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Kommentar: Pro und Contra: Muss man bei der Fußball-Europameisterschaft mitfiebern?

Kommentar

Pro und Contra: Muss man bei der Fußball-Europameisterschaft mitfiebern?

Gerald Lindner
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    Pro: Fußballschauen bedeutet Mitfiebern und Gemeinschaft

    Schnell lässt sich ein Dutzend guter Gründe finden, die Fußball-EM zu boykottieren - verwöhnte Spieler, korrupte Fifa und hohe Kosten für die Sicherheit der Austragungsorte sind nur drei davon. Viel schneller sind aber alle Bedenken verflogen, sobald am Freitagabend der Ball rollt. Denn dann übertrumpft die Emotion das rationale Denken. Fußballschauen heißt mitfiebern, vor allem bei einem großen Turnier wie der Europameisterschaft. Aber selbst rationale Gründe liegen auf der Hand, weshalb man sich dem Spektakel nicht verwehren sollte. Wer Fußball in der Gemeinschaft schaut, etwa Freundinnen und Kollegen einlädt oder zum Public Viewing geht, fördert Gemeinschaft, pflegt soziale Kontakte. 

    Die sind laut Forschern wichtig für die Gesundheit. Einen ebenso wichtigen Impuls für die Gesundheit könnte die EM denjenigen geben, die durchs Fußballschauen Motivation finden, selbst mal wieder gegen den Ball zu treten und damit etwas für das körperliche Wohlbefinden zu tun. Aber Vorsicht: Schienbeinschoner nicht vergessen. Vorteile bietet das volle Auskosten des EM-Sommers auch für diejenigen, die selbst gerne einen möglichst großen Sicherheitsabstand zum Ball halten und die Spiele lieber in Ruhe zu Hause auf dem Sofa verfolgen als beim Public Viewing. Sie verleiht den Tagen Struktur, teilt sie in drei Abschnitte: ein Spiel um 15 Uhr, eines um 18, eines um 21 Uhr. Wenn am Sonntagabend England gegen die in Augsburg untergebrachten Serben gespielt hat, wissen Fußballfans: Am nächsten Morgen klingelt der Wecker wieder, die Arbeitswoche beginnt - und das Turnier geht weiter. Emotion und Alltag, Fußballschauen vereint beides. (Marco Keitel)

    Contra: EM ist für Nicht-Fußballfans wie Stalking

    Deutschland im Ausnahmezustand: Die nächsten Wochen hat uns wieder die eine Sportart fest in den Klauen. Auf allen Fernsehsendern wird man überflutet von Fußballthemen. Die Übertragungen beginnen schon lange vor dem eigentlichen Anpfiff und bringen - mit Verlaub gesagt - recht wenig Information, auch wenn ehemaligen Weltklassespielern als "Experten" ein Mikrofon ins Gesicht gehalten wird. Wen's interessiert, dem sei es unbenommen. Und als magere Alternativprogramme gibt's im Fernsehen noch ältere Kamellen als Wiederholungssendungen zu sehen als ohnehin in der Sommerzeit üblich. Wohl dem, der noch ein gut ausgestattetes DVD- oder Bluray-Archiv zu Hause hat. Für Nicht-Fußballfans ist das wie Stalking: 

    An jeder Ecke wird man mit dem Sport konfrontiert, selbst auf der Toilette der Lieblingskneipe lächelt einem irgendein Nationalspieler entgegen. Und kaum ein Lokal verzichtet im Biergarten auf einen Fernseher. Und wer braucht nach den Spielen Fangruppen, die spätabends durch die Straßen ziehen, diese blockieren und laut den Sieg ihrer Mannschaft feiern? Unter all der Fußballdominanz und der Fahnenschwenkerei der Fans geht das Kulturangebot fast unter, etwa die Auftritte der aus Meitingen stammenden Spitzenklarinettistin Susanne Ortner am Freitag in der Johanneskirche Meitingen und am Samstag in der Philippuskirche Westheim. Und da wäre noch das Mozartfest in Augsburg, das just an diesem Wochenende stattfindet. Doch am besten ist's, falls das Wetter wieder besser ist, ruhige Momente auf dem Balkon oder der Terrasse genießen. Keine betrunkenen Fans und aus den geöffneten Fenstern in der Nachbarschaft ist an den Rufen der TV-guckenden Fußballfans schon zu hören, ob die Nationalmannschaft ein Tor geschossen hat oder eine Chance vergeigt. Fußball kann auch den inneren Maulwurf auslösen, der sich vor der Fußball-Inflation zurückzieht. (Gerald Lindner)

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