Wer die Dr.-Frank-Straße in Stadtbergen entlangfährt, dem sticht ein Grundstück sofort ins Auge. Seit einigen Wochen stehen dort zwei kleine Holzhäuser auf Rädern, umrahmt von einem Holzzaun. An jedes Häuschen ist eine kleine Terrasse gebaut. Davor steht – oder liegt vielmehr – jeweils eine Art großes Weinfass mit Türe.
"Als wir hier alles aufgebaut haben, haben uns ständig Leute darauf angesprochen", sagt André Laube. Gemeinsam mit seiner Partnerin Susanne Seibold hat er ein in der Region Augsburg bislang einzigartiges Projekt gestartet: Mitten in einem Stadtberger Wohngebiet vermieten die beiden Deuringer zwei Tiny Houses an Feriengäste. "Tiny House Auszeit" haben sie ihr neues Angebot getauft. Die großen "Weinfässer" dienen den Gästen als private Saunen. Vor einigen Wochen kam zwischen der etwa 400 Quadratmeter großen Umzäunung und der Straße ein weiteres, fest montiertes Häuschen dazu.
"Das hat ein älterer Herr aufstellen lassen, der nun selbst dort einzieht", berichtet André Laube. Dieses Häuschen stamme von einem Wehringer Start-up und gehöre nicht zur "Tiny House Auszeit". Dennoch haben beide Parteien das etwa 800 Quadratmeter große Grundstück gemeinsam erschlossen und pachten es nun für zwölf Jahre. Wie kam es dazu?
Ein Horgauer hatte die Idee, das Grundstück an Tiny Houses zu verpachten
"Nachdem das Grundstück einige Zeit leer gestanden hatte, kam der Besitzer aus Horgau auf die Idee, den Grund an Menschen mit Tiny Houses zu verpachten", berichtet Laube. Als das Paar auf das Grundstück aufmerksam wurden, waren sie von der Idee sofort angetan. "Man bekommt ja von überall mit, wie angesagt Tiny Houses sind", sagt der Informationstechniker.
Laube sieht in dem Konzept viel Potenzial: "Besonders für junge Leute kann das ein guter Einstieg in den Immobilienmarkt sein. Genauso kann es aber auch eine gute Lösung für Senioren sein, die kein großes Grundstück mehr verwalten können oder wollen." Der Traum vom Eigenheim lasse sich mit einem Tiny House bereits mit einer "Anfangsinvestition von weit unter 200.000 Euro" verwirklichen. Selbst in einem Tiny House zu wohnen, könne sich Laube aktuell aber nicht vorstellen.
Trotz allem möchte das Paar dazu beitragen, dass sich die kleinen Häuser stärker etablieren: "Wir hatten die Idee, dass eine Ferienvermietung ein guter Ansatz ist, um das Konzept vielen Menschen näherzubringen. Die Gäste können so testen, wie das alles funktioniert und wie viel Platz man wirklich hat", sagt Laube.
Ferien im Tiny House in Stadtbergen
Über einen familiären Kontakt bekamen die beiden Deuringer einen polnischen Tiny-House-Hersteller mit einem Zwischenhändler in Freiburg empfohlen. Dann ging alles Schlag auf Schlag. Ende vergangenen Jahres unterschrieben Laube und Seibold den Pachtvertrag, im April begann die Erschließung des Grundstücks, und im Juni folgte auch schon die Einweihung des ersten Tiny Houses mit dem Namen "Sonnenaufgang". "Da es unter 75 Kubikmeter umbauter Raum ist, braucht es dafür nur eine Zustimmung des Stadtrats und keine offizielle Baugenehmigung", sagt Laube. Abstands- und Brandschutzregeln müssten natürlich trotzdem eingehalten werden.
Auf 22 Quadratmetern Wohnfläche bietet das Häuschen "Sonnenaufgang" Platz für zwei bis drei Personen. Neben einem großen Bett und einer Schlafcouch sind eine voll ausgestattete Küche und ein Badezimmer integriert. Um die 120 Euro kostet eine Nacht.
Seit Mitte September können Gäste auch das Tiny House "Sonnenuntergang" mieten. "Die beiden Häuser sind fast identisch", sagt Laube. Mit etwa 25 Quadratmetern Wohnfläche ist das zweite Haus nur etwas größer und hat eine zweite Ebene mit einem zusätzlichen Schlafplatz. Für den Kauf beider Tiny Houses hat das Paar etwa 120.000 Euro in die Hand genommen.
Mit dem Angebot scheinen Laube und Seibold einen Nerv getroffen zu haben: Bislang seien beide Häuser fast durchgängig vermietet gewesen, berichtet Laube. Eine Tendenz zu eher jüngeren oder älteren Gästen gebe es nicht. Derzeit wohne in dem einen Haus für zwei Monate ein israelisches Paar, das von hier aus mit dem Laptop arbeiten kann. Das andere Haus sei sogar für ein halbes Jahr an ein Studentenpärchen aus Südamerika, das für ein Auslandssemester in Deutschland ist, vermietet.
Und was passiert, wenn der Pachtvertrag in zwölf Jahren ausläuft? "Das hängt natürlich von den kommenden Jahren ab und davon, ob wir das Konzept auf einem anderen Grundstück fortsetzen können und wollen", sagt Laube. Die kleinen Häuschen auf Rädern lassen sich schließlich einfach umsetzen.