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Eisennagel mit Geschichte: Bobingens Rätsel von 1612

Bobingen, Gabelbachergreut

Das Rätsel um eine rostige Inschrift

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    Dieser schwere Eisennagel wird beim Leonhardiritt in Gabelbachergreut dreimal um die Kirche gezogen.
    Dieser schwere Eisennagel wird beim Leonhardiritt in Gabelbachergreut dreimal um die Kirche gezogen. Foto: Marcus Merk

    Es ist und bleibt ein Rätsel: Was hat es mit dem schweren Eisennagel auf sich, der die Inschrift „Bobingen 1612“ trägt? Der 115 Kilogramm schwere Eisenkoloss wird beim Leonhardiritt in Gabelbachergreut dreimal um die Kirche gefahren. Um den Eisennagel ranken sich viele Geschichten.

    Der Legende nach wurde er aus den gespendeten Hufeisen und Eisenvotiven zu Beginn des 17. Jahrhunderts geschmiedet. Die Verbindung zum Heiligen Leonhard, der auch als „Bauernherrgott“ bezeichnet wird, ist klar: Leonhard galt ursprünglich als Schutzpatron der Menschen, die in Ketten liegen, also der Gefangenen. Er war auch Patron der Geisteskranken, die man bis ins 18. Jahrhundert ankettete. Nach der Reformation bekam er eine weitere Aufgabe: Er wurde Beschützer der Haustiere, die ebenfalls angekettet wurden. In Gabelbachergreut bitten die Menschen den Heiligen, dass er ihr Vieh vor Krankheit und Seuche bewahrt. Leonhard stammte wohl aus einer vornehmen Familie, zog sich aber als Einsiedler zurück. Auf einem vom König geschenkten Stück Land gründete er das Kloster Noblac. Leonhard starb wahrscheinlich am 6. November 559. Seine Verehrung verbreitete sich Ende des 11. Jahrhunderts besonders in Bayern und Schwaben.

    Eine Erinnerung an die Wallfahrt von 1612?

    Und der Eisennagel? Er wird beim Leonhardiritt auf einem Wagen gezogen. Sonst steht er in der Kirche und kann bewundert werden. Das Drum wiegt etwa 115 Kilogramm und ist fast einen Meter hoch. Es trägt eine Reihe von Inschriften, bestehend aus Ortsnamen und Jahreszahlen. Der älteste entzifferbare Schriftzug lautet „Bobingen 1612“. Angeblich hatten sich in dem Jahr einige Bobinger zur Wallfahrt ins 40 Kilometer entfernte Gabelbachergreut aufgemacht. So wird es in der Bobinger Stadtchronik erklärt. Zur Erinnerung wurden der Ort und das Jahr in den Eisennagel geritzt.

    Der Nagel trägt mehrere Inschriften, wer genau hinschaut, kann den Ortsnamen Bobingen erkennen.
    Der Nagel trägt mehrere Inschriften, wer genau hinschaut, kann den Ortsnamen Bobingen erkennen. Foto: Marcus Merk

    Der Bobinger Heimatforscher Franz Xaver hat noch einen weiteren Hinweis: Vermutlich handelte es sich um eine private Wallfahrt. Denn Gabelbachergreut ist auf keiner Kirchenrechnung dokumentiert. Dafür ist eine Fahrt 1609 und 1610 nach Klosterlechfeld und Scheppach belegt. Bei der Wallfahrt 1627 wurden am Ulrichstag sieben Kirchen in Augsburg besucht. Holzhauser hat außerdem eine Vermutung, warum Bobinger ausgerechnet nach Gabelbachergreut gepilgert sind.

    Viele Zuschauer verfolgten am Sonntag den Leonhardiritt in Gabelbachergreut.
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    Wenn eine alte Tradition bei herrlichem Wetter stattfindet: Viele Besucher sind am Sonntag beim Leonhardiritt in Gabelbachergreut dabei gewesen.

    Vermutlich war um 1612 eine schwere Viehseuche in Bobingen ausgebrochen, so Holzhauser. Um sie abzuwenden, bot sich eine Wallfahrt zum Viehpatron Leonhard an. Schließlich gab es in Bobingen selbst keine Gelegenheit mehr - die St.-Leonhards-Kapelle - eine Vorläuferin der spätbarocken Wegkapelle, die heute am unteren Ortsausgang bei der Augsburgerstraße 26 steht - war schon mit Ende des Mittelalters verschwunden.

    Es gibt noch weitere Eisennägel

    In Bayern gibt es übrigens noch weitere Eisennägel: Einer davon befindet sich an der Leonhards-Kirche in Inchenhofen. Der 125 Kilogramm schwere Koloss wird seit 1459 zum Zeichen der Buße bei einer Reiterprozession rund um die Kirche getragen. Angeblich brachten Wallfahrer früher Pflugscharen als Gaben mit. Aus denen wurden dann Leonhardsnägel oder auch Ketten geschmiedet. Der Kirche mussten die Nägel aber irgendwann ein Dorn im Auge gewesen sein. Schließlich ähneln die Nägel einem Phallus. In einem Beitrag zur Gabelbachergreuter Dorfgeschichte heißt es entsprechend: „So ist es kein Wunder, dass der Gabelbachergreuter Leonhardnagel schon alle möglichen Standorte hatte. So wurde er nicht nur in der Kirche, sondern unter anderem auch schon im alten Feuerwehrhaus und in einem Holzhaus der ehemaligen Schule untergebracht. Er soll auch einige Male von Burschen naher Ortschaften verzogen worden sein. In Kaufering, wohin der Nagel in den 1970er-Jahren ausgeliehen worden war, wurde der Nagel gefasst.“ Als Symbol der Fruchtbarkeit soll der Nagel auch bei Prozessionen von jungen Männern über die Felder getragen worden sein.

    Auf die jungen Männer übte der Eisennagel auch noch einen anderen Reiz aus: Er wurde für Kraftproben benutzt. So versuchten junge Burschen den Nagel zu heben und ihn auf der Schulter wegzutragen. Wer ihn rund um die Kirche tragen konnte, dem sollten alle Sünden vergeben werden, besagt die Legende. Angeblich wurde der Klotz auch schon öfters ins Wirtshaus geschleift. Dort zertrümmerte er dann einen Tisch, als ihn die Schwerkraft anzog.

    Mehrere Straße sind wegen des Leonhardiritts am Sonntag gesperrt

    Der Leonhardiritt in Gabelbachergreut findet in diesem Jahr am Sonntag, 20. Oktober, ab 14 Uhr statt. Um 13.15 Uhr ist die Andacht zu Ehren des Heiligen Leonhards geplant. Die Leonhardstraße (A4) und die Angerstraße sowie der Kohlstattweg, An der Weide und Am Beierfeld sind wegen dieser Veranstaltung in Gabelbachergreut am Sonntag komplett gesperrt. Die Umleitung wird entsprechend ausgeschildert. Ein weiterer Leonhardiritt finden am Sonntag, 3. November, im Dinkelscherber Ortsteil Stadel statt.

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