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Landkreis Augsburg: Wie lebt es sich in einem Dorf ohne Anschluss an Bus und Bahn?

Landkreis Augsburg

Wie lebt es sich in einem Dorf ohne Anschluss an Bus und Bahn?

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    Am Bushäuschen in Itzlishofen wartet niemand. Denn hier gibt es weder einen Fahrplan noch einen Busanschluss. Nur morgens bringt ein Kleinbus die Schulkinder in den Nachbarort.
    Am Bushäuschen in Itzlishofen wartet niemand. Denn hier gibt es weder einen Fahrplan noch einen Busanschluss. Nur morgens bringt ein Kleinbus die Schulkinder in den Nachbarort. Foto: Felicitas Lachmayr

    Verlassen steht das Bushäuschen am Straßenrand. Hier wartet niemand darauf, mitgenommen zu werden. Denn alle wissen: In Itzlishofen gibt es weder einen Fahrplan noch einen Busanschluss. Nur morgens, wenn die Kinder zur Schule wollen, hält ein Kleinbus und bringt sie in den Nachbarort. Steil hinunter führt die Straße in das drei Kilometer entfernte Fischach. Den Rest des Tages ist das Dorf vom öffentlichen Nahverkehr abgeschnitten.

    Verena Striegel hat sich daran längst gewöhnt. Seit 30 Jahren wohnt sie mit ihrem Mann in Itzlishofen. Ein Leben außerhalb des Dorfes kann sie sich nicht vorstellen. "Ich genieße die Abgeschiedenheit und Ruhe", sagt sie. Dafür nehme sie die fehlende Anbindung an Bus und Bahn in Kauf. Sie sei viel mit dem Fahrrad unterwegs. "Ich habe es zum Glück nicht weit in die Arbeit", sagt Striegel. Sechs Kilometer sind es nach Artesried. Kleinere Einkäufe erledige sie auf dem Weg. Einmal in der Woche ist ein Großeinkauf mit dem Auto fällig.

    AVV will ein Rufbus-System im Landkreis Augsburg etablieren

    Seit einem Jahr haben sie und ihr Mann nur noch ein Auto. "Wir wollten das mal ausprobieren und es klappt ganz gut", sagt sie. Angesichts der hohen Spritpreise überlege sie noch mehr, ob eine Fahrt wirklich nötig ist. Auch ihr Mann steige oft aufs E-Bike. "Man muss flexibel sein, wenn man so abgeschieden wohnt", sagt Striegel. Doch sie weiß, dass das nicht immer möglich ist. "Gerade für die älteren Einwohner wäre es gut, wenn ab und zu ein Bus fahren würde", sagt sie. Ein Rufbus wäre aus ihrer Sicht eine gute Lösung.

    Verena Striegel wohnt seit 30 Jahren in Itzlishofen. Der Ort ist vom öffentlichen Nahverkehr abgeschnitten. Striegel steigt deshalb oft aufs Fahrrad, um in die Arbeit zu kommen.
    Verena Striegel wohnt seit 30 Jahren in Itzlishofen. Der Ort ist vom öffentlichen Nahverkehr abgeschnitten. Striegel steigt deshalb oft aufs Fahrrad, um in die Arbeit zu kommen. Foto: Felicitas Lachmayr

    Beim AVV gibt es bereits Überlegungen, ein solches Angebot im Landkreis Augsburg zu schaffen. Wie Bernd Wagner, Leiter des Bereichs Mobilitäts- und Verkehrsmanagement mitteilt, soll langfristig ein On-Demand-System eingeführt werden. Zusätzlich zu den bisherigen Verbindungen sollen dann in bestimmten Gebieten Busse ohne festen Linienverlauf und Fahrplan verkehren. Anwohnende können dann tagsüber an jeder Haltestelle innerhalb eines solchen Gebiets individuell einen Bus bestellen. Dies soll online per App oder telefonisch möglich sein.

    Im nördlichen Landkreis soll das System bereits im Dezember diesen Jahres starten. Orte wie Zusmarshausen, Emersacker oder Welden wären dann deutlich besser an größere Buslinien oder Zugstrecken angebunden. Im südlichen

    Orte mit mehr als 200 Einwohnenden sollten angebunden sein

    In Itzlishofen sind die Anwohnenden deshalb weiter auf das Auto angewiesen. Thomas Brinkmann lebt seit über zehn Jahren im Dorf. Er arbeite im Schichtdienst und könne nicht immer mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, sagt er. Trotz der hohen Spritpreise sei er häufig mit dem Auto unterwegs. "Beim Einkaufen sollte man nichts vergessen", sagt Brinkmann. Alternative Verkehrskonzepte, die auch im ländlichen Raum funktionieren, kann er sich kaum vorstellen. "Wir wollen alle flexibel sein. Aber auf dem Dorf kann nicht alle zehn Minuten ein Bus vorbeifahren", sagt er. Außerdem wohne er ja gerade hier, weil er die Ruhe und Natur schätzt.

    Wie viele Dörfer oder Ortsteile im Landkreis vom öffentlichen Nahverkehr abgeschnitten sind, weiß Bernd Wagner vom AVV nicht. Fest steht aber: "Je kleiner ein Ort und zersiedelter ein Gebiet, desto schwieriger wird die Anbindung", sagt er. Im Nahverkehrsplan sei festgelegt, dass Orte mit mehr als 200 Einwohnenden an das Netz angebunden sein sollten.

    Bis sich eine Strecke etabliert, dauere es drei bis fünf Jahre. Manchmal würde sie als Vorläufer zur Schiene dienen wie die Linie 740, die mit dem Start der Tramlinie 3 von Königsbrunn nach Augsburg abgelöst wurde. Ähnliches könnte geschehen, sollte die Staudenbahn wieder in Betrieb gehen. Wagner kann sich vorstellen, dass der Bus dann nur noch bis Langenneufnach und nicht wie bisher nach Gessertshausen fährt. Am stärksten würden sämtliche Linien in Richtung Augsburg genutzt wie der Bus 700. Abseits der größeren Strecken seien Busverbindungen stark auf den Schulverkehr ausgerichtet.

    Anwohnerin sagt: Individueller Anspruch lässt sich nur mit dem Auto erfüllen

    Das zeigt sich in Tronetshofen, einem Ortsteil von Fischach. Anders als in Itzlishofen kommt hier immerhin achtmal am Tag ein Bus vorbei. In 20 Minuten ist er am Bahnhof in Gessertshausen. Benutzt hat ihn Daniel Kraus trotzdem noch nie. "Die Anbindung ist ausbaufähig", sagt der 26-Jährige. Die Busse würden hauptsächlich von Schulkindern genutzt. Für das vorhandene Angebot seien die Tickets teils zu teuer. Woanders wohnen wolle er dennoch nicht. Er betreibe seinen Hof in

    Auch in Waldberg verkehrt mehrmals am Tag ein Bus, doch an den Haltestellen stehen keine Fahrgäste. "Der individuelle Anspruch ist so hoch, das lässt sich nur noch mit dem Auto erfüllen", sagt eine Anwohnerin. Auch sie habe den Bus noch nie genutzt. Sie bezweifelt, dass alternative Konzepte wie ein Rufbus helfen. "Die Idee klingt gut, aber am Ende scheitert es an der Einstellung der Menschen", sagt sie. Wer setzt sich schon in den Bus, wenn er zwei Autos in der Garage stehen habe. Selbst die hohen Spritpreise würden bislang nicht zum Umdenken animieren.

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