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Landkreis Augsburg: Ärztin der Wertachkliniken erklärt, wann zu viel Hitze gefährlich wird

Landkreis Augsburg

Ärztin der Wertachkliniken erklärt, wann zu viel Hitze gefährlich wird

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    Der Hochsommer ist da. Die Hitze ist nicht nur anstrengend - sie kann auch krank machen oder sogar tödlich sein.
    Der Hochsommer ist da. Die Hitze ist nicht nur anstrengend - sie kann auch krank machen oder sogar tödlich sein. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Sonne pur und Temperaturen weit über 30 Grad: Die Hitze hat den Rettungskräften im Augsburger Land mehr Einsätze als sonst beschert. Über 100 Mal wurden die Sanitäter des Bayerischen Roten Kreuzes in den vergangenen Tagen gerufen. Beim Christopher-Street-Day in Augsburg seien sogar mehrere der über 3000 Teilnehmer kollabiert, berichtet der Geschäftsführer des BRK-Kreisverbands Augsburg-Land, Thomas Haugg.

    Sommer, Sonne, Notfall: Welche Folgen Hitze haben kann, erleben die Rettungskräfte immer wieder. Thomas Haugg erinnert sich spontan an einen Vorfall, der ein böses Ende hätte nehmen können. Ein Autofahrer war trotz großer Hitze ohne Klimaanlage und vermutlich mit zu wenig Getränken unterwegs. Plötzlich wurde er am Steuer ohnmächtig. Der Wagen geriet unkontrolliert auf den Seitenstreifen und kam zum Stehen. Was für ein Glück: "Kaum auszudenken, was passieren kann, wenn jemand in so einer Situation in den Gegenverkehr gerät", sagt Haugg.

    Die Folgen von zu wenig Flüssigkeit

    Was genau bei hohen Temperaturen im Körper passieren kann, erklärt Barbara von der Mülbe. Sie ist Leitende Oberärztin und stellvertretende Chefärztin der Kardiologie an den Wertachkliniken. Sie unterscheidet zwischen Sonnenstich, Hitzeschlag und -kollaps. Letzterer entstehe durch starkes Schwitzen bei hohen Temperaturen. Wird gleichzeitig zu wenig getrunken, dann verliere der Körper viel Flüssigkeit und Salze. "Dies bedeutet für den Kreislauf eine enorme Belastung – mögliche Folgen sind Kreislaufzusammenbruch und Bewusstlosigkeit. Körperliche Aktivität bei Hitze erhöht die Gefahr für einen Hitzekollaps", sagt die Medizinerin.

    Betroffene sollten aus der Hitze gebracht und auf den Rücken gelegt werden. "Fächeln Sie ihm eventuell Luft zu oder legen Sie ihm feuchte Tücher auf Arme, Beine, Nacken und Leiste", sagt Barbara von der Mülbe. Keine zusätzliche Kühlung sei nötig, wenn der Betroffene ohnehin schon fröstelt. Die Leitende Oberärztin rät außerdem: "Geben Sie dem Betroffenen - sofern er nicht erbricht - viel Flüssigkeit mit Mineralstoffen zu trinken. Das können Wasser, Mineralwasser oder Tee sein. Das soll den Flüssigkeits- und Elektrolytverlust ausgleichen." Ganz wichtig: "Verschlechtern sich die Symptome, oder kommt es gar zu Bewusstlosigkeit, dann verständigen Sie bitte umgehend den Rettungsdienst."

    Anzeichen für einen Sonnenstich

    Bei einem Sonnenstich hat die Wärmestrahlung im Sonnenlicht Teile der Hirnhaut oder des Hirngewebes gereizt. Typische Anzeichen seien starke Kopf- oder Nackenschmerzen, Nackensteifigkeit und ein geröteter, heißer Kopf. In der Regel könne ein Sonnenstich gut selbst behandelt werden. Dazu gehörten Bettruhe in einem kühlen, abgedunkelten Raum und viel Flüssigkeit.

    Der klassische Hitzschlag treffe häufig ältere Menschen sowie Säuglinge und Kleinkinder. Es bestehe tatsächlich akute Lebensgefahr, so Barbara von der Mülbe. Die Symptome seien in beiden Fällen gleich:

    • Übelkeit, Erbrechen
    • Schwindel
    • Kopfschmerzen
    • steifer Nacken, Nackenschmerzen
    • Fieber bis über 40 Grad bei hochroter, heißer, trockener Haut
    • Krämpfe, Lähmungen
    • Bewusstseinsstörungen
    • Organversagen

    Was Ersthelfer machen können

    Barbara von der Mülbe rät: Der Rettungsdienst sollte unverzüglich verständigt und die betroffene Person ins Krankenhaus gebracht werden. Das können Ersthelfer machen:

    • Ab in den Schatten: Betroffenen sollten raus aus der Sonne und möglichst ins Kühle, damit der Körper herunterkühlen kann.
    • Schocklage bei vollem Bewusstsein: Den Betroffenen in Schocklage lagern - also auf dem Rücken und mit erhöhten Beinen. So verbessere sich die Durchblutung im Gehirn. Diese könne bei einem Hitzschlag durch den niedrigen Blutdruck vermindert sein.
    • Stabile Seitenlage bei Bewusstlosigkeit: Wenn der Hitzschlag-Patient das Bewusstsein verliert, dann müssen Atmung und Puls kontrolliert werden. Seien beide vorhanden, dann ihn in die stabile Seitenlage bringen.
    • Kleidung lockern: Eng sitzende Kleidung des Betroffenen sollten gelockert werden.
    • Kühlen: Kühlpackungen (Coolpacks) auf den überhitzten Körper, besonders auf Arme, Beine, Nacken und Leisten - legen. Denn von dort aus kann sich die Kühle am besten verteilen. Wenn Atmung und Kreislauf stabil sind, könne auch der ganze Körper in Leitungswasser getaucht werden.
    • Lauwarme Getränke: Wenn der Betroffene bei klarem Bewusstsein ist, keine Übelkeit verspürt und nicht erbricht, sollte ihm schluckweise lauwarme Flüssigkeit einflößen. Das soll den Flüssigkeitsverlust durch das für einen Hitzschlag typische Schwitzen ausgleichen. Bei Übelkeit und Erbrechen dürften laut Barbara von der Mülbe keine Flüssigkeit gegeben werden. Es bestehe die Gefahr, dass sich der Betroffene verschluckt.
    • Wiederbelebung: Atmet der Betroffene nicht mehr, müsse unverzüglich mit der Wiederbelebung begonnen werden. Barbara von der Mülbe: "Setzen Sie diese so lange fort, bis der Notarzt eintrifft oder der Betroffene wieder selbstständig atmet."

    "Thermische Notfälle werden oft unterschätzt", sagt Martin Gschwilm von der Vorsitzender der Kreis-Wasserwacht Augsburg-Land. Sie hat in den vergangenen Tagen die Wachteams an allen Standorten im Augsburger Land verstärkt. "Bei heißem sonnigem Wetter sollte gut auf gefährdete Personen wie kleine Kinder, Ältere, chronisch Kranke oder schwer arbeitende Menschen geachtet werden", sagt die Leitende Oberärztin Barbara von der Mülbe. Aktivitäten sollten vor allem in die frühen Morgenstunden oder die späteren Abendstunden verlegt und der Kopf generell vor zu viel Sonne durch eine geeignete Kopfbedeckung geschützt werden. Sie rät zu vermehrt zuckerarmen und nicht alkoholischen Getränken. Barbara von der Mülbe: "Mit ein wenig Vernunft und Umsicht kann man das sommerliche Wetter im Schatten genießen."

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