In der Schreibwerkstatt der Volkshochschule treffen sich Menschen, die sich vom Lesen bekannter und neuer Literatur zum Schreiben eigener Texte inspirieren lassen. Seit 2019 leitet Ida Häusser aus Graben diesen Kurs für kreatives Schreiben. Für einen Leseabend unter dem Motto „Geschichten zum Aufwachen“ öffnete Birgit Scharnagl zum vierten Mal die Türen der Stadtbücherei und viele Zuhörer kamen. In der Tradition der Leseabende eröffnete der Gitarrenvirtuose Karlheinz Hornung mit dem zum Thema passenden Stück „Wake me up, when September ends“.
Der Einschlafkampf mit einer Mücke
Zur Einleitung des Lesereigens trug Moderator Albert Schmid eine Episode aus dem chilenischen Roman „Mit brennender Geduld“ vor, in der ein verliebter Briefträger den Dichter Pablo Neruda um ein Gedicht bittet. Als erste „Selfmade-Autorin“ löste Alina Krüger Betroffenheit mit ihrer Geschichte „Ohne Dich bin ich Nichts“ aus. Eine Frau erwacht nach der Trennung vom gewalttätigen Mann erst mit Selbstvorwürfen, dann mit Anklagen und erst nach Wochen erwacht sie wieder und kann befreit leben. Susanne Schillinger erheiterte mit einem gereimten Text über den Einschlafkampf mit einem Insekt. Die gute Nacht kehrte erst ein, nachdem die Mücke mit einem Buch erschlagen wurde.
Zum Wachrütteln war die Geschichte von Karin Schedler über brutale Aggressionen im Zugabteil, die erst durch beherztes Eingreifen anderer Fahrgäste beendet wurden. Barbara Kruckenberg verabschiedete sich wegen Umzugs mit ihrer letzten Vorstellung von der Schreibwerkstatt. Sie malte dem Publikum den Genuss eines Vanille-Eisbechers mit Sahne und Eierlikör vor Augen, der aber nur ein Traumbild war. An einen Aprilscherz glaubte der gebürtige Neuseeländer Michael Frewin als am 1. April ein Känguru-Baby in seinem eingezäunten Garten in Westaustralien saß.
Die Gefahr, über ein totes Känguru zu fahren
Witzig schilderte er mit seinem englischen Akzent die Gefahr, auf Australiens Straßen über tote Kängurus zu fahren, weil die in der Sonne aufgedunsenen Körper förmlich explodieren können. Sein lebendes Känguru-Baby wurde aber in Sicherheit gebracht. In der Pause konnten die Besucher einen Satz an ihr 18-jähriges Ich schreiben, wenn sie es heute treffen würden. Albert Schmid zog das überwiegende Fazit: „Sei mutig und trau Dich, etwas Verrücktes zu tun“ oder „Sei einfach Du“.
Ida Häusser gewährte mit ihrer Geschichte „Die Turmuhr schlug die Stunden“ Einblicke in das Seelenleben eines Lehrers, dessen typischer Spruch „Jetzt schlägt's Dreizehn“ war. Beim dreizehnten Schlag erwacht er aus seinen düsteren Gedanken mit dem Rat eines Freundes: „Du brauchst eine Frau“. Stefan Hinz zeigte in seiner variantenreichen Geschichte „Das japanische Prinzip“ auf, dass es davon auch Ausnahmen gibt. Denn sein Zierfischfutter-Vertreter wechselt den Beruf, nachdem er mit einer am Arm festgebissenen Moräne zum Arzt geht. Dessen Probleme machen ihn schließlich zum Therapeuten für Ärzte.
Das Schöne im Leben entdecken
Zum Schluss ermunterte Albert Schmid das Publikum mit Zitaten berühmter Literaten: „Entdecken Sie das Schöne im Leben und schreiben Sie es auf.“ Die Texte aus der Schreibwerkstatt hat Ida Häusser in einer 108-seitigen Anthologie veröffentlicht, die gegen eine Spende erhältlich ist. Am 23. Dezember gibt es ein Ferienprogramm für Kinder mit Weihnachtsgedichten und im Frühjahr finden wieder Workshops mit der Bücherei unter dem Motto „Erst lesen, dann schreiben“ statt. Die Kurse werden im Programm der Volkshochschule bekannt gegeben. Der unterhaltsame Abend wurde von Karlheinz Hornung mit dem Lied „Heute hier, morgen dort“ stimmungsvoll abgerundet.
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