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Babsy Drössler hört als Turn-Lehrerin auf.

Wehringen

Nach mehr als 1200 Turnstunden ist Schluss

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    Babsy Drössler gibt der vierjährigen Marlene Hilfestellung am Barren.
    Babsy Drössler gibt der vierjährigen Marlene Hilfestellung am Barren. Foto: Jennifer Kopka

    Ihre Stimme schallt über den Wehringer Rathaus-Platz. Wenn bei sommerlichen Temperaturen die Fenster der Turnhalle gekippt sind, ist Babsy Drössler schon von Weitem zu hören. Mit Berliner Schnauze und modischem Sport-Dress steht die kleine Frau mit ihren fast 70 Jahren jeden Mittwoch in der Turnhalle. Noch. Denn mit Beginn der Sommerferien ist Schluss. „Wenn ich 70 werde, habe ich immer gesagt: Ich höre auf“, sagt Babsy Drössler. Dann wird die Turnlehrerin über 1200 Eltern-Kind-Turnstunden abgehalten und fast 36 Jahre Kinder trainiert haben.

    Andrea Kiermayer mit ihrer Cousine Monika. Beide trainierten schon als kleine Mädchen bei Babsy Drössler und bringen jetzt ihre Kinder in die Turnstunde.
    Andrea Kiermayer mit ihrer Cousine Monika. Beide trainierten schon als kleine Mädchen bei Babsy Drössler und bringen jetzt ihre Kinder in die Turnstunde. Foto: Jennifer Kopka

    Wie vielen Kindern sie in dieser Zeit Barren, Kasten und Reck näher gebracht hat: Sie weiß es nicht. Fest steht aber, so manches Turnkind von vor 30 Jahren hat inzwischen wieder den Weg in die Turnhalle zu ihr gefunden. An der Hand eines eigenen Kindes. „Ich habe viele Eltern, die ich damals trainiert habe, und die jetzt ihre eigenen Kinder bringen“, sagt Drössler. Monika Vogt ist eine von ihnen. Die 34-Jährige besucht mit ihrer zweijährigen Tochter Josephine regelmäßig die Turnstunde. „Wenn Babsy aufhört, ist das ein Meilenstein“, sagt Vogt. Sie habe immer schon eine fröhliche Art gehabt, die Kinder zu animieren. „Schade“ findet es auch Andrea Kiermayer. Die 35-Jährige kann sich noch gut an das Faschingsturnen in ihrer eigenen Kindheit erinnern. Mittlerweile hangelt sich ihre vierjährige Tochter Marlene am Barren entlang.

    Kinderfasching vor 30 Jahren, als Monika Vogt noch selbst das Kinderturnen besuchte. Links im Bild ist Babsy Drössler zu sehen.
    Kinderfasching vor 30 Jahren, als Monika Vogt noch selbst das Kinderturnen besuchte. Links im Bild ist Babsy Drössler zu sehen. Foto: privat

    Kinder trainieren in der Turnstunde auch ihr Sozialverhalten

    „Kannst du es nicht oder hast du es noch nie gemacht?“, fragt Drössler einen schüchternen Jungen, der am Barren als Nächster an die Reihe kommt und beteuert nicht über die Holme laufen zu können. Mit geduldigen, aber bestimmten Anweisungen und ganzer Kraft, hilft die Turnlehrerin dem Jungen ans Gerät, setzt die Füße auf den unteren Holm und die Hände an den Oberen. So hangelt sich das Krippenkind bis ans Ende des Turngeräts. „Schau, du kannst es doch“, sagt Drössler und der Junge hüpft fröhlich zur nächsten Station.

    Greifen, Festhalten, Anstellen. Was Kinder beim Turnen lernten, sei nicht nur die Motorik, sagt Drössler. Kinder trainierten ihr Sozialverhalten beim Anstellen oder Lernen von Älteren. „Wenn sie fragen, ob sie nächste Woche wieder kommen dürfen, ist das schön“, sagt Drössler. Gerade im Kindergarten-Alter hätten die Kinder einen Bewegungsdrang, den man ausnutzen müsse. Turnen werde in der Schule immer weniger angeboten. Die Motorik der Kinder lasse nach, auch weil Eltern ihren Sprösslingen immer weniger zutrauten. „Ich versuche die Kinder mitzunehmen und an die Geräte heranzuführen“, sagt die 69-Jährige.

    Als Teenagerin spielt sie Handball in der Regionalliga

    Durch ihre eigene Tochter sei Drössler im Jahr 1989 zum Eltern-Kind-Turnen gekommen. Bald habe sie auch das Kinderturnen übernommen. Bevor sie 1983 nach Wehringen kam, hat Drössler in Berlin als Kreisläuferin Handball in der Regionalliga gespielt und als Hauptkommissarin gearbeitet. Nach der Geburt ihrer beiden Kinder ließ sie sich beurlauben, machte den Übungsleiterschein und brachte sich auch in der neuen Heimat sportlich ein. Zurück in den Dienst kehrte sie nie, dafür gibt sie mit den Jahren immer mehr Kurse. Neben dem Schulturnen, trainiert sie auch Frauen und Senioren und ist Abteilungsleiterin der Gymnastik-Abteilung des Sportvereins.

    Zu Hause auf dem Dachboden lagern die Übungsstunden aus über 30 Jahren Turn-Karriere. Babsy Drössler hat sie alle aufgeschrieben. „Wenn man mich nachts wecken würde, ich könnte sofort eine Stunde vorbereiten“, sagt Drössler und lacht. Immer wieder hat sie sich fortgebildet. Ausgefallene Turnstunden, kann sie an einer Hand abzählen. Selbst mit eingebundenem Arm nach einer Schulter-OP stand sie in der Halle. „Ich vermisse meine Turn-Kinder jetzt schon“, sagt Drössler beim Gedanken an ihre letzte Turnstunde. Die Senioren trainiert sie noch und wird dem Sport auch weiterhin verbunden bleiben. Schwimmen, Zumba, Rad fahren stehen auch zukünftig auf dem Trainingsplan. „Ich muss ja selbst fit bleiben. Zu Hause rumsitzen war noch nie meins“, sagt Drössler. Sport bedeute für sie rauszukommen, in Kontakt zu bleiben. Das könne sie nun auch endlich außerhalb der Schulferien, denen sie sonst ihren Alltag unterordnete.

    Babsy Drössler wird weiterhin die Senioren trainieren. Ihre letzte Kinder-Turnstunde gibt sie vor den Sommerferien.
    Babsy Drössler wird weiterhin die Senioren trainieren. Ihre letzte Kinder-Turnstunde gibt sie vor den Sommerferien. Foto: Jennifer Kopka

    Im Sitzkreis zum Abschluss der Eltern-Kind-Turnstunde, wollen aller Kinder neben Babsy sitzen. Das Kinder-Lied „Alle Leut“ wird angestimmt. „Wir sagen jetzt auf Wiedersehen, denn es war wieder wunderschön“, erklingt, während draußen schon die Kindergarten-Kinder in den Startlöchern stehen. Am Abend wird Babsy Drössler nach drei Stunden die Halle abschließen und eine ihrer letzten Turnstunden zu den Akten auf den Dachboden gelegt haben.

    • Der FSV Wehringen sucht für das Training der drei- bis sechsjährigen Kinder mittwochs von 15.40 bis 16.30 Uhr und von 16.40 bis 17.30 Uhr einen Übungsleiter. In den beiden Kindergartengruppen trainieren Jungen und Mädchen. Informationen gibt es per Mail an gymnastik@fsv-wehringen.de.
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