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Ein napoleonischer Säbel gibt in Wehringen Rätsel auf

Wehringen

Rätsel der Geschichte: Wehringens geheimnisvoller Säbel aus Napoleons Armee

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    Bürgermeister Franz Nerlinger (Mitte) freute sich über den Säbel, den ihm Finder Hans-Peter Osterberger (rechts) und Historiker Franz Xaver Holzhauser ins Büro brachten.
    Bürgermeister Franz Nerlinger (Mitte) freute sich über den Säbel, den ihm Finder Hans-Peter Osterberger (rechts) und Historiker Franz Xaver Holzhauser ins Büro brachten. Foto: Elmar Knöchel

    Es ist schon viele Jahre her, als der Bobinger Hans-Peter Osterberger seinen alten VW-Käfer entsorgen wollte. Damals pflegte man eine, heute befremdlich wirkende, Art der Entsorgung von überflüssigen Gegenständen. Man warf sie in eine Kiesgrube und schüttete diese dann später zu. Auf Umwegen gelangte deshalb ein Säbel aus der napoleonischen Zeit in den Besitz der Gemeinde Wehringen.

     Laut Inschrift wurde der Säbel in Klingenthal im Elsass gefertigt.
    Laut Inschrift wurde der Säbel in Klingenthal im Elsass gefertigt. Foto: Elmar Knöchel

    Nachdem Osterberger den Besitzer der Wehringer Grube um Erlaubnis gebeten hatte, brachte er sein ausgedientes Gefährt dorthin. Zur gleichen Zeit kam ein Wehringer Bauer vorbei, der ebenfalls einiges an Krimskrams entsorgen wollte. „Darunter war der Säbel. Das war ungewöhnlich und ich habe den Bauern gebeten, mir die alte Waffe zu überlassen“, erinnert sich Osterberger. Danach habe er viele Jahre in seiner Garage an der Wand gehangen. Irgendwann sei er ihm dann wieder eingefallen und er fragte in der Familie, ob sich jemand des Säbels annehmen wollte. Doch das Interesse sei gering gewesen, so Osterberger. Deshalb habe er sich an den Bobinger Heimatforscher Franz-Xaver Holzhauser gewandt und ihm die Waffe gezeigt.

    Der Säbel bekommt in Wehringen im Rathaus einen Ehrenplatz

    „Er ist mit dem Fahrrad gekommen und hatte den Säbel in der Hand“, erinnerte sich Holzhauser. „Heute wäre das ein Verstoß gegen das Waffenrecht.“ Schnell konnte Holzhauser die Herkunft der alten Waffe klären und auch die Zeit bestimmen, aus der sie wohl stammt. Denn die Waffe trägt einen „Markenstempel“. Sie stammt aus Klingenthal im Elsass. Dort war von 1730 bis 1962 eine bekannte Manufaktur für Blankwaffen angesiedelt. Seit der Zeit von Ludwig XV. wurden dort Waffen hergestellt. Der Säbel war dort gefertigt worden und stammt aus der napoleonischen Zeit. Holzhauser gab dann den Rat, die Waffe doch an ihren Fundort nach Wehringen zurückzubringen. Wehringens Bürgermeister Manfred Nerlinger freute sich schließlich sehr über das unerwartete Geschenk aus der Geschichte der Gemeinde.

    Momentan macht man sich im Wehringer Rathaus Gedanken, wie man das Fundstück der Öffentlichkeit zugänglich machen kann. Wahrscheinlich wird es einen Ehrenplatz im Rathaus bekommen. Auch zur Geschichte des Säbels hat Nerlinger nachgeforscht. „Aus einer alten Kriegsrechnung und einem Rechnungsbuch aus dem frühen 19. Jahrhundert geht hervor, dass in Wehringen mehrmals napoleonische Truppen nicht nur durchgezogen, sondern einquartiert gewesen sind“, sagte der Bürgermeister. Das sei für den Ort eine schwere Zeit gewesen.

    Nach der Zeit Napoleons war Wehringen hoch verschuldet

    Die Gemeinde sei verpflichtet gewesen, die Truppen zu beherbergen und zu verpflegen. Blicke man auf die damals erstellten Rechnungen, seien es viele Männer gewesen, die hunderte Laibe Brot und andere Lebensmittel verbrauchten. Aus den alten Aufzeichnungen in den Archiven geht auch die Zahl der Pferde hervor. 457 Pferde waren es, die die Wehringer verpflegen mussten. Am Ende der Napoleonischen Kriege sei Wehringen deshalb hoch verschuldet gewesen. Nur mit den Einnahmen aus dem Verkauf von Gemeindeholz hätten diese Schulden im Laufe von Jahrzehnten abgebaut werden können. Dazu wurde rigoros gespart, was in der kleinen Gemeinde, Wehringen hatte damals um die 680 Einwohner, zu Unruhe geführt hatte.

    Angela Seitz und Manfred Nerlinger durchstöberten Unterlagen aus dem frühen 19. Jahrhundert.
    Angela Seitz und Manfred Nerlinger durchstöberten Unterlagen aus dem frühen 19. Jahrhundert. Foto: Elmar Knöchel

    Aus den Unterlagen geht hervor, dass um 1805 mehrmals napoleonische Husaren, französische Dragoner und auch Infanterie Quartier genommen hatten. Das passe zum Säbel, der zu der damaligen Zeit eine bevorzugte Kavalleriewaffe war, so Nerlinger. Allerdings könne man keinen Grund erkennen, warum der Säbel letztlich in Wehringen geblieben ist, erklärte der Bürgermeister: „Dass ein Soldat seine Waffe einfach vergessen hat, ist wohl eher unwahrscheinlich.“ Doch von einem Todesfall und einem eventuellen Begräbnis eines französischen Soldaten sei in der Gemeindechronik nichts verzeichnet.

    Hat mehrere Jahrhunderte auf dem Buckel: der Säbel, der in Wehringens Bürgermeisterbüro liegt.
    Hat mehrere Jahrhunderte auf dem Buckel: der Säbel, der in Wehringens Bürgermeisterbüro liegt. Foto: Elmar Knöchel

    Man kann auch nur Vermutungen anstellen, ob und wo die Waffe wohl im Einsatz gewesen sein könnte. Gelegenheiten dazu hätte es viele gegeben. Denn 1805 war das Jahr der Schlacht bei Austerlitz, auch als „Drei-Kaiser-Schlacht“ bekannt. Dort hatten etwa 73.000 französische Soldaten rund 85.000 Männern aus Österreich und Russland gegenübergestanden. Napoleon blieb siegreich. Um die 22.000 Tote und verwundete Soldaten forderte die Schlacht auf beiden Seiten. Bereits im Dezember 1805 hatte es mehrere kleinere Gefechte gegeben. Darunter die Schlacht von Wertingen im Oktober 1805 mit 700 Gefallenen. Auch in Ulm und der Umgebung hatte es im Oktober 1805 Gefechte gegeben.

    Während in der Region aus der Keltenzeit, aus der Zeit der Römerherrschaft und auch aus der Zeit der Ungarnschlacht auf dem Lechfeld im Jahre 955, Fundstücke erhalten sind, ist aus der Epoche Napoleons I. nur wenig bekannt.

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