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Multimedia-Reportage: Dialekt-Serie: "Das Stück Heimat, das man immer dabei hat"

In unserer Serie "So schwätzet mir" können Sie sich auch Videos von Dialektsprechern anschauen und Ihr Wissen über schwäbische Wörter testen.
Multimedia-Reportage

Dialekt-Serie: "Das Stück Heimat, das man immer dabei hat"

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    Als Werner König vor einigen Jahren an einem französischen Flughafen stand, brachte ihn der folgende Satz zum Aufhorchen: "Reich' mir mal die Gschtattl!" Für den Sprachwissenschaftler war sofort klar: Dieser Passagier stammt aus Augsburg. Denn "Gschtattl" nennt man tatsächlich nur in

    "Dialekt ist das Stück Heimat, das man immer dabei hat", sagt der gebürtige Schwabe. König bezeichnet seinen

    Videos: So schwätzen die Menschen im Augsburger Land

    Für unsere Serie haben wir mit verschiedenen Bürgerinnen und Bürgern über das Thema Dialekt gesprochen. Die Videos können Sie sich über einen Klick auf die kleinen Symbole auf der Karte des Augsburger Lands anschauen.

    Sprachatlas für Bayerisch-Schwaben ist der Umfangreichste in Deutschland

    Für Dialekte begeistert sich der Sprachwissenschaftler Werner König schon sein Leben lang - so sehr, dass er seine Doktorarbeit der schwäbisch-alemannischen Mundart widmete. Nach der Promotion bekam König eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter für ein großes Projekt der Universität Freiburg: dem "Südwestdeutschen Sprachatlas". In geografischen Karten wird darin veranschaulicht, welches Wort in welcher Region wie genannt und ausgesprochen wird. 

    Professor Werner König beschäftigt sich seit über drei Jahrzehnten mit den verschiedenen Dialekten in der Region.
    Professor Werner König beschäftigt sich seit über drei Jahrzehnten mit den verschiedenen Dialekten in der Region. Foto: Anja Ringel (Archivbild)

    "Für mich stand gleich fest, dass es so etwas auch für meine Heimat braucht", erinnert sich König. Das ist dem pensionierten Professor der Universität Augsburg mehr als gelungen: Der "Sprachatlas für Bayerisch-Schwaben", der von 1996 bis 2009 veröffentlicht wurde, ist mit 14 Bänden sogar der umfangreichste in Deutschland. An diesem Projekt war auch Brigitte Schwarz, die gebürtig aus Ettringen stammt, beteiligt. Die Germanistin besuchte knapp 300 bayerisch-schwäbische Gemeinden, um auch die kleinsten Feinheiten der Dialekte für den Sprachatlas zu erfassen.

    "Bayerisch-Schwaben ist ein riesiger, sprachlicher Flickenteppich", sagt Schwarz. Um das Gebiet vom württembergischen Schwaben abzugrenzen, werde der Dialektraum oftmals als Ostschwäbisch bezeichnet. Die Sprache von Bayerisch-Schwaben in eine Mundart pressen zu wollen, sei allerdings so gut wie unmöglich: "Wenn richtige Dialektsprecher aus Donau-Ries und dem Oberallgäu aufeinandertreffen, hört selbst ein ortsfremder Laie, dass das nicht ein und derselbe Dialekt ist". 

    Quiz: Wie gut kennen Sie den Dialekt?

    Grob gesagt lasse sich die Region daher in drei große Sprachräume unterteilen: in das Nordschwäbische ab Wertingen und nördlich der Donau, bei dem gebietsweise auch Einflüsse vom Fränkischen und Bairischen durchklingen; in das Mittelschwäbische, zu dem der Landkreis Augsburg zählt, sowie das Südschwäbische ab Kempten, bei dem im West- und Oberallgäu auch alemannisch gesprochen wird. "Wichtig ist es aber immer, diese Sprachgrenzen nicht als starr, sondern als fließend zu begreifen", sagt Schwarz. 

    Der Lech ist einer der schärfsten Mundartgrenzen in Deutschland

    Einig ist sich die Sprachforschung laut der Wissenschaftlerin zumindest in einem Punkt: So gilt der Lech als eine der schärfsten Mundartgrenzen in Deutschland. Die Germanistin kann erklären, woran das liegt: "Der

    Brigitte Schwarz hat bei der Forschung für den Sprachatlas für Bayerisch-Schwaben mitgewirkt.
    Brigitte Schwarz hat bei der Forschung für den Sprachatlas für Bayerisch-Schwaben mitgewirkt. Foto: Axel Schmidt (Archiv)

    Laut Werner König sind die sprachlichen Unterschiede links und rechts vom Lech auch heute noch leicht zu hören. "Zwischen Meitingen und Thierhaupten etwa gibt es eine sehr scharfe Grenze", sagt er. Davon abgesehen sei es allerdings schwierig, sprachliche Merkmale zu nennen, die ausschließlich für Bayerisch-Schwaben gelten. „Das ‚Sch‘ statt einem einfachen ,S´ wird oft als markantes Merkmal des Schwäbischen beschrieben. Das gibt es aber in vielen anderen Dialekten auch", erklärt König. Ebenso verhalte es sich auch beim Wechsel von ,ei´ zu ,oi´ - zum Beispiel ,woisch´ statt ,weißt´. "Dieses Merkmal ist auch sehr verbreitet, das geht bis zum Schwarzwald", sagt der Sprachwissenschaftler. 

    Auch im Augsburger Land sind sprachliche Unterschiede zu hören

    Statt allgemeingültigen Sprachmerkmalen kann König vielmehr einige sprachliche Unterschiede benennen. Nicht nur in Abgrenzung zu anderen Dialekten, sondern auch innerhalb der Region. Im Augsburger Land sei es etwa deutlich zu hören, ob ein Sprecher oder eine Sprecherin aus dem nördlichen oder dem südlichen Landkreis stammt. "Im Süden wird die Sprache schon durch das Allgäu beeinflusst", sagt der 79-Jährige. 

    Symbolfotos Dialektserie /  Symbolfotos Dialektserie / Dialekt
    Symbolfotos Dialektserie / Symbolfotos Dialektserie / Dialekt Foto: Marcus Merk

    Während im südlichen Landkreis ein hartes ,K´ gesprochen werde, werde der Buchstabe im nördlichen Landkreis mehr zu einem weichen ,G´. König nennt zwei Beispiele: "Die Knie heißen im Süden Knia, klein wird zu kloi. Im Norden sagt man dagegen Gnia und gloi." Ein weiterer Unterschied sei, dass im südlichen Landkreis häufig ein kurz gesprochenes ,A´ an Wörter gehangen wird, im nördlichen Landkreis ist es dagegen ein angehängtes ,E´. Aus einem Mädchen wird also ein Mädla oder ein Mädle. 

    Das Wort "Gschtattl" kommt vermutlich aus dem Italienischen

    Neben einer anderen Aussprache als im Hochdeutschen gibt es auch einige Wörter, die im Dialekt einen ganz eigenen Begriff haben. Wie etwa "Gschtattl" für eine Tüte. Häufig kursieren über die Herkunft solcher Eigennamen verschiedene Theorien. "Ich halte es für wahrscheinlich, dass Gschtattl vom italienischen ,Scatula´ für Schachtel abgeleitet wurde", sagt König. "Vermutlich ist das Wort durch die früheren Handelsbeziehungen zwischen Augsburg und Italien zu uns gekommen." Wenn der gebürtige Gräbinger solche Dialektwörter im Ausland hört, fühlt er sich gleich an seine Heimat erinnert. Generell spiele die Sprache eine wesentliche Rolle dabei, wie verbunden sich Menschen mit ihrer Region und untereinander fühlen.

    "Dialekt bedeutet für mich Heimat", sagt auch Gisela Litzel aus Dinkelscherben. Die ehemalige Handarbeitslehrerin verbrachte beinahe ihr gesamtes Leben in der Marktgemeinde. Sie betont: "Der Dialekt zeigt die Zugehörigkeit zu

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