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Bobingen: Warum sich vier junge Menschen für den Pflegeberuf entschieden haben

Bobingen

Warum sich vier junge Menschen für den Pflegeberuf entschieden haben

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    Der Pflegeberuf ist fordernd, aber er gibt auch viel zurück, finden die Pflegeschüler der Pflegeschule Bobingen.
    Der Pflegeberuf ist fordernd, aber er gibt auch viel zurück, finden die Pflegeschüler der Pflegeschule Bobingen. Foto: Marijan Murat, dpa (Symbolbild)

    Eine Ausbildung zur Pflegefachkraft zu machen, das können sich viele nicht vorstellen. Überstunden, schwierige Arbeitsbedingungen und geringe Bezahlung wirken abschreckend. Das spiegelt sich in den Zahlen: Sieben Prozent weniger Auszubildende unterschrieben im vergangenen Jahr einen Vertrag zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann, Experten halten den Trend für weiter rückläufig. Warum sich manche junge Menschen aus dem Landkreis Augsburg trotzdem für den Beruf entscheiden und was er ihrer Meinung nach zu bieten hat.

    "Für mich war eigentlich klar, dass ich diese Richtung einschlage", sagt Anastasia Käfer. Mutter und Oma seien jeweils Krankenschwestern gewesen. Kritische Stimmen von außen habe es schon gegeben – zumal die 20-jährige Augsburgerin Abi gemacht habe, da werde oft erwartet, dass man studiere. Der 25-jährige Ronald von Montfoort ist dagegen ausgebildeter Techniker. Vor zwei Jahren hat der gebürtige Amsterdamer umgeschwenkt. "Das war interessant, aber auch ein bisschen langweilig. Die Pflege gefällt mir sehr gut."

    2020 kam mit der Pflegereform der Anstieg, inzwischen ist er verpufft

    Auch Anja Böttcher (21) aus Schwabmünchen und Ferdinand Unger (22) aus Bobingen haben sich für die Pflegeausbildung entschieden. "Ich habe die Ausbildung angefangen, weil ich immer schon gerne mit Menschen zusammengearbeitet habe", sagt Böttcher. Vorher habe sie ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und ein kaufmännisches Fachabi gemacht.

    Die vier stehen am Ende ihres zweiten Ausbildungsjahres zur Pflegefachkraft an der Pflegeschule Bobingen, der Jahrgang umfasst 25 Schülerinnen und Schüler. Seit 2020 wird generalistisch ausgebildet – das bedeutet, alle Pflegeauszubildenden bekommen die gleiche Grundlage. Davor gab es drei Ausbildungsberufe in der Pflege: Altenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege und Gesundheits- und Krankenpflege. 2020 gab es einen Anstieg an Menschen, die in die Pflege wollten. Dieser Anstieg ist nun wieder verpufft. Wieso? 

    Anastasia Käfer und Ronald von Montfoort haben sich für eine Ausbildung zur Pflegefachkraft entschieden.
    Anastasia Käfer und Ronald von Montfoort haben sich für eine Ausbildung zur Pflegefachkraft entschieden. Foto: Anna Mohl

    Zum einen könnte das mit der Pandemie zusammenhängen, vermutet Anke Röver von der Vereinigung der Pflegenden in Bayern. Damals habe die Pflege nochmal gesellschaftlich eine deutliche Aufwertung erfahren. "Die Pandemie hat aber auch einen wahnsinnigen Druck auf die Auszubildenden ausgeübt. Es kann auch sein, dass die generalistische Ausbildung einen Schub verursacht hat, der jetzt wieder abgeflacht ist."

    Für den Beruf ist Flexibilität und Freude an der Arbeit mit Menschen wichtig

    An der Pflegeschule Bobingen gibt es genug Bewerber. Abbrecher gehören genauso dazu. Es gebe schon den ein oder anderen, der sage, er habe es sich anders vorgestellt. Aber der Großteil möchte eigentlich bleiben, erklärt Stephanie Kössel, Lehrerin an der Pflegeschule Bobingen. 

    Doch wer ist geeignet für den Pflegeberuf? Man müsse mit dem Schichten zurechtkommen, erklärt Kössel. Das erfordere eine gewisse Flexibilität, gleichzeitig bringe der Schichtdienst auch Vorteile mit sich. "Am Anfang ist es schon schwer, seinen Schlafrhythmus umzugewöhnen. Aber wir besprechen auch im Unterricht, wie man mit Nachtdienst umgeht. Wenn man sich daran hält, kommt man ganz gut damit klar", erklärt von Montfoort.

    Ferdinand Unger hat sich für den Beruf entschieden, um Menschen zu helfen.
    Ferdinand Unger hat sich für den Beruf entschieden, um Menschen zu helfen. Foto: Anna Mohl

    Er sagt zudem: "Man muss wissen, dass man Sachen sieht, die man sonst nicht sieht – schlimmere Wunden zum Beispiel. Nicht jeder kann das." Käfer glaubt: Es komme hier vor allem auch auf den Pflegebereich an. "Wer Probleme mit Erbrochenen hat, sollte vielleicht nicht in die Bauchchirurgie. Aber es gibt eigentlich für jeden etwas. Auch bei der körperlich anstrengenden Arbeit lernen wir, wie man etwa rückenschonend arbeitet." Sie findet: "Eigentlich hat der Beruf für jeden eine Nische. Und es ist wichtig, dass viele unterschiedliche Menschen den Beruf machen. 

    Danach hat man das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben

    Dass die 20-Jährige sich für den Pflegeberuf starkmacht, ist kaum zu überhören. Er erfordere viel Kompetenz, etwa im Umgang mit Technik oder medizinischem Wissen. Dass der Nachwuchs mittlerweile weniger wird, schreibt sie dem Ansehen der Berufsgruppe zu. "Ich glaube, es gäbe mehr Nachwuchs, wenn die Bevölkerung wüsste, wie schön dieser Beruf sein kann."

    Anja Böttcher bereut ihre Berufswahl bisher nicht. Sie sieht im Bereich Pflege viele Möglichkeiten.
    Anja Böttcher bereut ihre Berufswahl bisher nicht. Sie sieht im Bereich Pflege viele Möglichkeiten. Foto: Anna Mohl

    Insbesondere das Begleiten eines kranken Patienten bis zur Genesung finden alle vier Pflegeschüler sehr bereichernd. Man erfahre hier auch viel Anerkennung von den Patienten. "Das gibt einem so viel zurück", sagt Käfer. Zudem geschehe jeden Tag etwas Neues. Alle sagen: Sie werden auf dem Ausbildungsweg gut begleitet. Die Ausbilder stehen den Schülern auch in schwierigen Situationen bei, beispielsweise wenn ein Patient stirbt. Ein gutes Team sei wichtig, um auch stressigere Tage zu bewältigen. Nach diesen habe man dann das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben, so von Montfoort. 

    Menschen im Pflegeberuf

    Im Jahr 2020 hatten sich nach Angaben des Statistischen Bundesamts 53.600 Auszubildende für den Beruf Pflegefachkraft entschieden. 2021 waren es 56.300 Neuverträge, was einem Anstieg von fünf Prozent entspricht.

    Im Jahr 2022 gab es wiederum einen Rückgang von sieben Prozent, da waren es 52.100 Auszubildende. Erhoben wird immer jeweils am 31. Dezember, für 2023 liegen daher noch keine Zahlen vor.

    In Bayern hatten im Jahr 2021 6.501 Auszubildende einen Vertrag abgeschlossen, ein Jahr später waren es noch 6.162. Das entspricht einem Rückgang von fünf Prozent.

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