon 2018 in Russland nun auch in Katar sehr präzise um.
Nun kommt es am Sonntag (16 Uhr/ARD) zum flirrenden Showdown der Giganten Messi und Mbappé, die bei Paris St. Germain mit den schier unerschöpflichen Geldquellen des katarischen Staatfonds bezahlt werden. Die Franzosen können das erste Team werden, das nach Brasilien 1962 wieder den WM-Titel verteidigt. Für Marokko bleibt trotz einer tapferen Darbietung nur der Trostpreis mit dem Spiel um Platz drei gegen Kroatien (Samstag 16 Uhr).
Marokkanische Fans flogen mit Sondermaschinen nach Katar
Um diesem historischen Ereignis für das ehemalige Protektorat Frankreichs beizuwohnen, waren mehrere Sondermaschinen mit marokkanischen Fans in Doha gelandet, um Support zu leisten. Das entlud sich in gellenden Pfiffen immer dann, wenn die „Bleus“ am Ball waren, die dem Unmut eine weltmeisterliche Antwort entgegensetzten: Nach Pass von Raphael Varane öffnete sich für Antoine Griezmann der Raum, nach dessen Hereingabe Mbappé zwar zweimal scheiterte, aber Theo Hernandez überwand mit einem Scherenschlag den zu zögerlichen Torwart Bono bereits nach fünf Minuten. Riesiger Jubel beim 25-jährigen Linksverteidiger, der nur durch die Verletzung seines Bruders Lucas Hernandez in die Stammelf gerückt war.
Der frühe Vorsprung spielte dem Favoriten natürlich in die Karten, der nun in Ruhe aus seiner geordneten Defensive auf Umschaltaktionen warten konnte, um vor allem den pfeilschnellen Mbappé in Szene zu setzen. Die verletzungsbedingten Ausfälle von Innenverteidiger Dayot Upamecano und Mittelfeldmann Adrien Rabiot, für die Ibrahima Konaté und Youssouf Fofan aufliefen, hatten zunächst keine Auswirkungen. Beinahe hätte Mittelstürmer Olivier Giroud nach dem nächsten schweren Abwehrfehler beinahe auf 2:0 gestellt, doch knallte der Routinier die Kugel an den Pfosten (17.). Kurz darauf verloren die Marokkaner auch noch ihren angeschlagenen Kapitän Romain Saiss mit einer Oberschenkelverletzung (21.).
Marokko spielt im WM-Halbfinale mit großer Leidenschaft und übertriebener Härte
Doch die personell ohnehin gebeutelte Elf von Nationalcoach Walid Regragui kämpfte sich trotzdem mit großer Leidenschaft, aber auch übertriebener Härte in die Partie zurück, obwohl Mbappé und Giroud im Doppelpack eine weitere Großchance der Franzosen vergaben (36.). Die beste Ausgleichschance eröffnete sich nach einer Giroud-Kopfballabwehr dann Jawad El Yamiq, dessen Fallrückzieher Kapitän Hugo Lloris im Verbund mit dem Pfosten entschärfte (44.). Auch nach der Pause spielten die Marokkaner mit sehr viel Herz weiter, ihre technischen Qualitäten, die vor allem Hakim Ziyech verkörpert, ermöglichten ihnen, teilweise erstaunliche Dominanz zu erzeuge.
Die Mannschaft von Deschamps geriet gehörig unter Druck, hatte Glück, dass Sofiane Boufal bei seiner Hereingabe die falsche Entscheidung traf (53.). Eine durchaus beispielhafte Szene für den im Abschluss zu verspielten Underdog. Die sehr körperbetonte Spielweise, nicht immer vom mexikanischen Referee Cesar Ramos geahndet, behagte den Franzosen nicht Gleich mehrere Behandlungspausen nahm sich Mbappé. Wie schon im Viertelfinale gegen England sah sich der 23-Jährige oft zwei Gegenspielern ausgesetzt. In der Schlussphase wurden die Franzosen auch durch die Einwechslungen wieder aktiver. Erst sorgte der für Borussia Mönchengladbach spielende Marcus Thuram mit einem Kopfball für Gefahr (71.).
Die Erlösung brachte mit Kolo Muani ein anderer Stürmer, der erst diesen Sommer nach Deutschland kam: Nach einer schönen Ballstafette und einem abgewehrten Dribbling von Mbappé, musste der eine Minute zuvor eingewechselte Joker den Ball nur noch über die Linie schieben. An dem besonderen Stellenwert des Treffers änderte das für den 24-Jährigen natürlich nichts.