„Alles muss raus“ signalisieren große Plakate an der Fassade zum Parkplatz und über dem Eingang. Alles, das ist in den letzten Tagen dieses Reals aber nicht mehr viel. Gleich wenn sie das Gebäude betreten, registrieren die Kunden, dass die kleinen Geschäfte im Eingangsbereich fast alle schon abgebaut haben. Statt auf Deko, Werbung und Produkte blicken sie auf leere Nischen und Trockenbauwände. Nur noch drei zeigen bis zuletzt Flagge. Am Samstag ist bei Real in Königsbrunn der letzte Verkaufstag. Dann schließt der Supermarkt nach fast 24 Jahren.
Im Real-Markt selbst ist das Angebot in der Obst-und-Gemüse-Abteilung auf knapp drei Meter Regallänge geschrumpft. Wo früher Dutzende Zeitschriften, Bücher, CDs, DVDs und Computerspiele zu finden waren, liegen noch wenige Tageszeitungen aus. Im breiten Gang sind kleine Wühltische aufgebaut. Etwas weiter hinten räumen Mitarbeiter Tütensuppen und andere Fertiggerichte aus überwiegend geleerten Regalen an deren Stirnseiten, wo sie dichter gestapelt platziert werden.
Wie im ganzen Warenhaus ist auch in der früheren Textilabteilung das Angebot ziemlich ausgedünnt. An einem Ständer hängen einige T-Shirts, auf dem obersten ist aufgedruckt: „Wer sagt, dass man Glück nicht kaufen kann, war noch nie shoppen.“ Doch beim Einkaufen im Königsbrunner Real mag sich in diesen Tagen ein Glücksgefühl nicht einstellen – trotz der vielen Schilder, die auf ungewöhnlich hohe Rabatte von 50, 60, ja sogar 80 Prozent hinweisen.
Ein großer Teil des Verkaufsfläche im Real Königsbrunn ist abgesperrt
An einem Wandregal, an dem früher auf über zehn Metern in mehreren Reihen Zutaten für internationale Gerichte zu finden waren, bekleben zwei junge Männer die restlichen Plastikflaschen und Gläser jeweils mit kleinen, knallroten Preisetiketten. „Reduziert“ steht über dem Preis. „Der Rabatt wird dann an der Kasse abgezogen“, erläutert einer der Helfer.
Je weiter man seinen Einkaufswagen vom Kassenbereich nach hinten schiebt, desto leerer wird es. Die Brotauswahl ist auf Knäckebrot und etwas Toast geschrumpft, der Kühlbereich außer Betrieb. Eine Hälfte der gesamten Verkaufsfläche des Marktes ist mit rot-weißem Band abgesperrt. Die Schränke mit Tiefkühlkost sind überwiegend leer, nur Eiscreme gibt es noch viel. Die Reste aus der Getränkeabteilung werden jetzt im Umfeld der Tütensuppen angeboten. Auf einigen Flaschen einer norddeutschen Brauerei steht als Haltbarkeitsdatum „01.02.2021“, auf denen einer anderen Marke gar „01.01.2021“. Immerhin gibt es darauf 60 Prozent Rabatt.
Auf „viele unglaubliche Schnäppchen“ mit „drastisch reduzierten Preisen“ hat die Real-Zentrale in Düsseldorf noch am Mittwoch hingewiesen. Die Anfrage der Redaktion nach Gesprächen mit Mitarbeitern hat sie abgelehnt. Eine Verkäuferin der Ihle-Filiale berichtet, dass die Stimmung in den vergangenen Wochen angespannt gewesen sei. „Man konnte mit ihnen nicht mehr so locker reden wie früher.“
Nach dem Auszug von Real soll das Gebäude umgebaut werden
Begegnungen auf dem Parkplatz: Eine Kundin hat den knallgelben Plastik-Wäschekorb, eines der Schnäppchen im Markt, randvoll mit Lebensmitteln gepackt. Sie fand es immer praktisch, hier einzukaufen, sagt sie: „Es hat halt alles gegeben.“ Es sei schade, dass der Real schließe, sagt sie, „aber so ist es halt“.
Ein Ehepaar aus Augsburg war zufällig in der Nähe und wollte noch rasch den Einkauf erledigen. Erst am Eingang wurde ihnen klar, dass sie hier das letzte Kapitel eines großen Geschäfts miterleben. Er habe sich unwohl gefühlt, sagt der Mann: „Es ist fast so was wie Leichenfledderei.“ Seine Frau hatte sich bei der Kassiererin erkundigt, wie denn die Stimmung so sei. Deren Antwort: „Wie soll sie sein, wenn man jetzt arbeitslos wird? Nicht gut!“
Wenn der Real Ende März endgültig ausgezogen ist, wird der Markt umgebaut. Die Saller-Gruppe, der Eigentümer der Immobilie, möchte einen kleineren Lebensmittelmarkt sowie weitere Geschäfte und Büros im Real-Gebäude und dem angrenzenden früheren Möbelhaus etablieren. Wer einzieht, dazu hielt man sich mit Hinweis auf laufende Gespräche bis zuletzt zurück. Zumindest im Umfeld des Markts lassen sich zarte Signale für den Neustart erkennen. Der Parkplatz im Süden, wo früher das Parkdeck stand, wurde umgestaltet. An den Lichtmasten hängen moderne LED-Leuchten – ein kleines Zeichen, dass auf dem Real-Areal die Zeichen auf Zukunft stehen könnten.
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