Der „Tag des Deutschen Bieres“ am 23. April erinnert an den Erlass des Reinheitsgebots und seinen bahnbrechenden Erfolg. Was heute niemand mehr weiß: In Schwaben gab es früher mit Abstand die meisten Brauereien in Bayern. Und im Freistaat befand sich knapp die Hälfte aller Braustätten in Deutschland.
Das Thema griff vor Jahren das Museum Oberschönenfeld in einer Sonderausstellung auf. "Flüssiges Brot" hieß die Zusammenstellung von Exponaten, die an eine Ära erinnerte. Wer im Historischen Brauereiverzeichnis Deutschland blättert, kann die große Zahl der Betriebe entdecken.
![Im Museum Oberschönenfeld erinnerte 2010 eine Ausstellung an das Thema Bierbrauen. Im Museum Oberschönenfeld erinnerte 2010 eine Ausstellung an das Thema Bierbrauen.](https://images.mgpd.de/img/102694983/crop/c1_1-w100/1682791540/1351652329/147270471.jpg)
In fast jeder Ortschaft im Augsburger Land wurde früher einmal Bier gebraut. Für Schwabmünchen sind beispielsweise sechs Brauereien festgehalten, in Bobingen waren es drei. Meitingen hatte genauso wie Langenreichen eine Brauerei, in Dinkelscherben mit den Ortsteilen Breitenbronn, Ettelried, Fleinhausen, Häder, Oberschöneberg, Lindach und Ried waren es sogar sieben. In Welden gab es ebenso wie in Diedorf eine Brauerei, in Fischach mit den Ortsteilen Aretsried und Siegertshofen sind vier Braustätten bekannt.
![Unter einer Türschwelle des Mickhauser Schlosses kam eine Flaschenpost aus dem Jahr 1930 zum Vorschein, versteckt in einer Bierflasche der örtlichen Schlossbrauerei. Unter einer Türschwelle des Mickhauser Schlosses kam eine Flaschenpost aus dem Jahr 1930 zum Vorschein, versteckt in einer Bierflasche der örtlichen Schlossbrauerei.](https://images.mgpd.de/img/100664126/crop/c1_1-w100/1105146620/267451585/copy20of2009archc3a4ologenschlossmickhausen3atif.jpg)
Nach einer Recherche des Museums gab es im Landkreis Augsburg um das Jahr 1900 über 40 Orte mit mindestens einer Brauerei. Heute sind es im Augsburger Land noch sieben Unternehmen, die brauen. In
Große Bier-Vielfalt auf dem Land im Landkreis Augsburg
An die Vielfalt erinnern heute die Namen im Brauereiverzeichnis und die ein oder anderen Exponate wie alte Krüge, Bierdeckel und -filze oder Werbeschilder aus Metall. Auch alte Schwarzweiß-Fotos geben einen Eindruck davon, wie stark das Handwerk in Stadt und Land verbreitet war. Für eine Foto-Postkarte stellten sich zum Beispiel die Mitarbeiter der Bobinger Brauerei Schempp 1911 stolz vor der Gastwirtschaft auf. Denn die Möglichkeit zum Ausschank gehörte fest zur eigentlichen Braustätte.
Warum sich im Augsburger Land und Schwaben eine große Vielfalt entwickelte, hat mehrere Gründe. Dazu gehörte das bürgerlich-zünftische Braugewerbe, das florierte. Sicherlich spielte auch das Wissen eine Rolle: Das lag lange Zeit in den vielen Klöstern, die ihre eigenen Anlagen betrieben. Nicht zu vergessen die Rohstoffe: Wasser, Hopfen und Malz - frei nach dem Reinheitsgebot von 1516.
![In Schwaben wurde auch Hopfen angebaut. In Schwaben wurde auch Hopfen angebaut.](https://images.mgpd.de/img/102694947/crop/c1_1-w100/715035748/110966148/147269626.jpg)
In der Region wurde sogar Hopfen angebaut: Bekannteste Gebiete waren Mindelheim, Memmingen und Krumbach. Dort hatte der Hopfen so gute Qualität, dass er es zur internationalen Bier- und Hopfenausstellung 1866 ins französische Dijon schaffte.
Natureis und Keller für die Kühlung
Aber was wäre Bier ohne die Lagerung? In kühlen Kellern blieb das Gebräu frisch. Einer der größten Keller im Augsburger Land befand sich in Altenmünster. Nach den Recherchen der Ausstellungsmacher von "Flüssiges Brot" hatte er eine Fläche von 200 Quadratmetern. Im Vergleich war er jedoch klein: In Kaufbeuren wurde der Berg, auf dem sich der Betrieb der Akteinbrauerei befindet, fast vollständig unterkellert.
![Bierfilze erinnern heute nach an die vielen Brauereien in der Region. Bierfilze erinnern heute nach an die vielen Brauereien in der Region.](https://images.mgpd.de/img/102695030/crop/c1_1-w100/655829347/1160419754/255614829.jpg)
Wichtig war dafür das Natureis, das im Winter aus Weiher gesägt oder mit sogenannten Eisgalgen hergestellt wurde. Das waren Holzkonstruktionen, die bei Kälte so lange mit Wasser bespritzt wurden, bis daran lange Eiszapfen wuchsen. Mit der künstlichen Kälte durch die Erfindung von Carl Linde und die Industrialisierung veränderte sich das Braugewerbe. Es gab noch eine weitere Entwicklung: Das immer beliebter werdende Flaschenbier öffnete neue Vertriebswege und Absatzmärkte. Statt frisch gezapftes Fassbier im Krug in der nächsten Wirtschaft nach Hause zu holen, gab es Bier in Flaschen in Kramerläden und Flaschenbierhandlungen. Das neue Geschäftsmodell bekamen vor allem die Augsburger Brauer zu spüren.
Streit zwischen Augsburg und dem Umland
Ein regelrechter Streit zwischen Stadt und Land entbrannte in den 1920er-Jahren: Augsburger Brauereien behaupteten, dass Land-Brauereien aus Ustersbach, Kutzenhausen und Emersacker Bier zu Schleuderpreisen anbieten würden. Gleichzeitig kam das Bürgerliche Brauhaus Göggingen mit dem "Flaschenbiertransportwagen" aufs Land und verkaufte seine Produkte zum Beispiel in
![Brauereigewerbe früher: So sah die Bobinger Brauerei Schempp um das Jahr 1911 aus. Brauereigewerbe früher: So sah die Bobinger Brauerei Schempp um das Jahr 1911 aus.](https://images.mgpd.de/img/102694393/crop/c1_1-w100/1862523878/717713815/dsc8218.jpg)