Der Bundestag hat kürzlich eine umfassende Krankenhausreform verabschiedet, die eine bessere Patientenversorgung und modernisierte Einrichtungen verspricht. Doch das neue Gesetz ist umstritten. Von ungerechter Finanzierung und gar von Kliniksterben auf dem Land ist die Rede.
SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach will mit der Reform einen Umbau der Krankenhauslandschaft vorantreiben, in Richtung mehr Spezialisierung bei schweren Krankheiten und mehr ambulante Behandlungen ohne Übernachtungen bei leichteren Eingriffen. Ein Kernstück der Reform ist dabei die Finanzierung der Krankenhäuser mit der Abkehr von den bisherigen Fallpauschalen. Statt der geleisteten Menge an Behandlungen soll es künftig Vorhaltepauschalen für bestimmte Leistungen geben, um die Existenz kleinerer Kliniken in der Notfallversorgung zu sichern.
Doch was bedeutet die Reform konkret für die Wertachkliniken Schwabmünchen und Bobingen und für den geplanten Neubau einer zusammengelegten Klinik der beiden Häuser? Vorstandsvorsitzender Martin Gösele gibt Antworten.
Allgemein betrachtet, führe die Reform in seinen Augen zu einer Rationalisierung für Patienten. Ziele der Reform seien die Reduzierung der Krankenhäuser und die Konzentration der Leistungen an wenigen Standorten. Dadurch entstünde eine Verringerung des Wettbewerbs und des Angebots.
Er befürchtet durch die Reform eine massive Erhöhung der Bürokratie: „Noch mehr Planwirtschaft ermöglicht weniger unternehmerische Handlungsspielräume“, sagt er. Denn die Reform sieht statt der Fachabteilungen bis zu 65 Leistungsgruppen vor und zusätzlich eine Vielzahl an Struktur- und Qualitätsvorgaben für ebendiese Leistungsgruppen. „Das benachteiligt kleinere Krankenhäuser gegenüber größeren deutlich. Alles wird noch komplexer“, sagt der Krankenhaus-Chef. Zudem soll es mehr Berichtspflichten geben. Die Krankenhäuser müssen noch mehr Daten zur Personalstruktur im ärztlichen Bereich melden. „Das führt zu einer Erhöhung des Dokumentationsaufwandes und der Bindung von Personalressourcen. Das heißt, wir benötigen für die zusätzliche Bürokratie zusätzliches Personal ohne zusätzliche Vergütung“. Zudem würde auch das Finanzierungssystem komplizierter. Es wird um weitere Komponenten wie die Vorhaltevergütung ergänzt und daher noch komplexer.
Defizite für Krankenhäuser im Landkreis Augsburg könnten noch höher werden
Das neue Vergütungssystem sieht Gösele ohnehin kritisch. „Finanzielle Regelungen drohen ins Leere zu laufen hinsichtlich einer auskömmlichen Refinanzierung der Tarifsteigerungen“, sagt Gösele. Er hätte sich eine Krankenhausfinanzierung gewünscht, die die hohen Inflationskosten und Tarifsteigerungen der vergangenen Jahre berücksichtigt. „Die nach wie vor unzureichende Krankenhausfinanzierung wird die Defizite in den Krankenhäusern weiter erhöhen.“
Für die hohen Defizite der Krankenhäuser gibt es viele Gründe. Auch die Wertachkliniken schreiben nach mehr als einem Jahrzehnt im Plus mittlerweile rote Zahlen - so wie aktuell acht von zehn Kliniken im Freistaat. Die hohe Inflation der vergangenen Jahre und Tarifsteigerungen haben Löcher in die Bilanzen gerissen. Kosten und Löhne stiegen viel stärker als die Einnahmen über die gesetzlich gedeckelten Kassenleistungen: Zudem sank nach der Pandemie die Zahl der Behandlungen. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass viele Kliniken nicht genug Pflegekräfte finden, während die gesetzlichen Vorgaben für Mindestbesetzungen von Schichten angehoben wurden.
Weitere Punkte in den Reformplänen könnten negative Auswirkungen an den Wertachkliniken haben. „Die zahlreichen Struktur- und Qualitätsvorgaben können dazu führen, dass wir Leistungen, welche wir bis dato erbringen, künftig nicht mehr erbringen dürfen, da diese Leistungen möglicherweise an größeren Kliniken konzentriert werden.“
Transformationsfonds spielt den Wertachkliniken in die Karten
Doch der Krankenhaus-Chef sieht auch Positives in den Reformplänen, speziell für das Vorhaben der Wertachkliniken, beide Häuser in Zukunft in einem Neubau zusammenzuführen. Ein Punkt spielt den Plänen besonders in die Karten: „Der Transformationsfonds stellt zusätzliche finanzielle Mittel für unser Neubauprojekt zur Verfügung“, sagt Gösele. Zudem entspreche das Neubaukonzept der Zielsetzung der Reform, Leistungen an weniger Standorten zu konzentrieren. „Daher sollte die Krankenhausreform ein Vorteil für unser Vorhaben sein. Herr des Verfahrens ist aber natürlich die Krankenhausplanung, welche bei den Ländern und in unserem Falle beim Staatsminsertium für Gesundheit und Pflege liegt“, erklärt er.
Der Bundesrat hat die Krankenhausreform zwar jüngst beschlossen, doch noch muss der Bundesrat, müssen also die Länder, zustimmen. Hier gibt es bereits Pläne aus Bayern, die Krankenhausreform in den Vermittlungsausschuss zu zwingen und das Vorhaben so zu verzögern.
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