Kinder und Jugendliche sollen in den Mensen von Schulen und Kindertagesstätten kostenlos ihr Mittagessen bekommen. Das fordert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Essen zum Nulltarif sei ein Garant für gesunde Ernährung bei Kindern und Jugendlichen, unabhängig davon, was zu Hause auf den Tisch komme, schreibt Laura Schimmel vom schwäbischen Ableger der NGG in einer Pressemitteilung. Wie sehen das Betroffene im Augsburger Land?
Claudia Suckert aus Königsbrunn fordert einen differenzierten Blick auf das Thema, denn überall sei die Lage anders. Suckert ist die Zweite Vorsitzende des Landeselternverbands der Realschulen in Bayern. An der Via-Claudia-Realschule Königsbrunn etwa gebe es keine komplette Klasse an Ganztagsschülern - und daher gar kein Mensa-Essen. In Bobingen sei die Situation eine andere. Das Thema sei aufgrund der verschiedenen Schulformen und Angebote - Mittagsbetreuung, Horte, Ganztagsklassen - sehr komplex.
In Bobingen essen Schüler aus Ganztagsklassen in der Mensa - für 80 Euro monatlich
Die Realschule Bobingen hat zwei Ganztagsklassen mit insgesamt ungefähr 40 Schülern, die in der Mensa essen. Die Schule teilt sich das Mensa-Angebot mit der Grundschule Singold, die für alle Klassen ein Mittagessen anbieten. Der Direktor der Realschule, Dirk Hampel, berichtet, dass die Stadt Bobingen einen Zuschuss gibt und die Köchinnen angestellt hat. Die Eltern der Schüler zahlen etwa 80 Euro monatlich. An der Anna-Pröll-Mittelschule in Gersthofen kostet eine Mahlzeit 4,70 Euro. „Man kann immer zwischen einem vegetarischen und einem nicht-vegetarischem Gericht wählen“, sagt Schulleiter Robert Walch. Ein Koch bereitet das Essen immer frisch zu. Die Stadt Gersthofen unterstützt die Schule.
Für den Bobinger Realschulleiter Dirk Hempel ist die Forderung der NGG wichtig. Er hält es für sinnvoll, kostenloses Essen einzuführen. „Natürlich kostet das viel Geld. Es ist aber in die Kinder gut investiert.“ Und was sagen die Abgeordneten im Landtag dazu? Als Berufsschullehrer ist Max Deisenhofer von den Grünen der grundsätzlichen Überzeugung, dass Kinder und Jugendliche ein gutes und kostenfreies Mittagessen verdienen. Er hält die Forderungen der NGG für realistisch. Essen müsse ein Teil der Bildungspolitik sein. Denn nur, wenn die Kinder gut gegessen haben, könnten sie am Nachmittag im Unterricht besser aufpassen. Deisenhofer sagt: „Der Freistaat sollte sich gesetzgeberisch dazu verpflichten, dass Essen Teil der kostenfreien Bildung ist.“
Zahlen rund um das Mittagessen im Landkreis Augsburg
- Betroffen von der Forderung sind im Landkreis 185 Kitas und 75 Schulen
- kostenfreies Mittagessen würde den Freistaat zwischen 1,8 Milliarden und 2,2 Milliarden Euro kosten
- Im Schnitt liegt der momentane Mensapreis zwischen vier und fünf Euro
Die SPD fordert schon lange kostenloses Mittagessen in Ganztagsschulen oder Kitas, sagt Landtagsabgeordnete Simone Strohmayr aus Stadtbergen. Doch das sei vielen Kommunen und Landkreisen finanziell nicht möglich. Und mit Förderanträgen seien viele Familien überfordert. „Wir müssen auf jeden Fall einen Einstieg finden“, ist ihre Meinung. Man könne mit einem Zuschuss anfangen oder das Essen für sozial schwächere Familien übernehmen. Anton Rittel, Landtagsabgeordneter der Freien Wählern, würde an das Thema anders herangehen. Anstatt immer wieder das Kindergeld zu erhöhen, könne man diese finanziellen Mittel in das kostenlose Mittagessen investieren. „So kommt das Kindergeld auch wirklich den Kindern zugute.“ So könne man mit relativ einfachen Mitteln für soziale Gerechtigkeit sorgen.
Doch was wäre, wenn Bayern das Mittagessen an Schulen und Kitas tatsächlich komplett bezahlen würde? Laut der CSU-Abgeordneten Carolina Trautner würde das zwischen 1,8 und 2,2 Milliarden Euro kosten. „Das wäre sehr wünschenswert, aber das kann der Freistaat nicht umsetzen.“ Es gebe bereits Zuschüsse und das Bildungs- und Teilhabepaket. Dennoch sei ihr das Thema ein wichtiges Anliegen.
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