Als Pfarrer Bernd Leumann am Sonntag zur Kirche Maria unterm Kreuz blickte, bemerkte er zahlreiche Plakate an den Eingängen: Vertreter der Reformbewegung Maria 2.0 hatten sie offenbar dort angebracht. Noch bevor Gottesdienstbesucher die Zettel sehen konnten, entfernte sie der Königsbrunner Pfarrer auch an den anderen beiden Kirchen der Pfarreiengemeinschaft. Doch schon am selben Nachmittag bedauerte er sein Handeln.
Wie er auf Nachfrage erklärt, ging Leumann davon aus, dass nachts jemand im Bistum unterwegs war und die Plakate verteilte. Auf den ersten Blick hätten ihn die Formulierungen nicht überzeugt. Er habe die Aktion als Provokation empfunden - auch weil er nicht darüber informiert wurde. "Wenn ein Bürgermeister an seiner Rathaustür, ein Direktor am Schultor oder ein Firmenchef auf seinem Areal etwas ohne Einwilligung hängen sähe, würde er ähnlich handeln", sagt Bernd Leumann. Er habe im Affekt gehandelt.
Königsbrunner Pfarrer kann sich mit Forderungen weitestgehend identifizieren
Dabei waren die Plakate Teil einer bundesweiten Aktion der Reformbewegung Maria 2.0. Seit Mai 2019 macht die Gruppe in Kirchengemeinden und Bistümern auf sich aufmerksam. Die Vertreter setzen sich für Reformen innerhalb der katholischen Kirche ein und fordern die Aufhebung des Pflichtzölibats.
Angemahnt wird eine geschlechtergerechte Kirche, in der Männer wie Frauen Zugang zu allen Ämtern erhalten. Außerdem setzt sich die Bewegung nach eigenen Angaben für die Aufklärung, Verfolgung und Bekämpfung der Ursachen von sexualisierter Gewalt ein und fordert eine wertschätzende Haltung gegenüber selbstbestimmter Sexualität. Am Wochenende verteilte die Gruppe Thesenblätter an zahlreichen Kirchen in ganz Deutschland.
Mit den Forderungen nach einer Reform und den Kernaussagen der Thesen kann sich der Königsbrunner Pfarrer Leumann größtenteils identifizieren, wie er sagt. Er möchte den Anhängern der Bewegung Gesprächsbereitschaft signalisieren. Auch er schätze das Engagement von Frauen. Es gebe keine Bibelstelle, aus der die Einseitigkeit in der männlichen Berufung für das Diakonat oder Priesteramt hervorgehe, aber auch keine, aus der sich herleiten lässt, dass es in der Urkirche schon Frauen in priesterähnlichen Funktionen gab.
Pfarrer Leumann will mit Vertretern der Reformbewegung in Dialog treten
Für den Seelsorger geht es vor allem um eines: Die Einheit der Kirche. Eine weitere Spaltung brächte nichts Konstruktives für die Gläubigen mit sich. Er sei gesprächsbereit und wolle niemanden verwehren, für Veränderungen zu werben. Diese müssten aktiv und nicht erst übermorgen angegangen werden. Aber es müssten alle Gläubigen mitgenommen werden. "Wir müssen einander zuhören und einen Weg finden, wie wir alle unseren Glauben leben und ausüben können", sagt Leumann.
Auch in seiner Pfarreiengemeinschaft geht die Zahl der regelmäßigen Kirchgänger zurück. Die Pandemie habe ihren Anteil daran, aber man dürfe sich nichts vormachen. Ob Reformen, wie sie die Bewegung fordert, die zunehmenden Austritte verhindern können, darüber ist sich Leumann nicht sicher. Er verweist auf die evangelische Kirche, die keineswegs besser dastünden, was Mitgliedschaft oder Aktive beträfe.
Allerdings betont der Pfarrer auch: "Ich habe das Zwangszölibat noch nie für gutgeheißen." Er trete für einen anderen Umgang mit Homosexualität und eine veränderte Haltung zur Sexualität ein. Er hält Strukturveränderungen auch bezogen auf die finanzielle Verwaltung für wichtig. "Ich halte es da wie unser Papst Franziskus. Für mich ist es eine Kirche, die bei den Armen steht und glaubwürdig das selbst lebt", betont der Seelsorger. Er freue sich auf einen Dialog mit Vertretern der Bewegung Maria 2.0. Eine Gesprächsreihe innerhalb der Pfarreiengemeinschaft kann er sich gut vorstellen.
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