Einen „wahnsinnigen Schepperer, einen Knall wie bei einem Erdbeben“, hörten Mitglieder der Feuerwehr Scheuring, die gerade einem Kameraden auf dem Friedhof das letzte Geleit gaben. Ein Tornado-Kampfflugzeug, das wenige Minuten vorher auf dem Lechfeld gestartet ist, war in einem Waldstück bei Scheuring abgestürzt und explodiert.
Die Feuerwehrleute rannten sofort zu ihren Fahrzeugen und zusammen mit vielen anderen Rettungskräften rasten sie Richtung Kaufering Westerholz, einem Ausflugsziel bei der Ruine Haltenberg. Doch nahe dem Unfallort ging für sie alle nichts mehr: Die Bundeswehr hatte das Gelände bereits weiträumig abgeriegelt und die Absturzstelle zum Sperrgebiet erklärt. Rund 100 Soldaten marschierten in Formation in das Waldgebiet. Sie sollten das Areal am nördlichen Ende des Westerholzes auf einer leichten Anhöhe zwischen der Burgruine Haltenberg und Kaufering südlich der Osar-Weinert-Hütte absichern. Ein weiterer Zug durchkämmte derweil das Waldgebiet nach Flugzeugtrümmern, ein Hubschrauber unterstützte die Suchaktion. Beinahe undurchdringlicher Rauch und Kerosingeruch lagen in der Luft. Das Wrack wurde gefunden und schnell auch die beiden toten Piloten.
Immer mehr Einsatzkräfte, das Luftfahrtbundesamt, die Staatsanwaltschaft und militärische Ermittler rückten an. Langsam drangen erste Informationen zum Absturz durch. Um 14.24 Uhr waren zwei Tornados des Jagdbombergeschwaders 32 ECR auf dem Fliegerhorst bei Lagerlechfeld gestartet. Ziel des Fluges waren elektronische Aufklärungsübungen nahe Ramstein. Wie es zu dem Absturz kam, darüber gab es zunächst keine Auskünfte. Nur so viel: Der Tornado mit Kennung Lima Charly 33B war beim Start mit 7000 Litern Kerosin betankt. Waffen, abgesehen von einer Übungsrakete ohne Sprengstoff, befanden sich nicht an Bord. Eine Gefahr für die Bevölkerung bestand nicht. Die Flugdatenrekorder wurden gefunden und zur Auswertung nach Köln gebracht. Die Flugzeugteile lagen in einem Radius von rund 400 Metern verstreut. Bäume waren wie mit einem Rasiermesser abgetrennt und mehrere Meter hoch schwarz verkohlt.
Waren sich die Maschinen zu nahe gekommen?
Ausgeschlossen wurde vonseiten der Bundeswehr, dass der Tornado in den sogenannten Jet-Stream der vorausfliegenden Maschine oder in deren Wirbelschleppen geraten sein könnte. Auch Vogelschlag in einem der beiden Triebwerke konnten den Tornado nicht zum Absturz gebracht haben. Nach einiger Zeit wurden auch die Namen der beiden Besatzungsmitglieder bekannt: Es handelte sich um den 31-jährigen Piloten Hauptmann Eik von Zehmen und den 40-jährigen Waffensystemoffizier Major Konrad Huf. Von Zehmen wollte 2005 als Fluglehrer nach Amerika, in die Heimat seiner Frau, gehen. Huf, seit 1990 bei der 2. Jagdbomberstaffel auf dem Lechfeld, wollte im bevorstehenden Ruhestand einen Flugplatz für Sportflugzeuge bauen sowie eine Alm im Allgäu kaufen.
Piloten nutzen den Schleudersitz nicht
Warum sich beide Besatzungsmitglieder nicht mit dem Schleudersitz aus der Maschine katapultiert hatten, erklärte die Bundeswehr so: Es muss eine total überraschende Situation eingetreten sein, die keine Möglichkeit zum Handeln ließ. Auch ein Systemausfall an Bord sei quasi unmöglich gewesen, da alle Systeme im Tornado doppelt abgesichert waren. Im Abschlussbericht der Generalflugsicherheit der Bundeswehr wurde später bestätigt, dass ein technisches Versagen der Maschine als Ursache für den Absturz ausgeschlossen werden kann. Gerüchte um das Unglück gab es viele, bestätigt wurden sie nicht. Seit vielen Jahren befindet sich unweit der Absturzstelle an einem Weg ein Gedenkstein. Die Namen der beiden verunglückten Luftwaffenangehörigen sind darauf zu lesen.
Seit 1982 fliegt die Bundeswehr Tornados. 46 Maschinen stürzten bis heute ab. Dabei kamen 33 Flugbesatzungsmitglieder ums Leben. Es wurden von 1979 bis 1998 insgesamt knapp 1000 Maschinen gebaut. Der ECR-Tornado, wie er auf dem Lechfeld geflogen wurde, diente zur elektronischen Kampfführung und Bekämpfung der gegnerischen Radarstellungen. Im März 2013 wurde das Jagdbombergeschwader auf dem Lechfeld aufgelöst. Auf dem Lechfeld wurden von 1958 bis 1965 insgesamt 80.000 Flugstunden mit F84 Thunderstreak, von 1965 bis 1984 205.000 Stunden mit F104-Starfighter und von 1984 bis 2013 460.000 Stunden mit Tornados geflogen.
Gedenkveranstaltung erinnert an den Absturz
Zum 20. Jahrestag des Absturzes findet am 9. Dezember eine Gedenkfeier im Westerholz statt. Sie wird von der Traditionsgemeinschaft JaboG 32 mit den Angehörigen der damals tödlich verunglückten Flugzeugbesatzung Major Konrad Huf und Hauptmann Eik von Zehmen veranstaltet. Die Flugplatzstaffel „Lechfeld“ des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 unterstützt zu Ehren der verunglückten Soldaten die Gedenkveranstaltung mit Kranzniederlegung durch die Vertreter der Traditionsgemeinschaft Jagdbombergeschwader 32.
Das ist der Programmablauf:
10 - 10.35 Uhr: Gottesdienst in der Versöhnungskirche.
10.35 - 10:55 Uhr: Fahrt direkt zum Gedenkstein für Teilnehmer, denen ein Fußmarsch nicht mehr so leichtfällt und ggf. bei Verfügbarkeit für die Damen. Übrige Teilnehmer bilden Fahrgemeinschaften, fahren bis zum Parkplatz der Oskar-Weinert-Hütte und gehen von dort zu Fuß.
11 - 11.15 Uhr: Gedenkveranstaltung am Gedenkstein Westerholz.
11.20 - 11.40 Uhr: Rückmarsch zum Pfarrsaal der Versöhnungskirche.
11.45 - 13.30 Uhr: Zusammenkunft und Gedankenaustausch der Teilnehmer im Pfarrsaal.
Anfahrtsbeschreibung von der Versöhnungskirche zur Oskar-Weinert-Hütte:
Bundesstraße B 17 Richtung Landsberg auffahren und Abfahrt Klosterlechfeld. Hier abfahren und Richtung Fürstenfeldbruck. Geradeaus fahren, am Restaurant Zollhaus vorbei, den Berg hoch und an der Kreuzung rechts abbiegen in Richtung Kaufering. Vor Waldbeginn geht rechts ein Waldweg zu einem Parkplatz am Oskar-Weinert-Haus – von dort Fußweg etwa 10 Minuten bis zur Gedenkstätte.
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