Die Gemeinden im Süden des Landkreises Augsburg sind im Vergleich zu den Kommunen im Norden und Westen noch relativ glimpflich davongekommen. Doch auch dort hat das Hochwasser der vergangenen Tage deutliche Spuren hinterlassen. Zahlreiche Keller, Garagen und Scheunen wurden überflutet. Nun hat das große Aufräumen begonnen.
Im Garten von Heribert Saule direkt neben der Neufnach in der Weberstraße in Langenneunfach herrscht am Montagvormittag geschäftiges Treiben. Frau und Tochter sortieren in der am Wohnhaus angrenzenden Scheune Gegenstände aller Art und machen sie sauber. Alles ist voller Schlamm. Einiges sei kaputtgegangen, erzählt er. Doch das wird die Versicherung regeln. Aber das Wichtigste: "Das Haus ist trocken." Mit einer Konstruktion Marke Eigenbau hat er einen Schutzwall rund um das Wohnhaus errichtet. Wände aus Metall, Halterungen aus Holz, Folien und Sandsäcke am Boden hielten den Wassermassen stand.
Am Freitag mitten in der Nacht hatte er diesen Schutz mit einigen Helfern aufgebaut. Denn eine Situation wie im Jahr 2005 wollte er nicht noch einmal erleben. "Damals stand das Wasser gute 30 Zentimeter hoch im Erdgeschoss", erinnert er sich. Ohne Schutz hätte es das Wohnhaus wohl wieder erwischt. Kniehoch habe das Wasser am Wochenende am Schutzwall gestanden. Nichtsdestotrotz, das Rückhaltebecken in Langenneufnach habe Wirkung gezeigt und lange Zeit das Wasser abgehalten.
Es wurde nach den Hochwasserereignissen in den Jahren 2002 und 2005 für 3,36 Millionen Euro mit einem Stauvolumen von circa 272.000 Kubikmeter gebaut und im Jahr 2013 fertiggestellt. Doch beim aktuellen Hochwasser hielt das Rückhaltebecken das Wasser nur bedingt zurück. Die Wassermassen waren einfach zu mächtig. Die Schleusen öffneten sich automatisch, und so kam das Wasser trotzdem. "Aber reguliert", sagt Saule. Die Situation sei auf jeden Fall besser als früher.
"2005 stand der komplette Keller unter Wasser"
Dem pflichtet eine Anwohnerin in der Raiffeisenstraße neben der Neufnachbrücke bei. "Im Jahr 2005 stand der komplette Keller unter Wasser. Diesmal stand das Wasser nur knöcheltief." Die Feuerwehr warnte die Anwohnerin vor, dass die Schleusen des Rückhaltebeckens geöffnet würden, und pumpte gleichzeitig das Wasser ab. Somit ließ sich größerer Schaden abwenden. "Es lief wirklich relativ glimpflich ab", sagt eine Frau, die nicht namentlich in der Zeitung genannt werden möchte. Auch entsprechende Vorsorge nach dem Hochwasser 2005 habe sie getroffen. Die Waschmaschine steht auf einem Sockel, und Regalböden sind erst auf Hüfthöhe platziert. Jetzt beginnt also nur noch das große Saubermachen.
Das steht bei Adrian de Neovel-Rolfe in der Hauptstraße in Langenneufnach ebenfalls an. Ein blauer Schlauch, der aus einem Kellerschacht bis auf die Straße ragt, verrät es schon: Auch er hat Wasser im Keller.
Der Handwerker pumpte es mit seiner eigenen Pumpe ab. Bilanz am Montagvormittag: Der Trockner ist kaputt, und rund zwei Zentimeter Restwasser müssen in den kommenden Tagen mit der Hand abgeschöpft werden. "Das ist noch einiges an Arbeit", sagt der schwer kranke Mann, der froh ist um die Unterstützung seiner Nachbarn und der beiden erwachsenen Söhne.
Ein Glück: Alle Nachbarn hatten Zeit
Auch bei Bettina Frey aus Großaitingen laufen seit Samstag die Pumpen in der Buchenstraße. "Es war ein Glück, dass Wochenende war und alle Nachbarn Zeit hatten", sagt die 42-Jährige. Sechs Pumpen seien zwischenzeitlich im Einsatz gewesen, die ihnen unter anderem Nachbarn zur Verfügung gestellt hätten. In Schichten hätten sie und ihr Mann gearbeitet und geschlafen, um die Pumpen zu bewachen und das ansteigende Wasser. "Meine Beine waren wund von den Gummistiefeln, es gab einfach keine Pause", sagt die zweifache Mutter. Sie ist erschöpft. Durch das hohe Grundwasser sei der Vakuumkanal im Garten zusammengebrochen. Zwei Tage hätte ihre Familie weder duschen noch zur Toilette gehen können. "Der Laminatboden im Keller hat sich angefühlt, wie wenn man auf einer Luftmatratze geht", sagt Bettina Frey.
Um die Ecke in der Ahornstraße zeigt ein Anwohner einen Hänger mit Sperrmüll, den er noch wegfahren muss. Der 67-Jährige, der nicht namentlich genannt werden will, pumpt das Wasser mit einem Schlauch aus dem Keller. Zehn Zentimeter hoch stand es und hat Türstöcke, Laminatboden und Schränke zerstört. "Wir hatten das Wasser noch nie so hoch stehen", sagt der Anwohner.
Vorsorglich den Keller ausgeräumt
Anders sieht es in der Heimbergstraße in Schwabmünchen aus. Auf dem Bürgersteig sprudelt das Wasser aus drei Schläuchen vom Grundstück in den Gully. Das Ehepaar, das direkt an der Feldgieß lebt, ist schon hochwassererprobt. Am Samstag haben sie vorsorglich den Keller leer geräumt und waren dem Wasser damit einen Schritt voraus. "Nur einen Kühlschrank haben wir nicht mehr geschafft", sagt der Anwohner. Das Wasser stand dann fast 50 Zentimeter hoch. "Uns wird es immer treffen", sagt der Hausbesitzer und meint auch zu wissen warum. Der Feldgießgraben verursache zu viel Druckwasser. Zusammen mit dem Grundwasser und dem Wasser, das im Singold-Rückhaltebecken in Holzhausen abgelassen werde, führe das dann zu Wasser bei ihm im Keller. Warum das Wasser aus dem Feldgießgraben nicht in die Singold fließe, verstehe er nicht. Er sei versichert, und da nur sauberes Wasser im Keller stünde, müsse er lediglich neu streichen.
Flutkatastrophe: Was muss passieren, damit es im Kreis Augsburg nicht passiert?
Bei Germar Thiele, dem Inhaber des Germar's, bleibt seit Samstag die Küche kalt. Das Burger-Restaurant liegt in Schwabmünchen direkt an der Feldgieß. Seit Samstag steht der Keller 40 Zentimeter unter Wasser. "Die Zentralkühlung hat es erwischt", sagt Germar Thiele. Lebensmittel, wie Salate oder Fleisch, musste er kiloweise entsorgen. Um die 50 Helfer seien seit Samstag im Einsatz gewesen, um die Wassermassen aus dem Keller zu pumpen und zu verhindern, dass zusätzlich Wasser aus der Feldgieß ins Restaurant läuft. "Die Feuerwehr hat uns gerettet", sagt Germar Thiele. Eine Pumpe der Feuerwehr läuft seit Samstag unablässig. Wenn er Pech habe, würde sich der Schaden an Kühlung, Elektrik und Lebensmitteln auf 60.000 Euro belaufen, meint Thiele, der keine Elementarschadenversicherung hat. Statt Burger zu braten, hilft Küchenchef Raffael Zistler seit zwei Tagen Sandsäcke zu schleppen, Wasser abzuschöpfen und die Pumpen zu beaufsichtigen. "Man funktioniert einfach", sagt er. Die gesamte Belegschaft habe ihre Hilfe angeboten, das Team habe zusammengehalten. Immer in der Hoffnung, den Laden am Abend wieder aufzusperren. Bis jetzt habe sich diese Hoffnung noch nicht erfüllt.
Hier kann Hochwasser-Müll abgegeben werden
Zentrale Container zur Abgabe von Hochwassermüll (außer Elektrogeräten und Problemabfall) wurden an folgenden Orten aufgestellt:
- Diedorf, Hauptstraße
- Diedorf-Anhausen, Bachstraße 20
- Fischach, Feuerwehrhaus
- Gessertshausen, Hauptstraße gegenüber Feuerwehrhaus
- Langerringen-Gennach, Blumenstraße
- Königsbrunn, Bobinger Straße 10, Fa. Remondis, Montag bis Freitag, 7 bis 16 Uhr
- Neusäß-Täfertingen, Täfertinger Straße 48, Fa. Andreas Thaler, Montag bis Freitag, 7 bis 17 Uhr; Samstag 8 bis 12 Uhr
- Gersthofen, Beethovenstraße 11, Fa. Remondis, Montag bis Freitag, 7 bis 16 Uhr, keine Annahme von Elektrogeräten (sie müssen zu den Wertstoffsammelstellen) und Problemabfall.
Die Wertstoffsammelstelle in Fischach öffnet diese Woche zusätzlich am Mittwoch, 5. Juni, von 8 bis 17 Uhr
Die Wertstoffsammelstelle in Langenneufnach öffnet am kommenden Samstag, 8. Juni, einmalig bereits um 8 Uhr und hat bis 11.30 Uhr geöffnet.
Die Wertstoffsammelstelle in Neusäß, Am Eichenwald, öffnet am Dienstag, 4. Juni, um 15 Uhr.
Wer seinen Hochwasser-Müll entsorgen möchte, kann die an speziellen Abgabestellen tun, die der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Augsburg in den stark betroffenen Hochwassergebieten organisiert. Auch die Wertstoffhöfe nehmen die Sachen an. Der Wertstoffhof in Langenneufnach hat am Samstag ausnahmsweise bereits ab 8 Uhr geöffnet. Elektrogeräte müssen ohnehin an den Wertstoffhöfen abgegeben werden. Diese dürfen aus Brandschutzgründen nicht in den Containern für den Hochwassermüll entsorgt werden.
Öl darf nicht abgepumpt werden
Wer den Keller voller Wasser mit Heizöl hat, darf es aus Umweltschutzgründen nicht einfach abpumpen. Seit Montag werden die betroffenen Gebäude nach und nach durch die Einsatzkräfte erfasst und abgearbeitet. Soweit ein Schadensfall der örtlichen Feuerwehr noch nicht bekannt ist, ist dieser bei der örtlichen Gemeindeverwaltung zu melden. Die Betroffenen werden gebeten, diesbezüglich nicht den Notruf zu wählen oder die Leitstelle anzurufen. Das Landratsamt versichert, dass alle Fälle abgearbeitet würden, allerdings sei mit Wartezeiten zu rechnen.