Am Sonntag ist internationaler Tag des Artenschutzes. Ein Tag, um auf den anhaltenden globalen Verlust etlicher Arten aufmerksam zu machen. Auch im Landkreis Augsburg ist ein Rückgang einheimischer Flora und Fauna zu beobachten. Klimawandel, Bebauung von Lebensräumen mit Straßen und Häusern sowie Überdüngung in der Landwirtschaft sind nur einige von vielen Gründen für das Artensterben, wissen Experten.
Neben Klimaerwärmung und Trockenheit setzt der Königsbrunner Naturschützer Günther Groß schwere Unwetter auf die Liste der Bedrohungen. Sie belasten die Wälder zunehmend. Dabei seien einige Baumarten schon geschädigt wie die Fichte oder Esche. Als Beispiel nennt der Pilzexperte das Eschentriebsterben, eine Baumkrankheit, verursacht durch einen aus Ostasien eingeschleppten Pilz. Ein immer häufiger zu beobachtendes Problem: Einheimische Arten sterben aus, andere kommen neu hinzu und verdrängen wiederum die verbleibenden – seltene wie typische. Eine weitere sogenannte invasive Art ist Groß zufolge der Echte Mehltau. Dabei handelt es sich um einen Pilz, der beispielsweise Eichen befällt.
Immer mehr mediterrane Arten wandern ein
Auch bei den Tierarten sind Invasionen zu beobachten: "Die Südliche Eichenschrecke hat in meinem Garten schon die Gewöhnliche Schrecke verdrängt", sagt zum Beispiel Naturkenner und Lechbuch-Autor Dr. Eberhard Pfeuffer. Viele der neuen Arten kämen aus dem Mittelmeerraum: "Die mediterranen, mobilen Arten wandern zu." So zum Beispiel die Weißhandfledermaus, die vor einigen Jahren hier entdeckt worden ist. "Das war eine Sensation", so Pfeuffer. Auch das Taubenschwänzen hat Einzug gehalten.
Obwohl es einige neue Arten gibt, ist das Insektensterben ein schwerwiegendes Thema. "75 Prozent der Insekten haben wir schon verloren", sagt Günther Groß. Hauptsächlich verursacht durch die Veränderung des Lebensraums wie dem Rückgang der Futterpflanzen und die Hitzeperioden. Gefährdet sind Tagfalter. Pfeuffer: "Das Waldwiesenvögelchen mag es kühl, das verschwindet." Verschwinden werden zudem Fische, die in Stauseen oder in Bächen und Flüssen, zum Beispiel dem Lech, leben. Auf der Roten Liste steht die Bachforelle. Der Hauptgrund ist die steigende Wassertemperatur. Die Bachforelle fühle sich nur bei Werten zwischen zwölf und 18 Grad wohl, ab 20 Grad werde es kritisch für sie.
Am Beispiel der Königsbrunner Heide ist es der Enzian, der langsam verschwindet. Viele Arten bedingen sich, so Pfeuffer: Ameisenbläulinge seien etwa bedroht, weil die Hauptpflanze der Schmetterlingsraupe, der große Wiesenknopf, seltener wird.
Kiebitze und Feldlerchen stehen auf der Roten Liste
Es gibt noch andere Gründe für die bedrohliche Situation vieler Tier- und Pflanzenarten. Nicht zu vernachlässigen sei der viel zu hohe Flächenverbrauch, betont Pfeuffer. Es gebe zu viel Landwirtschaft für den Export in andere Länder, glaubt Groß. "Was wir produzieren, können wir gar nicht ernähren. Wir bringen alles durcheinander." Der größte Schädling nämlich sei der Mensch. Dass sich in der Landwirtschaft etwas ändern müsse, dieser Meinung ist auch der Bund Naturschutz (BN). Um die Böden wieder lebendiger werden zu lassen und so fruchtbar zu erhalten, fordert der BN schon lange den sozial-ökologischen Umbau der Landwirtschaft in Bayern. Katjana Brucoli, Vorsitzende der BN-Ortsgruppe Gersthofen, erklärt: Zu viel Dünger und Pestizide, die auf den Äckern benutzt werden, tragen dazu bei, dass sich der Lebensraum der Tiere im Landkreis Augsburg verkleinert. Tiere wie das Rebhuhn bräuchten Äcker zum Verstecken und als Nahrungsquelle – und nicht zubetonierte Wege.
Das können Gartenbesitzer für mehr Artenvielfalt tun
Ebenfalls von der intensiven Landwirtschaft betroffen sind Kiebitze und Feldlerchen – sie stehen auf der Roten Liste. "Man merkt es auch. Bei mir hört man die Feldlerche schon viel seltener", sagt Brucoli. Sie erläutert: "Zu häufiges Mähen nimmt vielen Arten ihren Lebensraum und gibt den Wildblumen keine Chance zu wachsen." Wildblumen wiederum seien besonders wichtig für Insekten wie die Honig- und Wildbienen. Und diese stellten den entscheidenden Faktor für den Erhalt der Artenvielfalt dar.
Schon kleine Hilfestellungen und Veränderungen könnten große Wirkungen haben. Katjana Brucoli rät, auf zu häufiges Rasenmähen zu verzichten und einige "wilde Ecken" im Garten zu lassen: Zum Beispiel den ein oder anderen Haufen aus Totholz. So sichert man einen Unterschlupf für verschiedene Tierarten. Generell müssten mehr Grünflächen entstehen und weniger Bäume und Hecken abgeholzt werden. Es sei wichtig, im Garten die richtigen (Futter)pflanzen einzusetzen, erklärt Günther Groß. Pfeuffer nennt noch ein Negativ-Beispiel: "Kiesgärten sind ein wunderbares Modell, um die Stadt weiter aufzuheizen." Laut dem Experten brauche die Stadt hauptsächlich eines: "Grün, Grün, Grün."