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Landkreis Augsburg: Kinderbetreuung im Augsburger Land: Den Kitas fehlen Fachkräfte

Landkreis Augsburg

Kinderbetreuung im Augsburger Land: Den Kitas fehlen Fachkräfte

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    Eltern warten teils vergeblich auf einen Betreuungsplatz für ihr Kind. Denn in den Einrichtungen im Landkreis mangelt es an Fachkräften.
    Eltern warten teils vergeblich auf einen Betreuungsplatz für ihr Kind. Denn in den Einrichtungen im Landkreis mangelt es an Fachkräften. Foto: Friso Gentsch, dpa (Symbolbild)

    Dutzende Stellenanzeigen hat Martha Bobinger schon geschaltet in der Hoffnung, dass sich Erzieherinnen und Erzieher bei ihr melden. Doch bislang erhielt sie keine Bewerbung. Als Verwalterin der Kindertagesstätten der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde ist sie für fünf Einrichtungen in Königsbrunn verantwortlich. Über die derzeitige Situation kann sie nur den Kopf schütteln. "Ich weiß bald nicht mehr weiter", sagt sie. "Der Fachkräftemangel ist eklatant."

    Die Vergabe der Betreuungsplätze läuft noch, doch schon jetzt zeichnet sich ab: Nicht alle Kinder werden ab September einen Platz bekommen. In zwei Einrichtungen wird Bobinger die Gruppen verkleinern müssen, weil ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher fehlen. Dabei gebe es Kinderpflegerinnen, die aushelfen könnten, betont die Expertin. Doch wegen der kürzeren Ausbildungszeit dürfen sie die Gruppen nicht allein betreuen.

    Laut Landratsamt gibt es im Kreis Augsburg 13.860 genehmigte Plätze

    "Ich verstehe nicht, warum der Gesetzgeber keine Ausnahme ermöglicht, um die Lücken vorübergehend zu schließen", sagt Bobinger. Kinderpflegerinnen mit viel Berufserfahrung könnten sich genauso gut um die Kinder kümmern wie Erziehende. Auch gruppenübergreifende Modelle seien denkbar. Sie habe bereits eine Anfrage an das Landratsamt gestellt - ohne Erfolg. "Wir könnten schnelle Lösungen umsetzen, aber uns sind die Hände gebunden", sagt Bobinger.

    Mit dem Problem ist sie nicht allein. Auch in anderen Kommunen werden händeringend Fachkräfte gesucht, und Eltern warten oft vergeblich auf einen Betreuungsplatz. Derzeit ermittelt das Landratsamt, wie die Kita-Situation im Kreis Augsburg ist. Mitte Mai wird das Ergebnis der Umfrage bei allen Einrichtungen erwartet, klar ist laut Kreisverwaltung aber schon jetzt: "Wir sehen einen hohen Bedarf an Betreuungsplätzen."

    Wie sehr Nachfrage und Angebot in den 46 Städten und Gemeinden gestiegen sind, verrät ein Blick in die Statistik. Stand April gibt es im Kreis Augsburg 13.860 genehmigte Plätze in Kinderkrippen, -gärten und Horten. 2015 waren es knapp 10.700. Besonders stark zugelegt haben dabei die Kindergärten. In den vergangenen sieben Jahren wurden allein dort 2300 zusätzliche Plätze geschaffen, zahlreiche Kindergarten-Neubauten zeugen davon.

    Kommunen droht Ärger: Eltern haben Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz

    Doch bauen allein reicht nicht. Träger und Betreiber der Kitas - und das sind überwiegend die Städte und Gemeinden - haben zunehmend Schwierigkeiten, genügend Kräfte zu finden. Corona hat die Situation laut Landratsamt noch einmal verschärft. Das Urteil der zuständigen Fachstelle: "Das pädagogische Fachpersonal ist aufgrund der Anforderungen in der Corona-Pandemie sehr belastet. Es kommt immer noch zu Personalausfällen aufgrund von Erkrankungen. Der Fachkräftemangel zeichnet sich im Landkreis Augsburg zunehmend als problematisch ab. Sobald Personal ausfällt, ist es zunehmend schwieriger, neues Personal zu finden."

    Die Folge: Schon jetzt gibt es im Kreis Kitas, die nicht mehr alle Plätze anbieten können, weil es an Kindergärtnerinnen fehlt. Für die Kommunen eine Zwickmühle: Für teures Geld geschaffene Kindergartenplätze verwaisen aus Personalmangel. Gleichzeitig droht Ärger mit Eltern, die auf den Rechtsanspruch auf einen Platz vertraut haben. Um diesen einzufordern, müssen Eltern ihren Betreuungsbedarf zunächst schriftlich anmelden. Erhalten sie kein Angebot, müssen sie den Rechtsweg beschreiten. Von einem Gericht verdonnert wurde bislang noch keine Kommune. Laut Landratsamt fand sich bislang immer eine Lösung.

    Die schien auch Iris Harms im kleinen Kühlenthal zu haben. Beinahe über Nacht musste die Bürgermeisterin der kleinen Gemeinde im Landkreisnorden eine Krippe für sechs Kinder finden. Das schien geglückt, als im Nachbarort Westendorf eine bislang als Krippe genutzte ehemalige Bank rechtzeitig frei wurde. Doch zu früh gefreut: Mit dem Vermieter gab es keine Einigung, und jetzt ist Harms wieder auf der Suche. Besser laufe es da beim Personal. Iris Harms: "Da sieht es gar nicht so schlecht aus."

    Meitinger Kindergarten wurde von fünf auf sieben Gruppen aufgestockt

    Von einem "eklatanten Personalmangel" spricht dagegen die Stadt Neusäß. Dort hat man zwei neue Kindergärten mit insgesamt acht Gruppen gebaut und gerät nun dennoch unter Druck. Für dieses und das kommende Jahr zeichne sich ab, dass die gemeldeten Bedarfe nicht gedeckt werden können. In den vergangenen Jahren haben sich viele junge Familien in Neusäß niedergelassen, im vergangenen Monat kamen Geflüchtete aus der Ukraine und anderen Ländern hinzu, deren Kinder auch in den Kindergarten sollen.

    Angesichts dieser dynamischen Entwicklung sei eine Planung äußerst schwierig, seufzt der Neusässer Bürgermeister Richard Greiner. Die langjährig bewährte Praxis von Sozialraumanalysen und Auswertung der Geburtenzahlen - die in der Vergangenheit eigentlich verlässliche Zahlen zu den Bedarfen an Kinderbetreuung geliefert hatten - kommt aktuell an ihre Grenzen.“

    Greiners Kollege Michael Higl in Meitingen blickt dem Herbst noch halbwegs entspannt entgegen. In Windeseile hat die Marktgemeinde ihren neuen Kindergarten am Freibad noch während der Bauzeit von fünf auf sieben Gruppen aufgestockt. Über 750 Plätze gibt es in Meitingens Kindergärten, Krippen und Horten, aktuell sind in den Kindergärten noch mehr als 70 Plätze frei. Zunehmend schwierig sei es aber, den Personalstand zu halten oder sogar noch auszubauen, sagt Meitingens Hauptamtschef Bruno Höfer. Für die kommenden Jahre werden Meitingen weiter steigende Kinderzahlen vorhergesagt.

    In Schwabmünchen machen Eltern ihrem Ärger auf Facebook Luft

    Für Eltern bedeuten die Unsicherheit und das lange Warten eine zusätzliche Belastung. In Schwabmünchen erhielten einige die Nachricht der Stadt, vorerst keinen Kitaplatz zu erhalten. Auf Facebook machen die betroffenen Eltern ihrem Ärger Luft. Wie könne es sein, dass bei sechs Kindergärten kein Platz für ihre beiden Kinder verfügbar ist, fragt eine Nutzerin. Sie sei bestürzt über die Mitteilung der Stadt. "Wir hatten dieses Jahr Glück, aber es hätte auch anders ausgehen können", schreibt eine andere. Die Zustände in Schwabmünchen seien untragbar, heißt es. Das Problem bestehe seit Jahren.

    Die Stadt teilt auf Nachfrage mit, es seien bislang 200 Plätze vergeben worden. Doch das Verfahren sei noch nicht abgeschlossen. Die Zahl der Kinder, die heuer eingeschult werden und damit Betreuungsplätze eröffnen, stehe noch nicht fest. Zudem seien die Plätze der neu gebauten Einrichtungen noch nicht einberechnet. An der Römerstraße wird derzeit der Kindergarten St. Anna errichtet. Der Stadt zufolge soll er im ersten Quartal 2023 fertiggestellt sein und Platz für 150 Kinder bieten. Ursprünglich sollte das Gebäude auf einem Spielplatz an der Auerbergstraße errichtet werden. Doch Anwohnende hatten sich dagegen gewehrt. Der Bau verzögerte sich massiv. Die Erweiterung der Kindertagesstätte Don Bosco in Schwabegg hingegen soll im Sommer dieses Jahres abgeschlossen sein.

    Mit den Trägern der Kindergärten und Krippen werde ständig nach qualifiziertem Personal gesucht und an einem erweiterten Angebot gearbeitet, teilt Schwabmünchens Zweiter Bürgermeister Josef Alletsee mit. Ob allen Eltern ein Betreuungsplatz angeboten werden kann, hänge von mehreren Faktoren ab - wie die Anzahl der Kinder, die später eingeschult werden oder einen erhöhten Betreuungsbedarf haben. Maßgeblich sei auch das zur Verfügung stehende Personal. "Auf all diese Faktoren hat jedoch weder ein Bürgermeister noch ein Stadtrat Einfluss", erklärt Alletsee.

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