Mit letzter Kraft schleppte sich Gutsbesitzer Leopold M. am frühen Morgen des 5. Juni 1945 zu seinem Nachbarn. Er zog sich auf allen Vieren die Stufen zur Haustüre hoch und klopfte. Bauer Josef Heuberger schaute zum Küchenfenster hinaus und erschrak, als er seinen blutenden Nachbarn sah. „Hilfe, Hilfe. Einbrecher sind draußen, Frau!“, waren seine letzten Worte. Wenig später starb der Mann. Im Gutshof in Deubach entdeckten die Nachbarn kurz darauf die Frau von Leopold M. in einer Blutlache. Was war passiert?
Frau lief den Einbrechern in Deubach direkt in die Arme
Offenbar waren Männer in der Nacht in den Hof eingestiegen. Als sie im Erdgeschoss nach Wertsachen suchten, weckten sie vermutlich das schlafende Ehepaar. Theresia M. ging auf den Flur und lief ihren Mördern direkt in die Arme. Sie wurde mit einem Messer angegriffen und tödlich verletzt. Ihr Mann versuchte, die Angreifer zu überwältigen und zog sich dabei ebenfalls schwerste Verletzungen zu. Dem 71-Jährigen gelang es trotzdem noch, durch das ebenerdige Schlafzimmerfenster zu flüchten. Um ihn aufzuhalten, zielte ein Einbrecher mit einer Waffe, Kaliber 7,65 Millimeter, auf M. und drückte ab. M. schleppte sich fast 200 Meter zum Nachbarhaus. Die Einbrecher suchten das Weite.
Gutshofbesitzer soll mit der Peitsche zugeschlagen haben
Die herbeigerufene Polizei setzte einen Fährtenhund ein. Er nahm die Spur auf und führte die Ermittler in das etwa zweieinhalb Kilometer entfernte Hausen. Die Polizei untersuchte währenddessen den Gutshof und stellte fest, dass die Einbrecher keine Beute gemacht hatten. Wer waren die Männer?
Handelte es sich um Zwangsarbeiter, die während des Kriegs auf dem Hof eingesetzt waren? Die Vermutung machte schnell die Runde. Schließlich war bekannt, dass Gutsbesitzer M. mit seiner herrischen und aufbrausenden Natur Zwangsarbeiter nicht immer gut behandelt hatte. Der frühere Oberingenieur in der Gießerei der MAN in Augsburg soll den einen oder anderen Arbeiter in seinem Jähzorn mit einer Peitsche geschlagen haben.
Im Laufe der Ermittlungen kam die Polizei auf acht Polen, die als tatverdächtig galten. Fünf von ihnen wurden in Haft genommen, dann aber aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen. Alle Ermittlungen liefen später ins Leere - denn mögliche Tatverdächtige waren nach dem Krieg wieder in ihre alte Heimat gegangen und dort nicht mehr auffindbar. Der Doppelmord vom Deubacher Gutshof wurde nie aufgeklärt.
Mordsgeschichten
Echte Verbrechen, packend erzählt: In einer neuen Serie stellt die Redaktion zum Teil vergessene Kriminalfälle aus der Region vor. Spannung und Nervenkitzel sind garantiert: Es geht um Raub, Mord und um Spionage nach dem Krieg. Die True-Crime-Serie ermöglicht Einblicke in die Arbeit der Ermittler und dokumentiert menschliche Abgründe.
Wer mehr „True Crime“ lesen möchte: Im Verlag Hans Högel KG, Mindelheim, ist das Buch „Tatort Schwaben“ erschienen. Der Kriminalgeschichtensammlung sind die meisten Fälle für die neue Serie entnommen.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden