Pro: Zeit mit den Menschen, die man schon sein Leben lang kennt
Ja, es klingt für viele nach einem Klischee und für manche nach einer unangenehmen Verpflichtung: Weihnachten wird mit der Familie gefeiert. Aber wer die Familie nicht ohnehin das ganze Jahr um sich hat, sie vielleicht nur alle paar Monate sieht, kann diesen Aspekt der Feiertage besonders genießen. Und auch mal über Kleinigkeiten hinwegsehen. Die fragwürdige, ungefragt kommunizierte Weltanschauung des Onkels? Kann man ignorieren. Die oft wiederholten Geschichten der Großmutter, die weder Pointe noch Schluss zu haben scheinen? Lächeln und nicken. Und genießen, einmal im Jahr mehr als ein oder zwei Stunden am Stück mit den Menschen zu verbringen, die man schon sein Leben lang kennt.
Gerade weil man sich die Familie nicht aussucht, ist die Zeit mit ihr besonders. Es geht nicht um Reibungslosigkeit, sondern um Gemeinsamkeit. Was zusammenhält, sind vielleicht nicht der gemeinsame Musikgeschmack oder die politische Einstellung. Man teilt Erinnerungen und Traditionen. Erinnerungen an schöne Feste der vergangenen Jahre, an gemeinsam verbrachte Zeit. Traditionen, die nicht zwangsweise irgendetwas mit religiösen oder gesellschaftlichen Konventionen zu tun haben müssen, sondern die sich eben so entwickelt haben - in der Familie, unter den Menschen, die man schon sein Leben lang kennt. Marco Keitel
Contra: Weihnachten mit der Familie – oft weit entfernt von der Wunschweihnacht
Erst in der kalten Kirche hocken, dann gibts Fondue oder Bratwürste. Man verschenkt das dritte Paar Socken und bekommt Geschenke, die „gut gemeint sind“. Warum? Weil das Familientradition ist. Es ist doch so: Weihnachten stellt sich jeder anders vor, aber selten läuft es so ab, wie man es sich selbst wünscht.
Statt netter Gespräche gibt es bei der Familien-Weihnachtsfeier einen Maulkorb. Ja nicht über Politik, Gesellschaft oder Umwelt sprechen, um den Frieden zu wahren. Von diesem Verbot fühlen sich aber meist die ausgenommen, bei denen man es sich wünschen würde. „Nein, Onkel Werner, von diesem Facebook-Beitrag habe ich noch nicht gehört.“ Dafür darf man zum sechsten Mal erzählen, warum man Single ist, ob man zu- oder abgenommen hat oder was man denn allgemein mit seinem Leben anfangen will. „Ja, Tante Ute, deine Lebensratschläge helfen mir ganz sicher.“ Weihnachten mit der (Groß-)Familie führt alle Jahre wieder zu einer wilden Mischung aus Langeweile und erhöhtem Puls.
Warum tut man sich das an? Weil es Familientradition ist. Dabei könnte Weihnachten doch so schön sein. Gemeinsam mit Freunden groß aufkochen und wirklich interessante Gespräche führen. Sich mit dem Partner oder der Partnerin unter der Decke einkuscheln und das machen, wovon immer alle sprechen: wertvolle Zeit mit den Liebsten verbringen. Oder sich aus allen gesellschaftlichen Verpflichtungen ausklinken und allein entspannen. Auch ein paar Stunden Familienwahnsinn sind an Weihnachten verkraftbar, aber bitte nicht den ganzen Tag. Geschweige denn alle drei! Sarah Schöniger
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