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Diese Menschen halten das Bobinger Volksfest am Laufen

Bobingen

Ohne sie geht nichts - Diese Menschen halten das Bobinger Volksfest am Laufen

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    Christian Wühr und sein Kollege Herbert Pfitzmayer machen morgens auf dem Festgelände sauber.
    Christian Wühr und sein Kollege Herbert Pfitzmayer machen morgens auf dem Festgelände sauber. Foto: Jennifer Kopka

    Morgens um 7 Uhr ist Abfahrt für die zwei Teams des städtischen Bauhofs. Nach dem Volksfest ist vor dem Volksfest. Das Festwochenende ist gut angelaufen. Das bedeutet für die Bauhofmitarbeiter Christian Wühr und Herbert Pfitzmayer, die an diesem Montagmorgen in einem Fahrzeug unterwegs sind, viel Arbeit. Denn nicht nur auf dem Festplatz, sondern auch im angrenzenden Park und an der Singoldpromenade fällt Müll an. Maßkrüge, die auf dem Nachhauseweg im Gebüsch landen oder leere Flaschen und Chipstüten an Parkbänken, die von Jugendlichen genutzt werden, die nicht ins Festzelt kommen. Heute liegt auf dem Weg zum Festgelände ein abgerissenes Volksfest-Plakat am Straßenrand. „Das nehmen wir später mit“, sagt Wühr.

    Am Tag zuvor mussten Kollegen zusätzlich vier eilig angeforderte Mülltonnen auf dem Festgelände aufstellen, um Einweg-Cocktailbechern, Wurstsemmel-Papieren und Gebrannte-Mandeln-Tüten Herr zu werden. „Ohne Mülleimer ist es mancherorts aber sogar sauberer“, sagt Wühr, der seit zwei Jahren im Bauhof angestellt ist. Der Müll werde dann eher wieder mitgenommen. Nicht so beim Volksfest. Hier werden auch Mehrweg-Becher zum Problem, die ohne Pfandmarke einfach stehen gelassen oder mit in die Tonnen geschmissen werden. Und dann sind da die „Spei-Haufen“, wie Wühr sie nennt. Von diesen ist aber heuer laut dem Bauhofmitarbeiter erst einer aufgetaucht. „Am Mittwoch sind mehr zu erwarten“, sagt Wühr.

    Nach dem Goiß-Tag wird öfter gespien

    Denn dienstags sei Goiß-Tag: dann gibt es die Goiß zum Sonderpreis. Das zeige sich an der Häufchen-Zahl auf dem Gelände. Insgesamt gelte: Wer im Stadtgebiet für den Müll zuständig sei, dürfe kein feines Näschen haben. „Das kann nicht jeder“, sagt Wühr. Denn zum Aufgabengebiet eines Bauhofmitarbeiters im Außendienst gehört neben Mähen oder dem Räumdienst im Winter auch das Leeren der Hundetoiletten. Bis zu 12.000 Beutel in der Woche.

    Am Morgen sind die Bauhof-Mitarbeiter noch die einzigen Volksfest-Besucher.
    Am Morgen sind die Bauhof-Mitarbeiter noch die einzigen Volksfest-Besucher. Foto: Jennifer Kopka

    Bis das Volksfest anläuft, haben die Bauhofmitarbeiter in Bobingen in den Tagen zuvor alle Grünflächen gemäht, Parkverbote ausgewiesen, die Fahnen am Ortseingang gehisst und Marktstände aufgebaut. Zur Volksfest-Sonderschicht melden sich die Mitarbeiter freiwillig. „Ich gehe selbst gern aufs Volksfest. Die Leute sollen einfach eine gute Zeit haben“, sagt Wühr, der mittlerweile die Marktmeile des Laurentiusmarkts gesäubert hat. Auf die Pritsche wandern kaputte Kleiderbügel und leere Schuhkartons. Ausgerechnet heute ist die Kehrmaschine kaputt. Also schauen Wühr und seine Kollegen auf der Straße genauer hin, denn Scherben müssen sofort weg.

    Noch haltbare Lebensmittel landen oft im Müll

    Wühr und Pfitzmayer fahren den Radweg ab und schnappen sich dabei gleich das abgerissene Plakat. Auf dem Festgelände selbst stehen im Morgenlicht Autoscooter und das Kinderkarussell noch still. Hier sind sie mit ihren sogenannten Zwickerle unterwegs. So aufgegriffen wandern Zigarettenkippen, Plastikbecher und Servietten in Kübel. „Es gibt eigentlich nichts, was nicht weggeschmissen wird“, sagt Wühr. Vor allem noch haltbare Lebensmittel landeten oft im Müll, genauso wie Kaffeebecher, für die es, ginge es nach Wühr, längst ein Pfandsystem geben sollte. Der 50-Jährige war mehr als zehn Jahre Greenkeeper auf einem Golfplatz, bevor er zum Bauhof kam. „Unser Wohlstand produziert Müll, das ist einfach so“, sagt er. Wenn er eine Wiese schön mähe, sei das für ihn trotzdem befriedigender als, „Papierle zwicke.“ An diesem Montag klettert die Temperatur so langsam Richtung 30 Grad. Nach zwei Stunden sind beide Teams durch. Zehn Müllsäcke wandern in den Container.

    Andreas Eisenmann ist Küchenchef im Festzelt. An diesem Tag mariniert er Spare-Ribs und halbiert 330 Hendl.
    Andreas Eisenmann ist Küchenchef im Festzelt. An diesem Tag mariniert er Spare-Ribs und halbiert 330 Hendl. Foto: Jennifer Kopka

    Zur Mittagszeit brennt die Sonne vom Himmel. Von Kaiser-Wetter kann der Paiser-Küchenchef aber nicht sprechen. In der Festzelt-Küche hat Andreas Eisenmann an diesem heißen Montag das Sagen. 1200 Essen wandern zu Spitzenzeiten täglich hier aus der Küche. Wenn es so heiß ist wie heute, ist laut Eisenmann der Hunger bei den Gästen weniger groß. 20 Leute sind an Festtagen in der Küche beschäftigt. „Das Team macht die Musik“, sagt der 34-Jährige. „Man weiß nie, wie viele Gäste kommen und ob die alle was essen.“ Wenn sie kommen und essen, dann aber alle gleichzeitig. „Dann rennen in der Küche alle.“ Die Herausforderung sei, so zu kochen, dass keiner der Festzelt-Besucher, die zusammen an einen Tisch passen, warten muss.

    Eine Tonne Pommes an einem Fest-Samstag

    In der Küche piepen die Hendl. Die letzte Ration vor der neuen Lieferung ist im Ofen, die eigentlich schon für heute Vormittag angekündigt war. „Dann müssen wir später eben wieder schneller machen“, sagt Eisenmann. 330 Hendl wird er an diesem Tag halbieren. An Samstagen kann es sein, dass eine Tonne Pommes bestellt wird. Gehen die am Wochenende aus, wirds eng. Dann hat Eisenmann eine Auswahl an Notfall-Nummern zur Hand, die er anrufen kann zum Nachbestellen. Neben Salz-Fässern und Ketchup-Eimern in Zehn-Kilo-Größe bereitet er Spare-Ribs vor. „Für die Hitze braucht's heute eigentlich Gefahrenzulage“, sagt Eisenmann. Sulzen habe man auf die Karte genommen, die auch bei Hitze gut gehen. „Einmal Krustenbraten neu“, ruft es in die Küche. So langsam trudeln die ersten Bestellungen ein. „Gibt’s nicht“, sagt der Küchenchef. Die große Karte gebe es erst ab 17 Uhr.

    Zoe und ihr Mann Asterios sind von April bis Oktober in Festzelten als Kellner unterwegs.
    Zoe und ihr Mann Asterios sind von April bis Oktober in Festzelten als Kellner unterwegs. Foto: Jennifer Kopka

    Kellnerin Zoe macht kehrt. Die 42-Jährige bedient als eine von 30 Kellnerinnen und Kellnern im Festzelt. Zusammen mit ihrem Mann Asterios reist die gebürtige Griechin von Nordrhein-Westfalen aus von April bis Oktober über die bayerischen Volksfeste. Die Hitze mache ihr dabei nichts aus. „Ich kann stundenlang in der Sonne sein, das machen vielleicht meine Wurzeln“, sagt Zoe und lacht. Das bayerische Trinkgeld sei der Grund, warum sie und ihr Mann auf den Volksfesten arbeiten. Die Atmosphäre im Festzelt sei locker. Sitzen die Gäste am Tisch, müsse sie als Kellnerin erst mal für Ruhe sorgen. „Sobald ich die Getränke gebracht habe, sind sie beschäftigt“, sagt Zoe. Angefangen habe sie mit acht Maßkrügen, die sie gleichzeitig zum Tisch tragen kann. Inzwischen schaffe sie zehn. Jeder Kellner habe da so seine eigene Technik. „Manche umarmen die Krüge, andere pressen sie an die Brust.“

    Bis zu 14 Essen passen auf den Schlitten, das riesige Tablett eines Festzelt-Kellners.
    Bis zu 14 Essen passen auf den Schlitten, das riesige Tablett eines Festzelt-Kellners. Foto: Kurt Paiser

    32.000 Schritte habe sie einmal während einer Schicht gemacht. An einem Tisch sitzen bis zu zehn Gäste. Dass alle gleichzeitig essen können, macht den Transport des Essens mit einem Schlitten nötig. So heißt das Tablett, das jedem Kellner selbst gehört. „Meine Frau kann damit besser umgehen, als ich“, sagt Asterios und lacht. Der 46-Jährige arbeitet im Winter zusätzlich beim Après-Ski in Österreich. Zoe benutzt den Schlitten ihres Mannes. Der sei zwar alt, bringe aber immer noch Geld. Die 1,60 Meter große Frau transportiert damit 14 Essen gleichzeitig an den Tisch, mit einem Tablett fast so groß wie sie selbst. Das Gleichgewicht zu halten, sei die große Kunst. An diesem heißen Montag läuft Zoe ein paar Schritte weniger in ihrer Schicht. Am Abend ist das Zelt nur spärlich besetzt.

    Tugce Bayrak ist Streetworkerin und hat auf dem Volksfest ein offenes Ohr für die Jugendlichen.
    Tugce Bayrak ist Streetworkerin und hat auf dem Volksfest ein offenes Ohr für die Jugendlichen. Foto: Jennifer Kopka

    Draußen hält Tugce Bayrak einen ganzen Beutel Autoscooter-Chips in der Hand. Die 24-Jährige arbeitet als Streetworkerin in Bobingen. Auf dem Volksfest will sie die Chips an Jugendliche verteilen. Nicht alle könnten sich die Fahrt leisten. Außerdem sei die Freifahrt ihre Eintrittskarte, um mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. „Viele Jugendliche brauchen einfach jemanden, der ihnen zuhört“, sagt Bayrak. Mit ihrer Präsenz auf dem Volksfest könne sie Konflikte vermeiden und dafür sorgen, dass alle Jugendlichen eine gute Zeit haben. „Sie kommen her nach dem Motto: sehen und gesehen werden“, sagt Bayrak. Die Probleme liefen meist so mit. Aktuell sei das die Suche nach einem Ausbildungsplatz oder der Auszug von zu Hause. Zwei Mädchen im Dirndl stehen in der Nähe des Musikexpress und schauen überrascht, als die Streetworkerin ihnen die Chips anbietet. „Danke, das ist nett“, bedankt sich die Jugendliche. „In Bobingen habe ich noch nicht die Erfahrung gemacht, dass es zu großartigen Konflikten unter den Jugendlichen kommt“, sagt Bayrak. Auf größeren Volksfesten könnten jedoch Situationen bei Taschenkontrollen am Zelteingang oder Ausweiskontrollen der Polizei eskalieren. „Dann will ich da sein“, sagt die Streetworkerin. So lange habe sie auf dem Bobinger Volksfest einfach ein offenes Ohr.

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