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Königsbrunn: Königsbrunns „Mister Eishockey“

Königsbrunn

Königsbrunns „Mister Eishockey“

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    Viele Urkunden und Pokale konnte Willi Bertele in 50 Jahren Eishockey sammeln. Darunter auch ein Oscar, den er als Dank für sein langjähriges Engagement für die Pinguine bekam.
    Viele Urkunden und Pokale konnte Willi Bertele in 50 Jahren Eishockey sammeln. Darunter auch ein Oscar, den er als Dank für sein langjähriges Engagement für die Pinguine bekam. Foto: Reinhold Radloff

    Wenn Willi Bertele über sein mehr als halbes Jahrhundert Eishockey in Königsbrunn zu erzählen beginnt, dann sprudelt es nur so aus ihm heraus. Und da sind Dinge dabei, die bei vielen schon längst in Vergessenheit geraten sind.

    Eigentlich war ja Willi Bertele Fußballer wie sein Vater. Doch immer, wenn der Winter kam, wurde ihm langweilig. Hallenturniere gab es ja Anfang der 60er-Jahre noch nicht. Also kamen einige Jungs auf die Idee, hinter dem Gasthaus Krone den Schnee zu walzen, nächtelang zu spritzen und dann auf Natureis Schlittschuh zu fahren.

    Als er 14 Jahre alt war, wurde das erste Jugendteam gegründet. Schnell erkannten Eishockeyspieler sein Talent, machten ihn zum Stürmer wie beim Fußball und stellten den 16-Jährigen gleich in der ersten Mannschaft auf. Dann ging alles ganz schnell. Der AEV wurde auf Bertele aufmerksam und verpflichtete ihn. Mit der TSV-Jugend stieg er in die 2. Bundesliga auf. Weil ihn aber seine Jungs in Königsbrunn auch brauchten, spielte er dort unter falschem Namen. „Das war damals kein Problem“, erzählt Bertele schmunzelnd.

    Weil er das Fußballspielen nicht lassen wollte, wurde er beim AEV entlassen, konzentrierte sich aber trotzdem mehr und mehr auf Eishockey. „Mit 23 Jahren war ich in der Eishockeyabteilung des TSV schon Mädchen für alles: Trainer, Kapitän, Löser für Probleme und und und. Es gibt nichts, was ich noch nicht gemacht habe. Ich bin sogar auf dem Eis rumgefahren und habe von jedem Publikumsläufer 30 Pfennig kassiert.“

    Er erinnert sich noch heute gern daran, welch große Zuschauermenge zu den Spielen kam. Und wenn es taute? „Dann wurde eben nicht gespielt oder nur so lange, bis man ins Eis einbrach, so wie mal am Ammersee.“

    Auf eine ganz besondere Art erfuhren die Zuschauer von den Spielen: „Wir ließen den evangelischen Kirchturm anstrahlen. Dann wusste jeder Bescheid“, erzählt der Handelsvertreter im Ruhestand. „Wir zogen uns in einer Hütte um, da war dick Eis an den Wänden. Trotzdem war sie unser Lieblingsort, wo wir tolle Erlebnisse hatten. Einmal waren wir so eingeschneit, dass wir nicht mehr heimkamen und dort übernachten mussten. Am nächsten Morgen gingen wir von dort direkt zur Arbeit.“

    Auch wenn alles extrem primitiv war, auch die Ausrüstung, „wir hatten Otto-Kataloge als Schienbeinschützer“, schwärmt Bertele noch heute von dieser Zeit: „Der Zusammenerhalt war riesig. Die 60er-Jahre waren ein Höhepunkt in meinem Leben.“

    Trotz aller Reminiszenzen: Der Bau des Kunsteisstadions bei der Therme, das 1984 mit einem Spiel gegen die chinesische Nationalmannschaft eingeweiht wurde, war ein echtes Highlight. Es half dabei, bis in die Oberliga aufzusteigen (1987).

    Dann kam die Zeit der Abspaltung vom TSV und die Gründung des ESV. Und immer war Willi Bertele an vorderster Front zu finden. Ohne ihn lief nichts, bis 2007, als er sich zurückzog, allerdings bei der Gründung des EHC (2013) wieder einstieg. Jetzt ist er schon lange wieder Vorsitzender und blickt inzwischen auf eine mehr 50-jährige Funktionärskarriere zurück.

    Ganz besonders freuen ihn noch heute die vielen großen sportlichen Talente, die die Vereine hervorgebracht haben, wie Matthias Forster (DEL2), Steffen Tölzer, Jerome Flaake (einer der bestbezahlten Eishockeyspieler Deutschlands), die drei Conti-Jungs oder sein Sohn Frank. Super war auch, als wie vor 3000 Zuschauern in der Therme 10:4 gegen den AEV gewonnen haben.

    Doch es gab auch viele Eishockey-Tiefpunkte in seinem Leben: „Es war schlimm, als mir die Lizenz entzogen wurde, nur weil ich meinen Sohn unter falschem Namen spielen ließ oder ich den Prozess wegen illegaler Beschäftigung von Martin Kilian an der Backe hatte und wie ein Krimineller behandelt wurde.“

    Der heute 66-Jährige hat schon viel in seinem Eishockeyleben mitgemacht: „Ich sah 14 Abteilungsleiter oder Vorsitzende kommen und gehen, musste Insolvenzen und Diebstähle mit ansehen, machte aber auch viele Aufstiege mit, erlebte tolle Kameradschaft. Meine verstorbene Frau sagte mal, du bis mehr mit dem Eishockey verheiratet als mit mir“, erzählt der EHC Vorsitzende, der vielleicht im kommenden Jahr seinen Posten zur Verfügung stellen will. „Die Jugend wächst immer mehr in die Führungsrolle hinein, wenn sie auch derzeit noch meist das tut, was ich sage. Die große Erfahrung hilft einfach dabei, die Gesamtsituationen richtig einzuschätzen.“

    Derzeit läuft es bestens beim EHC: „Die Finanzen stimmen, die Vorstandschaft arbeitet gut, die Mannschaft hat viel Potenzial. Wir haben derzeit einen 24er-Kader, und deshalb sogar ein Luxusproblem.“ Willi Bertele sieht also keine existenziellen Probleme, auch für eine eventuelle Zeit nach ihm. Doch so ganz wird es sich wohl nie zurückziehen. Er wird nicht umsonst in Königsbrunn „Mister Eishockey“ genannt.

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