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Foto: Alexander Kaya (Symbol)
Foto: Alexander Kaya (Symbol)

Steht die Geburtenstation der Bobinger Wertachklinik vor dem Aus, nachdem zwei der drei Belegärzte gekündigt haben?

Bobingen
03.06.2022

Steht auch die Geburtshilfe in der Wertachklinik Bobingen vor dem Aus?

Von Carmen Janzen

Zwei der drei Belegärzte der Geburtenstation in Bobingen haben zum Jahresende gekündigt. Wie es weitergeht, ist ungewiss. Welche Möglichkeiten die Klinik hat.

Der Geburtshilfe in der Wertachklinik Bobingen könnte schon bald dasselbe Schicksal drohen wie der Geburtenstation in Schwabmünchen. Ihre Zukunft steht auf der Kippe. Aktuell halten acht Hebammen und drei Belegärztinnen und -ärzte den Betrieb der Station in Bobingen am Laufen. Das funktioniert gut. Doch nun haben zwei der drei Belegärzte zum Jahresende ihre Tätigkeit in der Geburtshilfe gekündigt. Mit nur einem Belegarzt können die Wertachkliniken den Betrieb der Bobinger Station nicht aufrechterhalten. Die Gründe für die Kündigungen seien vorwiegend persönlicher Natur, hätten aber auch mit der hohen Belastungssituation und den schlechten Rahmenbedingungen zu tun, so der Chef der Wertachkliniken, Martin Gösele, auf Anfrage unserer Redaktion.

Chef der Wertachkliniken: "Wir suchen nach Lösungen"

"Die Kündigungen sind ausgesprochen bedauerlich, denn uns ist bewusst, wie wichtig die geburtshilfliche Versorgung in der Region ist. Wir suchen nun nach Lösungen, wie wir diese weiterhin aufrechterhalten können. So haben wir beispielsweise Kontakt mit umliegenden Kliniken aufgenommen und befinden uns derzeit in Gesprächen, um zu prüfen, ob es Möglichkeiten gäbe, die Geburtshilfe in Bobingen langfristig zu sichern", sagt er.

Eine mögliche Lösung könnte es sein, eine Kooperation mit anderen Kliniken einzugehen. Bestenfalls finden sich aber wieder zwei Gynäkologinnen oder Gynäkologen, die als Belegärzte in der Wertachklinik in Bobingen arbeiten. Allerdings müssen diese Ärztinnen und Ärzte besondere Anforderungen erfüllen und in unmittelbarer Umgebung niedergelassen sein. "Stellen die sich vor, eine werdende Mutter benötigt einen Notkaiserschnitt, und der Arzt braucht mehr als eine halbe Stunde, bis er vor Ort ist. Das geht nicht", so Gösele. Ersatz zu finden sei aber nicht nur deshalb eine Herkulesaufgabe: Die rechtlichen Bedingungen für Belegärzte und Beleghebammen in der Geburtshilfe hätten sich seit Jahren zunehmend verschlechtert. Die aktuelle Lage im Gesundheitssektor mit anhaltendem Fachkräftemangel stelle zudem ein weiteres großes Problem dar, so der Klinikchef.

Wie es ab Januar in Bobingen weitergeht, ist unklar

Bis zum Jahresende läuft in der Entbindungsstation in Bobingen alles wie gewohnt weiter. Sowohl natürliche Geburten als auch Kaiserschnitte werden durchgeführt. Wie es danach weitergeht, soll bis zum Herbst feststehen. "Bis dahin sollten wir Klarheit haben", so der Klinikchef. Findet sich keine Lösung, ist die Geburtshilfe in Bobingen Geschichte. "Aber das ist wahrlich nicht unser Ansinnen", so Gösele. Bislang sei alles dafür getan worden, die Station in Bobingen zu halten.

Zwischen 400 und knapp 500 Babys kommen seit 2018 jedes Jahr in Bobingen zur Welt. Viel mehr als in den Jahren zuvor, als die Geburtenstation in der Wertachklinik Schwabmünchen noch existierte. Die Schwabmünchner Geburtshilfe wurde im Frühjahr 2018 in Ermangelung an Hebammen für natürliche Geburten geschlossen. Danach konnten Schwangere dort nur noch mit einem geplanten Kaiserschnitt entbinden. Doch auch das ist seit Januar 2020 nicht mehr möglich, da für diese Operationen keine Belegärzte mehr zur Verfügung standen. Die Wöchnerinnenstation wurde komplett abgemeldet.

Viele Entbindungsstationen in Deutschland mussten schließen

Die Schließung der Geburtshilfe ist kein spezifisches Problem der Wertachkliniken. Reihenweise schlossen in den vergangenen Jahren die Geburtenstationen an zahlreichen kleineren Krankenhäusern in der Republik. Schuld daran sind unter anderem die stark gestiegenen Haftpflichtversicherungsbeiträge der niedergelassenen Belegärzte. Mussten sie früher etwa 10.000 Euro pro Arzt und Jahr zahlen, sind mittlerweile zwischen 45.000 und 70.000 Euro fällig. Auch die Versicherungsbeiträge für Hebammen haben mittlerweile ungeahnte Höhen erreicht. Obendrauf kommen immer strengere Haftungsgesetze und der akute Mangel an Personal, der sich durch das komplette Gesundheitswesen zieht.

Auch bundespolitisch ist eine Zentralisierung der Geburtsstationen aus wirtschaftlichen Gründen oft gewollt, wenngleich Kommunalpolitiker in der Regel alles versuchen, um die Abteilungen in ihrer Region zu erhalten. Die Hintergründe hierfür sind finanzieller Art. Erst ab einer Zahl zwischen 800 und 1000 Geburten pro Jahr und Krankenhaus würden sich Entbindungsstationen auch wirtschaftlich rentieren, schätzt der Klinikchef.

Die beiden Belegärzte aus Bobingen haben übrigens nur ihre Tätigkeit in der Geburtshilfe zum Jahresende gekündigt, gynäkologische Eingriffe in Bobingen nehmen sie auch weiterhin vor.

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