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Großaitingen, Gramais: Der „Wilderer von Gramais“ lässt ihn nicht mehr los

Großaitingen, Gramais

Der „Wilderer von Gramais“ lässt ihn nicht mehr los

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    Hans Mahl spielte den Wilderer Franz.
    Hans Mahl spielte den Wilderer Franz. Foto: Sammlung Seehuber

    Helmut Seehuber aus Großaitingen erinnert sich gerne an die Tage im Bergdorf Gramais. Dort entstanden vor 45 Jahren die Bilder für den Spielfilm „Der Wilderer von Gramais“ - ein Bergdrama voller Liebesleid, Intrigenspiel und Wildererromatik. Die Idee dazu stammte von Seehuber: “Schon als Kind hörte ich bei den Erwachsenen gerne die Geschichten über Wilderer. Doch dann schickte mich meine Mutter meistens ins Bett.“ Das Thema von gefallenen Helden und der vielleicht archaischsten Identität der Alpen ließ ihn nicht mehr los.

    Amateurfilmer Seehuber dachte sich einige Jahre später ein eigenes Wilderer-Drama aus und schrieb ein Drehbuch. Aber wo sollte die Handlung spielen? Das Motiv auf einer Kerze - ein touristisches Mitbringsel eines Freundes - brachte ihn auf Gramais: Abgebildet war das malerische Bergdorf, das auf 1321 Metern Höhe inmitten der Lechtaler Alpen zwischen dem Lechtaler Ort Häselgehr und der Oberinntaler Gemeinde Imst liegt. Gramais musste es sein!

    Etwa 20 Filmfreunde aus der Region wirkten 1979 beim „Wilderer von Gramais“ mit.
    Etwa 20 Filmfreunde aus der Region wirkten 1979 beim „Wilderer von Gramais“ mit. Foto: Sammlung Seehuber

    Seehuber begeisterte Filmfreunde aus der Region, die als Laiendarsteller und Helfer mitmachen wollten. Im September 1979 begann das Film-Abenteuer: Eine kleine Autokolonne – vorneweg ein weißer VW-Käfer mit Anhänger – steuerte Gramais an. Insgesamt drei Wochenenden dauerten die zum Teil gefährlichen Außenaufnahmen.

    Viele Anekdoten von den Drehtagen

    Einmal rutschte eine Schauspielerin an einem Steilhang ab und zog sich blutige Knie zu. Immer wieder musste die Bergwacht helfen und mit Seilen absichern. So entstanden spektakuläre Bilder in einer ebenso spektakulären Bergwelt. Für den Absturz des Wilderers im Film präparierte Anita Seehuber eine lebensecht wirkende Puppe: Hauptdarsteller Hans Mahl aus Reichertshofen schleppte sein Double auf den Berg. Oben angekommen, verpasste er der Puppe seine Kleider. Anschließend stieß er auf ein Zeichen hin die Puppe in die Tiefe, was Helmut Seehuber filmte. Die Einstellung war im Kasten. Die Filmmannschaft freute sich – doch was alle aus den Augen gelassen hatten: Hauptdarsteller Mahl saß noch oben am Berg – nur bekleidet mit der Unterhose. „Eigentlich sollte jemand zu ihm hoch und ihm seine Kleider wieder bringen. Wir haben ihn eine Zeit lang vergessen”, erinnert sich Seehuber und grinst spitzbübisch.

    Von den Drehtagen gibt es viele Anekdoten zu erzählen. Vom Schnee, der über Nacht kam und den ganzen Drehplan durcheinanderwirbelte. Oder von den Touristen, die kurzerhand als Komparsen in den Film eingebaut wurden. Oder von den Helfern, die sich beim Projekt kennenlernten und später heirateten. Oder von der Filmpremiere in Gramais zwei Jahre später.

    An drei Wochenenden fanden die Dreharbeiten in Gramais mit - auch viele Menschen aus dem kleinen Bergdorf machten mit.
    An drei Wochenenden fanden die Dreharbeiten in Gramais mit - auch viele Menschen aus dem kleinen Bergdorf machten mit. Foto: Sammlung Seehuber

    Der Film war geschnitten und vertont – es unterstützten unter anderem die Original Oberkrainer und Musiker rund um Josef Fischer – und der Wilderer sollte im Bergdorf wieder lebendig werden. Der Schulhof in Gramais wurde vom Schnee befreit und ein großes Bierzelt aufgestellt. 2000 Menschen kamen und wollten Seehubers Werk sehen. Die Resonanz war gewaltig: In den Tagen darauf bildeten sich Schlangen vor dem Schulsaal, wo der “Wilderer von Gramais” gezeigt wurde. Die grenzübergreifende Produktion lief in den Monaten darauf auch in anderen Orten, die Filmmannschaft kam mit vielen Interessierten ins Gespräch. “Es war eine wundervolle Zeit“, erinnert sich Seehuber, der 45 Jahre nach dem Dreh den Wilderer nochmals in Gramais zeigen will. Für den Großaitinger ist der Streifen eine Herzenssache. Damals war sie auch eine Visitenkarte.

    Der „Wilderer von Gramais“ ist für eine Herzenssache: Helmut Seehuber hatte das Drehbuch geschrieben, gefilmt und den Film schließlich produziert.
    Der „Wilderer von Gramais“ ist für eine Herzenssache: Helmut Seehuber hatte das Drehbuch geschrieben, gefilmt und den Film schließlich produziert. Foto: Maximilian Czysz

    Seehuber machte seine große Leidenschaft zum Beruf. Anfangs mit der klassischen Filmtechnik am Schneidetisch und im Wandel der Zeit mit moderner digitaler Videotechnik: Mit moderner Aufnahme- und Studiotechnik produzierten Helmut Seehuber und sein Team viele Industrie- und Werbefilme, die in verschiedene Sprachen übersetzt wurden. Es entstanden auch zahlreiche Dokumentationen und Lehrfilme für den schulischen Bereich. Bei Seehuber machte Silvia Laubenbacher ihre ersten Gehversuche als Moderatorin. Mit 78 Jahren ist Seehuber immer noch jeden Tag in den schallgedämpften Kellerräumen, in denen viel Technik steckt. Stolz zeigt er seine neueste Entwicklung, eine Filmreinigungsmaschine. Mit ihr lassen sich die alten Streifen digitalisieren und damit in ein neues Zeitalter überführen. Keine Frage: Der „Wilderer von Gramais“ ist schon digital. Und er bleibt unvergessen.

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