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Interview: Maxi Schafroth liebt es, in Rollen zu schlüpfen

Interview

Maxi Schafroth liebt es, in Rollen zu schlüpfen

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    Zu Hochform aufgelaufen: Maxi Schafroth (im Bild mit Gitarrist Markus Schalk) bei seinem Auftritt in Schwabmünchen.
    Zu Hochform aufgelaufen: Maxi Schafroth (im Bild mit Gitarrist Markus Schalk) bei seinem Auftritt in Schwabmünchen. Foto: Marcus Angele

    Herr Schafroth, das war ja gerade ein überragender Auftritt in Schwabmünchen – als gebürtiger Unterallgäuer (geb. in Stephansried) war es ja fast ein Heimspiel – hat es Ihnen Spaß gemacht?
    MAX SCHAFROTH: Ich bin noch ein bisschen wirr gerade. Aber ich muss Schwabmünchen gratulieren. Das ist ein grandioser Saal, das Publikum ist gleich angesprungen. Tief im Allgäu braucht’s manchmal etwas, ich nenne es „Vorglühzeit“, bis der 190er-Benz losrattert. Da ist Schwabmünchen schon etwas aufgeweckter. 

    Der Allgäuer ist ja laut Ihrem Programm eher als still und redet nur, wenn er unbedingt muss. Wann haben Sie bemerkt, dass Sie anders sind? Waren Sie als Kind auch schon der große Geschichtenerzähler? Sind Sie in Ihrem Inneren immer noch der Allgäuer Lausbub geblieben?
    SCHAFROTH: Mein Rededrang hat vielleicht was mit meiner Verwandtschaft in NRW zu tun. Meine Oma ist da verwurzelt, das hat scheinbar etwas bewirkt. Wenn wir da zu Familienfesten eingeladen waren, war das immer ein Wettbewerb am Tisch, wer mehr redet. Wenn wir bei uns daheim zu irgendwelchen Jagdgenossenschafts-Essen eingeladen waren, war es eher ein Schweige-Wettbewerb. 

    Sind Sie immer noch der typische Allgäuer mit „bloß it hudla“ und vielleicht auch etwas „bockboinig“? Braucht's das dicke Allgäuer Fell und die Mentalität sogar, um ihr typisches Programm und die Bühnenfiguren zu spielen? 
    SCHAFROTH: Ich liebe es ja, in Rollen zu schlüpfen. Sobald ich den Lodenkittel anhabe, denke ich an sämtliche Raiffeisen-Vorstände und Futtermittelvertreter, die mir früher so begegnet sind. Ich habe viel beobachtet, als Kind schon, und das prägt bis heute meine Bühnenfiguren. 

    Ihnen gelingt ja nahtlos, die regionalen Gegebenheiten wie jetzt heute mit Schwabmünchen und den Stauden in Ihr Programm einzubauen. Wie bereiten Sie sich hier vor beziehungsweise ist das nicht schwer, bei Ihrem hohen Sprachtempo das so locker flockig in die Show einzubauen?
    SCHAFROTH: Ich reagiere sehr stark auf das Publikum. In den ersten paar Minuten entscheidet sich meistens, wo so ein Abend hingeht. Ich habe kürzere Bühnenauftritte früher immer improvisiert, habe nie etwas aufgeschrieben und immer danach erst Notizen gemacht. Für einen ganzen Abend braucht man einen klaren Fahrplan, aber darum rum ist viel Raum für Improvisation. Sonst würde es mir langweilig werden. 

    Ihre Bankkarriere ist auch ein Teil Ihres Programms. Frage an den gelernten Bänker: Was ist lustiger, Bank oder Kabarettbühne? 
    SCHAFROTH: Das geht Hand in Hand. Die lustigsten Geschichten kommen aus der Realität, zum Beispiel aus der Arbeitswelt. Als meine Bankkollegen und -kolleginnen damals rausbekommen haben, dass ich Kabarettauftritte mache, in denen ich mich über unsere Sitzungen, Kick-off-Events und Jour-fixe-Besprechungen lustig mache, wollten sie unbedingt kommen. Ich glaub', die hatten Angst, dass ich das Bankgeheimnis verletze.

    Braucht es eine bestimmte Beobachtungsgabe, um dann den Menschen, zwar durchaus überspitzt, aber schon irgendwo wahrheitsgetreu, den Spiegel vorzuhalten?
    SCHAFROTH: Unbedingt. Das Beobachten ist mein Rohstoff. Körpersprache sagt oft mehr als Sprache. Es ist oft aufschlussreicher im Landtag zuzusehen, wie Markus Söder dasitzt, wenn der Aiwanger mal ans Rednerpult darf. Da zuckt er immer ein bisschen und schaut dann in sein Handy. Ich versuche, das Politische auf eine ganz menschliche Ebene zu bringen. Dann wird es lustig. 

    Apropos Lausbub: Man kennt Sie ja hauptsächlich vom Nockherberg, Fernsehen und der Bühne. Wie kamen Sie denn zur Synchronisation des neuen Pumuckls? War das eine große Herausforderung beziehungsweise auch eine Ehre als Nachfolger von Hans Clarin?
    SCHAFROTH: Das macht einen Riesenspaß. Es geht ja um den Schabernack, darum, die Leute aus ihren Komfortzonen, aus ihrem Fahrwasser heraus zu ärgern. Die gemütliche Ordnung zu stören. Das machen Pumuckl und Fastenprediger ja in gleichem Maße, nur ärgert der Pumuckl den Eder und der Fastenprediger den Söder.

    dpatopbilder - 28.02.2024, Bayern, München: Martin Huber (2.v.l.), CSU-Generalsekretär, sein Double Roland Schreglmann (l) und Markus Söder (2.v.r., CSU), Ministerpräsident von Bayern, und sein Double Thomas Unger stehen nach dem Singspiel zusammen. Mit dem traditionellen Verspotten, dem «Derblecken» von Politikern am Münchner Nockherberg, wird traditionell die Starkbier-Saison in Bayern eröffnet. Foto: Sven Hoppe/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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    Auch in diesem Jahr wurden den Politikern wieder kräftig die Leviten gelesen. Und natürlich war auch viel Prominenz auf dem Münchner Nockherberg.

    Der Nockherberg ist ja eine ganz andere Kategorie als die Bühne hier in Schwabmünchen mit Ihrem normalen Programm. Was genießen Sie mehr beziehungsweise wo steckt mehr Anspannung und Arbeit drin? 
    SCHAFROTH: Der Nockherberg ist ein toller Arbeitsrhythmus. Einmal im Jahr schreibe ich zwei bis drei Monate darauf hin. Es gibt nur einen einzigen Versuch, da muss es passen. Man kann nichts ausprobieren und es schaut ein riesiges Livepublikum zu. Man könnte meinen, es gäbe angenehmere Lebenszustände, aber tatsächlich ist das eine große Freude dazustehen und zu sehen, wie der Politik die Gesichtszüge entgleisen.

    Herr Schafroth, Sie als großer Levitenleser: Ist es schön, den hohen Herrn einmal humorvoll und offen die Meinung zu sagen?
    SCHAFROTH: Wir denken immer, das sei normal, dass die Politik live im Fernsehen dasitzt und sich abwatschen lässt. Das ist alles andere als selbstverständlich, es hat auch damit zu tun, dass wir Demokratie ernst nehmen. In anderen Ländern ist die Politik unantastbar. Da wäre ich nach den ersten paar Sätzen meinen Job los. Da muss ich der ersten Reihe ja fast meine Anerkennung aussprechen. 

    Gibt es etwas, was Sie Ihrem Publikum gerade in so komplizierten Zeiten wie jetzt noch gerne auf den Weg geben möchten?
    SCHAFROTH: Dem politischen Gegenüber den Verstand nicht abzusprechen. Zuhören, auch wenn's wehtut und sich nicht allzu ernst zu nehmen. Das hilft einem aus den verzwicktesten Situationen heraus.

    Zur Person

    Maxi Schafroth ist Kabarettist, Schauspieler, Moderator und Filmemacher. Er wuchs auf dem elterlichen Bauernhof in Stephansried, einem Ortsteil des schwäbischen Ottobeuren, auf. 

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