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Hirblingen: Am Ende des Jahres erklingt in Hirblingen georgische Musik

Hirblingen

Am Ende des Jahres erklingt in Hirblingen georgische Musik

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    Tinatin Deisenhofer stammt gebürtig aus dem Osten Georgiens. Ihr Heimatland hat eine vielfältige Kultur und Geschichte.
    Tinatin Deisenhofer stammt gebürtig aus dem Osten Georgiens. Ihr Heimatland hat eine vielfältige Kultur und Geschichte. Foto: Marcus Merk

    Tinatin Deisenhofer gibt uns die Hand, als sie uns in ihrem Haus in Hirblingen begrüßt – längst hat sie sich an die deutsche Art des Begrüßens gewöhnt, zu Anfang wollte sie die Menschen immer umarmen. In ihrem Heimatland Georgien macht man das so. Im Hintergrund läuft georgische Musik, beschwingt und angenehm. Zweimal im Jahr werde sie nostalgisch, sagt sie, so auch zum Ende des Jahres. „Dann höre ich immer Musik aus meiner Heimat.“

    Seit 23 Jahren ist Deisenhofer hier, viele Kilometer von ihrem Herkunftsort entfernt. Georgien ist ein kleines Land mit nur fünf Millionen Einwohnern. Vielen hier sei Georgien kein Begriff, erklärt die 44-Jährige. Dabei hat die reiche Kultur des Landes viel zu bieten. Georgien besitzt eine eigene Sprache und sogar eine eigene Schrift. Es sei eine von den 14, die es auf der Welt gebe, sagt Deisenhofer, während sie anfängt, Mozzarella zu reiben. Dieser wird mit Schafskäse, Salz und Kräutern gemischt. Georgisches Käsebrot gibt es heute, zusammen mit gefüllten Auberginen mit Walnuss-Creme. 

    Deisenhofer wollte in Deutschland eigentlich Medizin studieren

    Den Joghurtteig hat die 44-Jährige schon zuvor vorbereitet. Kleine Fladen schneidet sie ab, dann wird die Käsemischung darauf gegeben. Mit geübten Fingern schnürt Deisenhofer ein „Päckchen“, umschließt den Käse mit Teig. Das gefüllte Bällchen wird platt gedrückt, bis es einem dicken Pfannkuchen ähnelt – vorsichtig, damit der Teig nicht reißt. „Meine Oma hat das schneller gemacht“, sagt Deisenhofer. Die fertigen Fladen kommen in die Pfanne oder in den Ofen und werden dort gebacken. 

    Beim Füllen des Teigs ist es wichtig, dass kein Loch entsteht, damit der Käse nicht herausläuft.
    Beim Füllen des Teigs ist es wichtig, dass kein Loch entsteht, damit der Käse nicht herausläuft. Foto: Marcus Merk

    Den schon vorbereiteten Nachtisch, ein georgischer Kuchen, hat sie nicht gemacht, seit sie aus Georgien hierherkam, berichtet sie beim Ausbacken. 21 Jahre alt war sie, als sie nach Deutschland kam. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie schon vier Jahre Medizin studiert, wollte ihr Studium in Deutschland fortsetzen. Der gute Ruf des deutschen Bildungssystems reizte sie, in der Schule hatte sie Deutsch als Wahlfach genommen. Doch erst wollte sie die Sprache lernen, entschied sich für ein Au-pair im Landkreis, mit begleitendem Sprachkurs.

    In Deutschland verliebte sie sich in einen Kaminkehrer

    Als sie ankam, bereitete ihr die Sprache Schwierigkeiten, auch der Dialekt. Ansonsten fühlte sie sich aber wohl. Auf dem Land sei sie herzlich aufgenommen worden, berichtet sie. „Nicht wie in Georgien, aber sehr herzlich.“ Am zweiten Tag nach ihrer Ankunft war sie bei einer Faschingsveranstaltung und wurde von einem jungen Mann in Lederhosen zum Tanzen aufgefordert. Die beiden verliebten sich und heirateten. Ihr Mann ist als Kaminkehrer im Landkreis unterwegs. „Mit ihm habe ich das Glück abonniert“, sagt Deisenhofer und lacht.

    Das georgische Käsebrot oder Käsekuchen kann sowohl im Ofen als auch in der Pfanne gebacken werden.
    Das georgische Käsebrot oder Käsekuchen kann sowohl im Ofen als auch in der Pfanne gebacken werden. Foto: Marcus Merk

    Als das Au-pair endete, beschloss die damals ganz junge Frau, in Deutschland zu bleiben – trotz der Tatsache, dass sie hier nicht wie geplant würde studieren können. Ihr Schulabschluss wurde nicht anerkannt. Also machte die junge Frau stattdessen eine Ausbildung zur Arzthelferin, dann zu Diätassistentin. Eine eigene Praxis folgte.Zugleich begann sie ein Psychologiestudium. „Heute behandelt man nicht mehr nur symptombezogen“, erklärt sie. „Eine gute Ernährung allein macht einen Menschen nicht gesund.“

    In Georgien kocht man viel mit Walnüssen, auch Kräuter sind wichtig

    Die Praxis hat sie inzwischen aus Zeitgründen aufgegeben, eine ausgewogene Ernährung bleibt für die Georgierin trotzdem eine wichtige Basis für die Gesundheit des Menschen. Vieles davon findet sie in der georgischen Küche wieder. „Aus ernährungsphysiologischer Sicht haben Georgier intuitiv alles richtig gemacht“, weiß Deisenhofer. Die Auberginen hat sie schon im Backofen gebraten. Auch die Walnuss-Creme ist fertig, aus gemahlenen Nüssen, Essig, Salz und Koriander. In Georgien kocht man viel mit Walnüssen, und auch Kräuter sind wichtig, erklärt Deisenhofer, während sie die Auberginen bestreicht und mit Granatapfel bestreut. Erst heute habe sie georgische Kräuter bestellt, die es hier nicht zu kaufen gibt. 

    Die Auberginen mit Walnusscreme und Granatapfel machen nicht nur optisch etwas her.
    Die Auberginen mit Walnusscreme und Granatapfel machen nicht nur optisch etwas her. Foto: Marcus Merk

    Zum Essen gibt es georgischen Wein. „Ohne Wein ist Gästeempfang in Georgien unvorstellbar“, sagt Deisenhofer. In Georgien sei der Gast König, es werde viel aufgetischt. Der „Tischführer“ überlege sich einen Spruch, in dem um das Essen und die Gegenwart, der Zukunft und den Verstorbenen gedacht werde – ein wenig wie ein Tischgebet, nur länger. 

    Es gibt reichlich, am Ende ist noch einiges übrig. Ihre Familie freue sich darüber, sagt Deisenhofer. Sie koche nicht so oft georgisch. Das Paar hat eine Tochter (15) und einen Sohn (16). Spätestens seit sie Kinder hat, fühlt sie sich hier heimisch. Mit ihren Kindern spricht sie deutsch. Georgierin ist sie trotzdem: „Ich sage immer, ich bin Georgierin und das werde ich auch immer bleiben. Aber meine Heimat ist hier.“ Heute fühlt sie sich hier verwurzelt. Nach Georgien fährt sie nur noch alle drei bis vier Jahre, Heimweh hat sie mittlerweile weniger. Nur am Jahresende eben ein bisschen. Dann erklingen in ihrer Küche wieder georgische Klänge.

    Rezept für sechs Stück. Zwei Eier in einer Schüssel verquirlen und 500g Joghurt daruntermischen. 100ml Milch oder Wasser und etwa 800 bis 900 g Mehl dazugeben und kneten, bis der Teig nicht mehr klebt. Anschließend einen halben Teelöffel Speisesoda und eine Prise Salz beimengen, wiederum gut kneten. Den Teig aus der Schüssel nehmen und mit aller Kraft insgesamt dreimal aufschlagen. Danach in den Kühlschrank stellen.
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    Khatschap'uri heißt die traditionelle Speise aus Georgien, ein mit Käse gefüllter Teigfladen. Tinatin Deisenhofer weiß, was man beim Machen beachten muss.

    Für unsere Kochserie „ErzählMahl“ haben wir mit Menschen aus dem Landkreis Augsburg ein Gericht aus ihrem Herkunftsland zubereitet. Wie haben mit ihnen über ihre Heimat gesprochen und wie sie in der Region gelandet sind. Alle Texte, Videos und Rezepte zur Serie finden Sie hier.

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