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Warum der Kleingarten diesen Königsbrunnern wichtiger als die Eigentumswohnung ist

Königsbrunn

Über den Gartenzaun: „Ich hätte eher auf die Wohnung verzichtet als den Garten“

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    Auf der Hollywood-Schaukel in ihrem Kleingarten fühlen sich Anneliese und Karl Barthelmie wohl.
    Auf der Hollywood-Schaukel in ihrem Kleingarten fühlen sich Anneliese und Karl Barthelmie wohl. Foto: Jennifer Kopka

    Zum Kleingarten von Karl und Anneliese Barthelmie geht es durch ein Törchen mit Rosenbogen. In der Parzelle des Ehepaars steht eine Hütte, Hochbeete und ein Frühbeet. Auch den Kleingarten-Klassiker, die Hollywood-Schaukel, sucht man nicht vergebens. Die Kleingarten-Liebe der Spätaussiedler ist groß. So groß, dass sie den Garten beinahe einer Eigentumswohnung vorgezogen hätten.

    Karl Barthelmie in jüngeren Jahren in seinem Kleingarten in Königsbrunn.
    Karl Barthelmie in jüngeren Jahren in seinem Kleingarten in Königsbrunn. Foto: Privat

    „Ohne Garten habe ich mir mein Leben nicht vorgestellt“, sagt Karl Barthelmie aus Königsbrunn. Der 70-Jährige hat zusammen mit seiner Frau Anneliese seit 30 Jahren eine Parzelle in der Kleingarten-Anlage Bobinger Bergle in Königsbrunn. 1991 kam das Ehepaar mit zwei Töchtern aus Siebenbürgen nach Augsburg. Ein Jahr später zogen sie um nach Königsbrunn in eine Mietwohnung. Einen Garten hatten sie zunächst nicht. Schon damals war die Warteliste für einen Kleingarten lang. Ein Jahr warten Karl und Anneliese, dann die freudige Nachricht: für 21.000 Mark können sie ein 300-Quadratmeter-Grundstück kaufen. „Später hätten wir den Betrag gut als Startkapital für unsere Eigentumswohnung gebrauchen können“, erinnert sich die 67-jährige Anneliese. Doch ihr Mann denkt gar nicht daran, den Kleingarten wieder zu verkaufen: „Lieber hätte ich auf die Wohnung verzichtet, als ohne den Garten zu sein“, bereut der ehemalige Maschinenarbeiter bei Osram die Entscheidung nie. 

    26 Familien stehen auf der Warteliste in Königsbrunn

    Heute stehen 26 Familien auf der Warteliste für einen Garten. Um die 3000 Euro kostet eine Parzelle je nach Größe. Bis zu fünf Jahre warten die Bewerber teils auf einen Kleingarten. Das Ehepaar Barthelmie kann das nachvollziehen. „Der Garten ist unser Ein und Alles“, sagt Karl Barthelmie. In den 30 Jahren haben sie Beete angelegt, Bäume gepflanzt und die Kinder großgezogen. „Mein Enkel kommt immer zur Weinlese“, sagt der Rentner. Der 70-Jährige klettert immer noch auf Bäume. „Wenn die Frau die Leiter hält“, ergänzt Anneliese und lacht. Mit den Jahren hat er sich als Baumschnittexperte der ganzen Anlage etabliert. Im Vereinsheim hat das Ehepaar immer viel gefeiert, zuletzt den 70. Geburtstag von Karl.

    Diesen Boskop-Apfelbaum will Karl Barthelmie in seinen Garten pflanzen.
    Diesen Boskop-Apfelbaum will Karl Barthelmie in seinen Garten pflanzen. Foto: Jennifer Kopka

    Doch auch schwierigere Zeiten gab es: Dreimal habe Hagel die Ernte vernichtet, so wie im vergangenen Jahr im August. Und auch so manches Getier machte den Gärtnern oft das Leben schwer: Schnecken und Wühlmäuse, die es auf das Gemüse abgesehen hatten. Auch mit dem Kleintiergesetz geriet das Paar aneinander: als Schnecken- und Unkrautvernichter hielten sie sich ein Paar Laufenten. „Bis zum Bürgermeister bin ich gegangen für die Enten“, erinnert sich Karl Barthelmie. Doch es half nichts: Die Enten mussten weg. Denn der Landesgartenverband regelt im Kleintiergesetz: Die Haltung von Tieren ist im Kleingarten nicht erlaubt. 

    Enkel hilft dem Königsbrunner im Garten

    „Ich habe mich in den Garten einfach verliebt“, sagt Karl Barthelmie. Nach Schichtende bei Osram verbrachte er den Nachmittag meist im Grünen. Seine Frau war Lagerarbeiterin und kam immer später dazu. Jetzt in der Rente geht alles etwas langsamer. "Mein Enkel hat schon gesagt: Wenn du nicht mehr auf Bäume klettern kannst, mache ich das", sagt Karl Barthelmie schmunzelnd. Seine Garten-Tipps gibt er schon jetzt gerne an die nächste Generation weiter. In einem kleinen Garten könne man Platz sparen, indem man in die Höhe wachsendes Gemüse anbaut. "Rankende Bohnen zum Beispiel", sagt Karl Barthelmie. Dass Brombeeren Kaffeesatz mögen und der Rhabarber umgepflanzt unter die Mirabelle nach zehn Jahren endlich zu wachsen angefangen hat, habe er erst mit den Jahren gelernt, sagt der Kleingärtner. 

    Opa und Enkel bei der Weinlese. Auch bei der Baumpflege hilft der Enkel mit.
    Opa und Enkel bei der Weinlese. Auch bei der Baumpflege hilft der Enkel mit. Foto: Privat

    Wenn das Wetter schön ist, sind die beiden jeden Tag hier. Karl und Anneliese Barthelmie haben für ihren Garten auf so manche Flugreise verzichtet. „Der Garten ist unsere Insel, wo man sich zurückziehen kann“, sagt Karl. Für die beiden acht- und elfjährigen Enkel haben sie Johannis- und Brombeeren gepflanzt. Der Klimawandel führt immer öfter zu einer guten Paprika-Ernte und sogar Kiwi wächst inzwischen. Bald tragen die im heimischen Wintergarten vorgezogenen Tomaten-Stecklinge die ersten reifen Früchte. Daraus kocht Anneliese dann ihre Spezialität, die eingefroren den ganzen Winter hält: Tomatensaft. 

    Anneliese Barthelmie am Ende der Saison vor den Früchten ihrer Arbeit. Aus der Ernte kocht sie am liebsten Saft.
    Anneliese Barthelmie am Ende der Saison vor den Früchten ihrer Arbeit. Aus der Ernte kocht sie am liebsten Saft. Foto: Privat

    In der Serie "Über den Gartenzaun" geht es um Geschichten rund um den Kleingarten. Haben Sie auch einen besonderen Kleingarten? Oder eine besondere Geschichte, die mit einem Kleingarten zu tun hat? Dann schreiben Sie uns an redaktion@schwabmuenchner-allgemeine.de.

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