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Landkreis Augsburg: Wie junge Menschen aus dem Landkreis Augsburg zur Wehrpflicht stehen

Landkreis Augsburg

Wie junge Menschen aus dem Landkreis Augsburg zur Wehrpflicht stehen

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    Auch soziale Verbände könnten von der Wiedereinführung einer Wehrpflicht profitieren.
    Auch soziale Verbände könnten von der Wiedereinführung einer Wehrpflicht profitieren. Foto: Sina Schuldt, dpa (Symbolbild)

    Soll in Deutschland wieder die Wehrpflicht eingeführt werden? Verteidigungsminister Boris Pistorius will bis zum 1. April verschiedene Möglichkeiten prüfen. Junge Menschen und soziale Verbände blicken im Augsburger Land unterschiedlich auf ein mögliches Pflichtjahr.

    Schüler bei der Jobbörse in Neusäß geteilter Meinung

    „Ein Pflichtjahr würde mich ein Jahr Zeit kosten. Ich will Verkäufer werden, das steht jetzt schon fest“, sagt beispielsweise ein 20-jähriger Berufsschüler aus Wehringen, der jüngst die Job-Info-Börse in Neusäß besucht hat. Offen gegenüber einem allgemeinen Pflichtjahr ist ein 14-jähriger Schüler aus Neusäß. Er will vielleicht selbst zur Bundeswehr und sagt: „Jugendliche könnten mehr über das Leben erfahren und sich weiterentwickeln.“ Ein Berufsschüler aus Neusäß, der später Schreiner werden will, meint: „Es sollte freiwillig bleiben. Ich finde nicht gut, wenn man hin muss, obwohl man nicht mag.“

    Etwas anders sieht es Andreas Claus, der Vorsitzende des Caritasverbands Schwabmünchen. „Einen Pflichtdienst unabhängig vom Geschlecht halte ich grundsätzlich für sinnvoll“, sagt er. Und: „In einer Zeit der zunehmenden Individualisierung wäre es gut, wenn jeder sich zumindest für eine gewisse Zeit gesellschaftlich engagiert.“ Aktuell sind es über 300 Ehrenamtliche unter dem Dach des Caritasverbands Schwabmünchen - sie packen etwa bei der Tafel an, helfen bei der Hospizarbeit oder machen sich für Senioren und Geflüchtete stark. Gäbe es wieder Zivildienstleistende, dann würden sie laut Claus vor allem in der Altenhilfe eingesetzt werden. In dem Bereich könnten einfache Arbeiten übernommen und zusätzliche Dienste für Senioren angeboten werden.

    Kritisch betrachtet Martin Gösele, der Vorstand der Wertachkliniken Bobingen und Schwabmünchen, eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht. „Für die aktuellen Herausforderungen im Gesundheitswesen stellt eine mögliche Wehrpflicht keine Lösung dar.“ Den Fachkräftemangel könne auch ein mit einer Wehrpflicht einhergehendes Pflichtjahr nicht lösen, so Gösele. „Ungelernte Kräfte können das Pflegepersonal trotzdem unterstützen“, sagt der Kreisgeschäftsführer des Roten Kreuzes, Thomas Haugg. Wer bestimmte Handgriffe schon einmal gemacht habe, könne diese später auch bei den eigenen Angehörigen umsetzen. Denn die Pflege zu Hause werde immer relevanter. „Aktuell sind bei uns vor allem Freiwillige im Rettungsdienst, weil dieser interessant und abwechslungsreich ist“, sagt Haugg. Nachholbedarf sieht er in der Pflege.

    Wertachkliniken Schwabmünchen und Bobingen setzen auf Ausbildung

    „Es geht darum, dass die Berufe in Kliniken attraktiv werden, um wieder mehr junge Menschen für Jobs in Krankenhäusern zu begeistern“, sagt Martin Gösele. Er setzt in den Wertachkliniken nicht auf den Pflichtdienst, sondern auf die Ausbildung. „Ich würde darauf hoffen, dass mehr junge Menschen eine Ausbildung im Sozialbereich machen, wenn sie im Zivildienst diesen Arbeitsbereich kennenlernen“, ergänzt Andreas Claus vom Caritasverband

    Als Vorbild für einen Pflichtdienst könnte das schwedische Modell dienen. In Schweden werden alle Wehrpflichtigen beider Geschlechter erfasst und individuell angeschrieben, ob ein Dienst an der Waffe infrage kommt oder ob sie einen Dienst im Zivil- oder Katastrophenschutz leisten wollen. Wer nach der Schule erste Arbeitserfahrungen sammeln will, kann das jetzt schon tun. So wie Nancy Witkowski.

    Freiwilliges Soziales Jahr im U-Turn in Schwabmünchen

    Sie hat im Jahr 2022 ein Freiwilliges Soziales Jahr im Jugendkulturzentrum U-Turn in Schwabmünchen absolviert und ist dort weiterhin als Werkstudentin beschäftigt. „Gibt es keinen Freiwilligen, fehlen dem Personal Stunden gerade im offenen Betrieb“, sagt die 19-Jährige, die Psychologie studiert. Ausflüge oder Ferienangebote könnten ohne Freiwillige nicht oder nur mit weniger Teilnehmenden umgesetzt werden. „Für mich war es eine Möglichkeit, mich weiterzuentwickeln. Ich bin mir aber unsicher, ob es der richtige Weg ist, jemandem das aufzuzwingen.“ Einen Freiwilligendienst müsse man sich auch finanziell leisten können, und er sei nur wirklich sinnvoll, wenn jemand Lust auf den Job habe. 

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