Im Frühling beginnt die freiwillige Arbeit für Sabine Pschonny um sechs Uhr morgens. Gerüstet mit dem Smartphone geht sie in ihr Revier. Etwa einen Quadratkilometer ist es groß und umfasst neben einer Bobinger Wohnsiedlung ein Stück Auwald. Ihre Mission: Vögel zählen. Sie ist ehrenamtliche Kartiererin beim Bayerischen Naturschutzverband Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV). In der App Naturalist trägt sie ein, wie viele Vögel welcher Art sie wo gesehen hat. „Ich bin spezialisiert auf Spechte. Buntspechte sind sehr verbreitet, aber der Grauspecht ist seltener“, sagte Pschonny. Wie sie sind rund 300 Ehrenamtliche in Bayern unterwegs und verzeichnen häufige Brutvögel auf ausgewählten Flächen.
Dr. Norbert Schäffer ist der Vorsitzende des LBV. Er erklärte, wie wichtig die Daten für den Naturschutz sind: „Vögel zeigen uns, wie es der Umwelt insgesamt geht. Sie sind ein Indikator, ähnlich einem Fieberthermometer. Aus den Daten der letzten 20 Jahre wissen wir, dass die großen Verluste unserer Artenwelt auf die 80er und 90er Jahre zurückgehen. Davon hat sich die Vogelwelt noch gar nicht erholt.“ Das betrifft vor allem die Vögel in der Agrarlandschaft, also in den Wiesen, Weiden und Feldern. Im Wald und den Siedlungen hingegen sind die Bestände besser. „Wir brauchen in der Agrarlandschaft pestizidfreie Flächen. Und wir brauchen mehr Strukturen wie Hecken, Wegränder, Feldränder und kleine Gewässer. Das sind Rückzugsräume für die Vögel“, erklärte Schäffer. Er spricht sich für mehr finanzielle Anreize aus, die Bauern für das freiwillige Anlegen solcher Strukturen belohnen.
Das können Hausbesitzer für Vögel tun
Nicht nur Bauern, auch Hauseigentümer können etwas tun. Dr. Monika Kratzer, Präsidentin des Landesamts für Umwelt Bayern, gibt Ratschläge für engagierte Gartenbesitzer: „Naturnahe Gärten mit Büschen und Blumenwiesen sind gut für Vögel. Im Herbst sollte man Laub in einigen Ecken liegenlassen, weil es Unterschlupf und Nahrung bietet.“ Hat man im Garten eine Wiese mit unterschiedlich hohen Pflanzen, dann besteht laut Kratzer auch keine Gefahr, dass es unter dem Laub schimmelt, weil es keine feste Schicht bildet. „Im Laubstreu finden viele Entwicklungsstadien der Insekten statt. Häufig sind Insekteneier darin“, sagte Thomas Rödel vom LBV. Besonders heimische Pflanzen wie Schilfrohr, Beerensträucher und Wilder Wein bedienen die Bedürfnisse von Insekten und Vögeln. Ein offener Kompost mit Küchenabfällen ist laut Kratzer hingegen nicht gut – neben Mäusen zieht er auch Kolonien von Krähen an, die für Lärmbelästigung sorgen, andere Vögel vertreiben und den Abfall verstreuen.

Auch wer sein Haus saniert, sollte an die Vögel denken: „Früher gab es eine Lücke zwischen Hauswand und Hausdach, wo Haussperlinge oder Mauersegler nisten konnten. Solche Löcher werden bei der energetischen Sanierung abgedichtet. Damit der Brutplatz nicht verloren geht, kann man Mauerseglerkästen oder Spatzenkästen anbringen“, erklärte Alexandra Fink, die Koordinatorin des Programms beim LBV.
Für einen neuen Brutvogel-Atlas sucht der LBV noch Ehrenämtler. Wer sich bisher nicht intensiv mit Vögeln beschäftigt hat, braucht sich nicht zu scheuen: Anfänger zählen zunächst nur eine Vogelart, die sie leicht erkennen. Darüber hinaus gibt es Vogelstimmenführungen, Internetseiten zum Lernen von Vogelstimmen und eine Artenkenntnis-Ausbildung mit Kursen am Wochenende, mit denen sich Interessierte weiterbilden können.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden