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Hagelsturm lässt Wälder sterben und Borkenkäfer triumphieren.

Reinhartshofen

Kahlschläge und Borkenkäfer: Die Zukunft der durch Hagel verwüsteten Wälder

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    An Kahlschlägen führt vielerorts kein Weg vorbei.
    An Kahlschlägen führt vielerorts kein Weg vorbei. Foto: Elmar Knöchel

    Der Einladung des Augsburger Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), folgten Waldbesitzer, Forstleute und Vertreter der Forstdienststelle Zusmarshausen. Nach einer Rundfahrt durch die betroffenen Flächen erörterten die Fachleute noch an Ort und Stelle, wie die Zukunft der Wälder aussehen könnte.

    Die Angst vor dem Borkenkäfer mahnt zur Eile

    Zunächst schilderte Manfred Ziegler, Besitzer von Waldflächen um Reinhartshofen, die Lage in seinen Beständen. Besonders die Waldstücke östlich von Reinhartshofen seien schwer getroffen worden. Am Waldrand und entlang der Rückegassen seien die massiven Schäden deutlich zu sehen. „Die Flächen sind nicht mehr zu retten, sie sterben ab“, sagte Waldbesitzer Ziegler. Hauptsächlich seien es die Fichtenbestände, die zugrunde gehen würden. Die betroffenen Bäume müssten jetzt, teilweise durch Kahlschläge, schnell gefällt und aus dem Wald gebracht werden. Das minimiere die Gefahr einer Ausbreitung des Borkenkäfers, der weitere schwere Schäden an den Fichten verursachen könnte. Doch die Gefahr sei damit noch nicht gebannt. „Wir beobachten bereits bei vielen noch gesunden Bäumen, dass der Käfer da ist. Sollten wir im kommenden Jahr einen sehr warmen Sommer bekommen, könnte sich der Borkenkäfer explosionsartig ausbreiten“. Während Ziegler die schlimme Lage erklärte, konnten die anwesenden Experten den Harvestern bei der Arbeit zuschauen. Auf mehreren Flächen waren bereits Kahlschläge vorgenommen worden. An den Rändern des Feldweges türmen sich die gefällten Fichtenstämme.

    Die geschlagenen Stämme türmen sich am Wegesrand.
    Die geschlagenen Stämme türmen sich am Wegesrand. Foto: Elmar Knöchel

    „Die Vermarktung des Holzes ist im Moment schwierig“, erklärte Ziegler. Denn die Nachfrage sei gering. Würden die Stämme als Papierholz, also zur Herstellung von Papier verkauft, sei nur ein unzureichender Preis zu erzielen. „Der würde nicht einmal die entstandenen Aufforstungskosten decken“, so Ziegler. Gleichzeitig sei der Bedarf an Brennholz gering. Wie Siegfried Völkl vom AELF erklärte, sei die Nachfrage nach Brennholz durch die milden Winter der letzten Jahre bereits länger auf einem niedrigen Niveau. Dazu käme jetzt, dass sich viele Verbraucherinnen und Verbraucher aufgrund des Energiepreisschocks, der durch den Beginn des Ukrainekriegs ausgelöst wurde, mit großen Mengen an Brennholz eingedeckt hätten. „Damals hat jeder wesentlich mehr geordert, als er wirklich gebraucht hätte“, so Völkl. Das bekämen die Waldbesitzer nun zu spüren.

    Manfred Ziegler
    Manfred Ziegler Foto: Elmar Knöchel

    Die Hagelschäden sind auch eine Chance

    Dass die vielerorts vorherrschenden Fichten-Monokulturen mittlerweile gefährdet sind, sei natürlich keine Neuigkeit mehr, sagte Völkl. Die höheren Temperaturen durch den Klimawandel und die damit einhergehende Trockenheit mache den Bäumen zu schaffen. „Die Fichte ist in unserer Gegend ja nicht heimisch. Sie stammt aus Nordeuropa und bevorzugt niedrigere Temperaturen“, so Völkl. Dazu hätten die Fichten, die nur flache Wurzeln ausbilden, zunehmend Probleme, tiefer liegende Wasserschichten zu erreichen. Durch den entstehenden Trockenstress habe der Borkenkäfer dann leichtes Spiel. Die jetzt vielerorts nötigen Kahlschläge böten nun aber die Chance, den bereits begonnenen Waldumbau zu beschleunigen. Diesen Umbau betreibe man in den Staatsforsten schon seit längerer Zeit. Jetzt gelte es, auch die privaten Waldbesitzer auf diesem Weg mitzunehmen. Ziel solle sein, einen möglichst widerstandsfähigen Mischwald aufzubauen, der sowohl besser an das zu erwartende veränderte Klima angepasst und durch die Vielfalt auch nicht so anfällig für Schädlinge ist. Dabei, so betonte Völkl, sollte auch auf neue Baumarten gesetzt werden. Denn es gebe keine Garantie, dass heimische Baumarten die beste Wahl seien. Das zeige sich im Moment auf dramatische Weise an den Eschen. „Wer hätte gedacht, dass die heimischen Eschen einmal an einer aus Asien eingeschleppten Pilzkrankheit zugrunde gehen werden“. Besonders gut zu beobachten sei die Entwicklung des Eschentriebsterbens im Naturwaldreservat nahe Wehringen, wo besonders viele Eschen stehen. „Mittlerweile wird es gefährlich, das Reservat zu betreten, da betroffene Eschen teilweise einfach umfallen“, sagte Hermann Stocker, stellvertretender Betriebsleiter der Bayerischen Staatsforsten in Zusmarshausen, die für das Naturwaldreservat zuständig sind.

    Siegfried Völkl
    Siegfried Völkl Foto: Elmar Knöchel

    Die größte Herausforderung letztlich sei, da sind sich die Experten einig, die richtige Mischung zu finden, um den Wald der Zukunft zu gestalten. Hierbei würden auch die privaten Waldbesitzer durch ein Förderprogramm unterstützt, wenn sie die Anforderungen, zum Beispiel des Bundesprogrammes zum „klimaangepassten Waldmanagement“ , erfüllen. Davon, wie von Naturschützern immer wieder gefordert, die Wälder einfach sich selbst zu überlassen und auf die Entstehung eines Urwaldes zu warten, hält Völkl nicht viel. „Auf manchen Flächen ist das möglich und wird es auch schon gemacht. Aber ich bezweifle, dass die Menschen, die in der Natur Ruhe und Erholung suchen, große, abgestorbene Waldflächen, wie sie derzeit im Harz zu sehen sind, auf Dauer akzeptieren werden.“

    Die Folgen des Hagels sind unübersehbar.
    Die Folgen des Hagels sind unübersehbar. Foto: Elmar Knöchel
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